Gabriela Skolaut kennt sich aus in Heidelberg. Die 69-Jährige ist Gästeführerin, sie zeigt Touristen ihre Heimatstadt. Denn das ist Heidelberg inzwischen für sie, auch wenn sie in Polen geboren ist. Sie sagt, sie habe ihre zweite Heimat in Deutschland gefunden. "Und ich bin eine absolute überzeugte Europäerin".
Nach Deutschland kam sie wegen Werner
1986 lernte Gabriela Skolaut ihren späteren Ehemann kennen, bei einem Kongress in Polen. Er Wissenschaftsjournalist aus dem Westen, sie Lehrerin. Wenige Monate später heirateten sie. Zu Zeiten des Eisernen Vorhangs eine bürokratische Herausforderung. Erst viele Wochen nach der Hochzeit in Polen durfte Gabriela ihrem Werner nach Deutschland folgen, denn in Polen habe damals niemand einen Pass zuhause gehabt. Man habe den erst bei der Polizei abholen müssen, dann die Namensänderung und einen neuen Pass beantragen. Das habe Monate gedauert, erklärt sie.
Als Gabriela und Werner sich Mitte der 80er Jahre kennenlernten, war Polen noch Teil des Warschauer Paktes. Ein sozialistisches Land im Osten Europas, mit Planwirtschaft und einer zumeist armen Bevölkerung. Wegen der Arbeiteraufstände der Gewerkschaft Solidarnosz hatte dort zwischen 1981 und 1983 sogar Kriegsrecht geherrscht.
Seit 20 Jahren ist Polen EU-Mitglied
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion richtete sich das Land konsequent nach Westen aus. Seit 1999 ist Polen Nato-Mitglied. Seit 2004 EU-Mitglied. 20 Jahre, die von Höhen und Tiefen geprägt sind, so die Landeszentrale für politische Bildung. Polen braucht Europa und Europa braucht Polen, da ist sich das Ehepaar Skolaut sicher. Und die meisten Polen seien Europa gegenüber positiv gestimmt. Das hätte auch die konservative Kaczinski-Regierung der vergangenen Jahre nicht ganz rückgängig machen können. Trotzdem sind die beiden froh, dass nun Donald Tusk wieder Präsident in Polen ist. Schließlich war er selbst jahrelang EU-Ratspräsident.
Deshalb ist es für Gabriela und Werner selbstverständlich bei der Europawahl ihre Stimme abzugeben. Ginge es nach ihnen, müssten die Mitglieder der Europäischen Union vor allem endlich mehr Verantwortung füreinander übernehmen. Es sei eben mit den Mitgliedern der EU wie in einer guten Ehe, sagen die beiden und halten sich verliebt an den Händen: Man muss die Fehler des anderen mittragen. Dann würde die Idee von Europa vielleicht besser vorankommen.
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