Notfallsanitäter Chris steht in seiner Rettungsdienst-Uniform vor einem grauen Hintergrund und lächelt in die Kamera.

Bei Unfällen zuerst vor Ort: Der krasse Job von Notfallsanitäter Chris

Stand
Autor/in
Martika Baumert
Porträt Martika Baumert

Notfallsanitäter Chris aus Mannheim hat im Rettungsdienst seine Berufung gefunden. Er liebt seinen Job, auch wenn er oftmals herausfordernd ist, wenn es um Leben und Tod geht. 

Wir erleben auch Situationen, wo wir zu spät kommen. Das ist nicht einfach, das den Angehörigen mitzuteilen. Das erfordert Menschsein. Das lässt uns nicht kalt. 

Lange war die Arbeit beim DRK Chris’ Hobby und Ehrenamt. „Ich habe das als Ausgleich gesehen – dabei kann ich abschalten, dabei kann ich dem stressigen Arbeitsleben entfliehen, ich treffe meine Freunde. Und dann habe ich gemerkt: Das ist eigentlich das, was ich machen will.” Deshalb kündigt er 2011 seinen Job als Elektroniker und macht sein Hobby zum Beruf. „Wenn man in die Uniform schlüpft, strahlt man eine gewisse Sicherheit aus. Die Leute nehmen einen ganz anders wahr. Das Gefühl hat mich schon immer glücklich gemacht.” 

Ausbildung Rettungsassistent versus Ausbildung Notfallsanitäter 

Zunächst macht Chris seine Ausbildung zum Rettungsassistenten. Und schließt diese 2012 ab. 2013 geht es für ihn hauptamtlich in den Rettungsdienst. Durch eine Gesetzesänderung wird 2014 der Notfallsanitäter eingeführt, die höchste medizinische Ausbildung (kein Studium) im Rettungsdienst, wie Chris erklärt. Diese Ausbildung absolviert er dann 2019. In der Notfallmedizin sei es sowieso immer wichtig, sich weiterzubilden, meint Chris, um den Patienten in der Notfallsituation die Medizin zukommen zu lassen, die er auch verdient habe.  

Reanimation ohne Erfolg – Wenn die Hilfe zu spät kommt  

Chris hat sich für einen herausfordernden Job entschieden: „Wir sind mal zu einem Vater gefahren, der seinen sechsjährigen Sohn durchs Telefon angeleitet, reanimiert hat. Natürlich versuchen wir da so professionell wie möglich aufzutreten. Aber dann kommt man in die Situation, sieht den verzweifelten Vater, wie er sein Kind reanimiert. Und wir sehen, hier ist es leider schon zu spät. Man sieht das ganze Haus, was mit viel Liebe auf den Jungen ausgerichtet war. Und jetzt muss man der Familie klar machen: Es tut uns leid, wir können nichts mehr tun. Die Reaktionen der Familie, das Schreien, das Weinen. Wie man mitbekommt, dass gerade die Welt zusammenbricht für eine Familie. Das sind Situationen, die erweichen jedes Herz. Da darf auch mal eine Träne fließen. Wir sind keine Roboter. Nach so einem Einsatz müssen wir uns auch mal rausnehmen. Man muss in sich gehen, den Einsatz Revue passieren lassen. Und ganz wichtig: Mit den Kollegen sprechen: Haben wir alles richtig gemacht? Hätten wir was anderes machen können? Und was besonders ist, wir haben eine eigene Psychologin im Rettungsdienst, mit der wir über solche Einsätze sprechen können. Denn wenn es uns nicht gut geht, nicht nur körperlich, auch seelisch, dann können wir nicht helfen. Wir müssen selbst gesund, um den Job zu machen.” 

So läuft der Alltag in einer der größten Unfallkliniken Deutschlands: 

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Wir kommen oft zu den Leuten in den schlimmsten Situationen ihres bisherigen Lebens. Wir dürfen nie vergessen, die Leute haben Angst. Wir müssen in der Situation für die Menschen da sein und zeigen: Wir helfen euch.

Leben retten und Leben zur Welt bringen 

Wenn Chris und sein Team helfen können, ist es dafür umso schöner. „Die erste Geburt, bei der man dabei ist, vergisst man nie. Den Namen des Kindes. Das sind Momente, da wird man glücklich, zufrieden. Und wenn wir Leuten schon vor Ort helfen können, zum Beispiel eine schwere algerische Situation abwenden. Wir kommen an, dem Patienten geht es ganz schlecht und bis zum Krankenhaus lächelt er uns an und spricht mit uns. Da geht einem das Herz auf, dafür bin ich Notfallsanitäter geworden.”  

Teamwork im Rettungsdienst 

Die Gemeinschaft auf der Wache in Weinheim sei ein besonderer, meint Chris. „Das Allerschönste ist, dass ich mit einem Lächeln auf die Wache fahre. Ich treffe Kollegen, die wie eine Familie sind, hier auf unserer Wache. Wir erzählen über Privates, erzählen über Berufliches. Wir machen Aus-, Fort- und Weiterbildung. Das ist eine Gesamtkonstellation: Dafür lohnt es sich morgens, aufzustehen. Ich habe Spaß bei der Arbeit, ich mag meine Kollegen, der Job ist sinnvoll. Und wenn ich dann noch einem Notfallpatienten helfen kann. Dann ist der Tag abgerundet. Dann gehe ich mit einem Lächeln heim und sage: Heute haben wir ein Leben gerettet. Das ist unsere Energie, das füllt unsere Batterie wieder auf.”  
 

Um den herausfordernden Alltag von Rettungskräften geht es auch in der neuen fiktionalen Serie „Die Notärztin.”  

Serie im Ersten ARD Serie „Die Notärztin“ ab 13. Februar im Ersten

In der neuen Serie kämpfen Notärzt:innen und Feuerwehrleute einer Mannheimer Feuerwache um Notfälle, erleben menschliche Dramen und Teamgeist unter den Rettungskräften. Ab 13. Februar immer dienstags 20:15 Uhr im Ersten, alle sechs Folgen ab 6. Februar in der ARD Mediathek

Was ist ein Notfall? Wann setzt man einen Notruf ab? 

Es gibt allerdings eine Sache, die nervt Chris an seinem Job. „Wenn wir die Hausarztvertretung fahren. Das Problem am Rettungsdienst in Deutschland: Wir müssen immer kommen, wenn ein Notruf eingeht. Egal ob fieberhafter Durchfall seit vier Tagen oder seit zwei Wochen Bauchschmerzen und eine Nacht braucht man was gegen die Schmerzen. Ich verstehe auch, dass es schwierig ist, wenn man drei Monate warten muss auf einen Facharzttermin. Und wir sind für jeden Notfall da, jeder Notfall ist individuell, aber wir ersetzen keinen Hausarzt oder Facharzt.  

Mein Wunsch an die Gesellschaft ist, dass sich die Leute mal schlaumachen: Wann muss ich einen Rettungswagen rufen und wann bin ich ein Fall für den Hausarzt oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst?” 

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