Überall in Rheinhessen wurden in den vergangenen Wochen Haushaltspläne beraten und verabschiedet und eine Sache zieht sich wie ein roter Faden durch die Etats und das im wahrsten Stinne des Wortes: Rote Zahlen.
Kaum eine Kommune, die noch mit einem ausgeglichenen Haushalt ins nächste Jahr geht, von einem Überschuss und damit finanziellem Spielraum ist schon lange keine Rede mehr.
Anwohnerparken in Mainz wird teurer
Und das hat ganz konkrete Auswirkungen auf die Menschen, die in Mainz, Worms oder Alzey leben. In Mainz beispielsweise wird das Anwohner-Parken deutlich teurer. 600.000 Euro mehr sollen darüber in die Stadtkasse kommen.
Eltern müssen ebenfalls ab dem Schuljahr 2025/26 tiefer in die Tasche greifen: Das Mittagessen für Kita- und Schulkinder wird teurer. Und auch im Kulturbetrieb sieht man die Auswirkungen, etwa daran, dass die sicher geglaubte Zukunft des Programmkinos "Palatin" wieder auf der Kippe steht.
Wormser Kitas und Klinikum von fehlendem Geld betroffen
Auch in Worms haben die finanziellen Schwierigkeiten der Stadt Auswirkungen, die die Bürgerinnen und Bürger zu spüren bekommen. Ob bei fehlenden Kitaplätzen oder maroden Straßen: Das Geld fehle so gut wie überall, sagt Bürgermeister Adolf Kessel (CDU).
Davon betroffen sei auch das Wormser Klinikum. "Ohne finanzielle Unterstützung kann das Klinikum notwendige Investitionen nicht durchführen", so Kessel.
Kreise reichen Geldmangel an Gemeinden weiter
In den Kreisen Mainz-Bingen und Alzey-Worms hat sich die finanzielle Situation in den vergangenen Jahren ebenfalls immer mehr verschlechtert. Deshalb haben beide zuletzt die Kreisumlage erhöht. Das bedeutet, dass ihre Gemeinden mehr Geld an den Kreis abgeben müssen. Damit wurde das Problem also nach unten weitergereicht.
Im Kreis Mainz-Bingen wurden aus demselben Grund bereits 2023 Förderungen für Kitas, Sportstätten und das Ehrenamt gestrichen. Kürzungen, die die Bürgerinnen und Bürger zumindest mittelbar gespürt haben dürften, wenn es keine Unterstützung mehr für die Sanierung eines Sportplatzes oder die Neugestaltung eines Spielplatzes gab.
Kreis Alzey-Worms gibt kaum Geld aus für freiwillige Leistungen
Im Kreis Alzey-Worms müssen 99,5 Prozent der Ausgaben für Pflichtausgaben eingesetzt werden. Freiwillige Leistungen des Kreises seien lediglich die Kreismusikschule und die Kreisvolkshochschule - beides wichtige Einrichtungen, auf die man nicht verzichten wolle und könne, so der Kreis.
Viele Möglichkeiten zu sparen, sieht der Landrat des Kreises, Heiko Sippel (SPD), nicht. Lediglich bei Investitionen in den Schulen, im Straßenbau sowie beim Breitbandausbau könne Geld eingespart werden. Das würde dann aber bedeuten, dass Projekte verschoben und Personal eingespart werden müsse.
Schuld für finanzielle Misere auch bei Land und Bund
Was aber sind die Gründe für die desolate Finanzsituation der Kommunen? Da sind zum einen die regelmäßig steigenden Personalkosten. Und auch Energie ist in den vergangenen Jahren immer teurer geworden. Ein Hauptgrund aber liegt nach Ansicht der Städte und Gemeinden darin, dass sie nicht genug Geld von Land und Bund bekommen. Ständig würden ihnen mehr Aufgaben aufgebürdet, neue Gesetze erlassen, die sie dann vor Ort umsetzen müssten. Aber für diese zusätzlichen Aufgaben bekämen sie nicht das notwendige zusätzliche Geld.
Hohe Schulden vieler Gemeinden Kommunale Finanzpolitik in RLP: Hilferuf vom Bürgermeister in Bechtheim
Viele Kommunen in Rheinland-Pfalz sind hoch verschuldet. Tobias Perlick (SPD), Bürgermeister im Kreis Alzey-Worms ist sauer.
Die Beispiele dafür sind vielfältig. So beklagte der Kreis Mainz-Bingen schon im vergangenen Jahr, dass das Kita-Zukunftsgesetz und der Ausbau der Kinderbetreuung dem Kreis Mehrausgaben in Höhe von etwa acht Millionen Euro verursachten. Weitere Beispiele für teure Aufgaben sind die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche oder die Unterbringung von Geflüchteten.
Kommunen schlagen Alarm und fordern ausreichende Finanzierung
Schon seit Jahren schlagen die Kommunen deshalb Alarm und fordern mehr Geld. Gerade erst gab der Wormser Oberbürgermeister Adolf Kessel in seiner Haushaltsrede der rheinland-pfälzischen Landesregierung die Schuld an der Neuverschuldung der Stadt. Viele übertragene Aufgaben seien bis heute nicht vernünftig gegenfinanziert worden.
Auch der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) erklärte kürzlich, die finanzielle Situation nahezu aller Städte und Gemeinden in Deutschland sei katastrophal. Nur mit Steuer- oder Gebührenerhöhungen könne man die höheren Kosten nicht abdecken. Er hofft, dass dieses Problem in der Bundestagswahl ein zentrales Thema sein wird.
Erste Klagen gegen das Land Rheinland-Pfalz eingereicht
In anderen Regionen wurden bereits Klagen angestrengt. So haben erst im November 26 Dörfer aus der Verbandsgemeinde Adenau (Kreis Ahrweiler) jeweils eigene Klagen beim Verwaltungsgericht Koblenz eingereicht. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Adenau, Guido Nisius (CDU), sagte dem SWR: "Die Gerichtsklagen der 26 Gemeinden sind ein Hilferuf. Die betroffenen Bürgermeister haben keinen finanziellen Spielraum mehr."
Land droht Klagewelle von Städten, Kreisen und Gemeinden Kommunalfinanzen in RLP: "So schlimm war es noch nie"
Die Landesregierung steht vor einer nie da gewesenen Klagewelle. Eine SWR-Recherche hat ergeben: 26 Dörfer haben bereits ihre Klagen eingereicht, andere Kommunen bereiten sie vor. Es geht mal wieder ums Geld.
Als Reaktion sagte Innenminister Michael Ebling (SPD), die Landesregierung plane bereits im Haushalt 2025/2026 einen deutlichen Mittelzuwachs im Kommunalen Finanzausgleich. Auch die Mindestfinanzausstattung solle erhöht werden, um die Kommunen kurzfristig zu unterstützen.