Seit 2019 gibt es das sogenannte Medical Intervention Car (MIC) in Heidelberg.

400 Einsätze in fünf Jahren

Einsatzfahrzeug "MIC" in Heidelberg: Wie können mehr Leben gerettet werden?

Stand
Autor/in
Sarah Hennings
Sarah Hennings, SWR-Regionalstudio Mannheim

Das spezielle Einsatzfahrzeug mit dem Namen "MIC" gibt es seit 2019. An Bord sind bis zu drei Notärzte, die mit speziellem medizinischen Equipment Schwerstverletzte behandeln.

Schwere Verkehrsunfälle, Stürze aus großer Höhe, Herz-Kreislauf-Stillstände, Messerangriffe - zu diesen extremen Rettungseinsätzen wird das Heidelberger Ärzteteam vom Medical Intervention Car ("MIC") in der Rhein-Neckar-Region gerufen. In den vergangenen fünf Jahren, seitdem es das spezielle Einsatzfahrzeug gibt, musste das Team fast 400 Mal ausrücken. Oft waren es Reanimationen. Viele Patientinnen und Patienten bekamen aber auch Bluttransfusionen - zum Beispiel nach Gewalttaten.

"MIC" in Heidelberg unterscheidet sich von anderen Einsatzwagen

Das Medical Intervention Car ist ein weißer Volvo-Kombi mit bunten Reflektoren und Blaulicht. Anders als in einem klassischen Krankenwagen können damit keine Patientinnen und Patienten transportiert werden. Deshalb wird auch immer ein Krankenwagen mit alarmiert. Bis zu drei Notärzte fahren in diesem speziellen Einsatzfahrzeug mit. Darunter sind zwei Oberärzte, die viel Erfahrung im Bereich der Notfallmedizin haben, erzählt Notarzt Erik Popp. Er ist seit 2019 mit dem "MIC" im Einsatz.

Ein Teil des Teams: Die beiden Notärzte Erik Popp und Frank Weilbacher (v. r. n. l.) fahren seit 2019 das "MIC".
Ein Teil des Teams: Die beiden Notärzte Erik Popp und Frank Weilbacher (v. r. n. l.) fahren seit 2019 das "MIC".

Sowohl die Qualität als auch die Quantität, die dann [am Einsatzort] hinzukommt, kommt dann annähernd an die Versorgung in der Klinik ran.

Im Inneren liegen Medikamente und verschiedene Geräte bereit, die es sonst auf einem klassischen Rettungswagen oder einem Notarzteinsatzfahrzeug nicht gibt. Darunter ist auch eine ECMO. Diese Maschine übernimmt bei einer Reanimation die Herz- und Atemfunktionen außerhalb des Körpers.

Neben der ECMO, gibt es auf dem "MIC" Bluttransfusionen und spezielle Ultraschallgeräte, mit denen Mediziner das Herz bei der Wiederbelebung ganz genau untersuchen können. Mit einer Sonde kann man das Herz aus einer Entfernung von unter einem Zentimeter anschauen, sagt Frank Weilbacher. Er leitet das Projekt und ist als Notarzt selbst mit dem "MIC" im Einsatz. Mit dem Ultraschallgerät könne man im Bild verfolgen, was im Patienten passiert.

Das ist ein riesiger Vorteil für uns. Denn ansonsten ist das eigentlich eine Black Box. Wir drücken von außen auf den Brustkorb und wissen nicht, was drinnen passiert.

Mithilfe von Ultraschallbildern könnten Handgriffe dann angepasst werden. Die Maßnahmen seien damit deutlich wirksamer, so Weilbacher weiter.

So sieht es im "MIC" aus: Im Kofferraum lagern die ECMO, die Blutkonserven und spezielle Ultraschallgeräte.
So sieht es im "MIC" aus: Im Kofferraum lagern die ECMO, die Blutkonserven und spezielle Ultraschallgeräte.

Team vom "MIC" wird zu Verletzten nach Gewaltverbrechen gerufen

Aber nicht nur zu Herz-Kreislauf-Stillständen wird das spezielle Ärzteteam aus Heidelberg gerufen. Weil auf dem "MIC" auch Blutkonserven der Universal-Blutgruppe 0 Rhesus negativ gelagert sind, werden sie auch immer wieder zu Gewaltverbrechen gerufen. Die Notärzte waren beispielsweise bei dem Amoklauf in Heidelberg im Jahr 2022 und bei der Messerattacke auf dem Mannheimer Marktplatz im Einsatz.

Messerstechereien sind ein relevanter Teil unseres Einsatzspektrums. Und wir wissen, dass die Häufigkeit solcher Einsätze insgesamt zunimmt.

Weil Gewaltdelikte auch an den Wochenenden und in der Nacht passieren, wünschen sich die Verantwortlichen eine Ausweitung der Dienstzeiten. Bislang ist das "MIC" nur tagsüber und auch nur unter der Woche im Einsatz. Dies sei aktuell nicht anders möglich, weil die Notärzte bis zur Alarmierung am Uniklinikum im Dienst sind. Wird das "MIC" von der Leitstelle zusätzlich gerufen, verlassen die Fach- und Oberärzte beispielsweise einen Operationssaal. Sie werden dann durch andere Ärztinnen und Ärzte im Klinikum ersetzt.

Mediziner ziehen positive Zwischenbilanz

Das Medical Intervention Car gibt es seit 2019 in Heidelberg. Es wird über Forschungsprojekte finanziert. Nach fünf Jahren ziehen die Verantwortlichen eine positive Zwischenbilanz: Durch das spezielle Rettungsteam konnten unter anderem mehr Patientinnen und Patienten nach einem Herzstillstand gerettet werden.

Das "MIC" ist das einzige Einsatzfahrzeug dieser Art in Baden-Württemberg. Ein weiteres "MIC" sei in Stuttgart geplant. Dieses könnte gegen Ende des Jahres an den Start gehen. Ob das Projekt auch flächendeckend umgesetzt werden kann, sei von den Kostenträgern abhängig, so Frank Weilbacher.

Man weiß, dass das Budget im Gesundheitswesen immer einigermaßen knapp ist.

Außerdem sei es nicht einfach, Krankenkassen davon zu überzeugen, ein neues Projekt zu finanzieren, das es so noch nicht gab.

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