Wegfall von Altersgrenzen

Bürgermeister mit 18: Landtag beschließt neues Kommunalwahlrecht

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Gemeinderäte und Bürgermeister können in Zukunft deutlich jünger sein als bisher. Der Landtag hat heute die Wahlrechtsreform beschlossen. Baden-Württemberg ist damit Vorreiter.

Der baden-württembergische Landtag hat am Mittwoch mit großer Mehrheit ein neues Kommunalwahlrecht beschlossen. Kernpunkt ist der Wegfall von Altersgrenzen für Bürgermeister und eine Verjüngung der Gemeinderäte. Mit der Reform betritt Baden-Württemberg bundesweites Neuland. Das neue Wahlrecht soll ab dem 1. August 2023 gelten. Es wird aber einzelne Ausnahmen geben, bei denen Bürgermeister schon davor mit 18 gewählt werden können. 

Das sind die wichtigsten Änderungen beim Kommunalwahlrecht

Bei Bürgermeisterwahlen dürfen künftig schon 18-Jährige kandidieren. Bisher geht das erst ab einem Alter von 25 Jahren.

Gemeinderäte können künftig ebenfalls deutlich jünger sein. Nachdem 16-Jährige auf kommunaler Ebene bereits wählen dürfen, bekommen sie jetzt auch ein passives Wahlrecht. Dann können sie mit 16 Jahren für den Gemeinde-, Ortschafts- oder Kreisrat kandidieren. Bislang liegt das Mindestalter bei 18 Jahren.

Zugleich wird auch die Höchstaltersgrenze für Bürgermeisterwahlen von 67 Jahren wegfallen. Auch die Vorschrift, dass Bürgermeister spätestens mit 73 Jahren in den Ruhestand treten müssen, auch wenn ihre Amtszeit zu dem Zeitpunkt noch gar nicht abgelaufen ist, fällt weg.

Wohnungslose Menschen dürfen künftig, wie bei der Landtagswahl, auch bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben.

Studie: Altersdurchschnitt in Gemeinderäten sehr hoch

Mit dem neuen Wahlrecht für die Städte und Kommunen will Baden-Württemberg jüngeren Menschen den Weg in die Politik ebnen. Das ist auch nötig, wie eine Studie der Hochschule Kehl für Gemeinderäte in den Regierungsbezirken Karlsruhe und Freiburg zeigt: Demnach steigt zwar der Anteil der Jüngeren, doch bleibt der Altersdurchschnitt teils sehr hoch. Nur bei 0,6 Prozent lag 2008 der Anteil der unter 25-Jährigen, zuletzt betrug er 1,8 Prozent. Der Anteil der 25- bis 35-Jährigen hat sich von 3 auf 5,7 Prozent auf geringem Niveau zwar knapp verdoppelt, dagegen ist er bei den zwischen 45- und 55-Jährigen deutlich um 11 Punkte auf 35 Prozent zurückgegangen. Die Mehrheit ist über 55 Jahre alt: Hier legte der Anteil um 15 Prozentpunkte auf 59,2 Prozent zu.

Neuerungen auch bei Bürgermeister-Stichwahlen

Beim zweiten Durchgang von Bürgermeisterwahlen wird es laut der Reform eine Stichwahl zwischen den beiden Bewerberinnen oder Bewerbern mit den höchsten Stimmenzahlen geben, wenn sich im ersten Wahlgang keiner der Bewerberinnen oder Bewerber mit mehr als 50 Prozent der gültigen Stimmen durchsetzen konnte. Allerdings kann die Bewerbung nach dem ersten Wahlgang nicht mehr zurückgenommen werden.

Anlass sind Wahlen wie Ende 2020 in Stuttgart. Dort hatte die Grünen-Kandidatin Veronika Kienzle als Zweitplatzierte nach dem ersten Wahlgang zurückgezogen, weil sie sich nicht mit den anderen Kandidaten auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den führenden OB-Kandidaten Frank Nopper (CDU) hatte einigen können. Bislang ist ein neuer Wahlgang nötig, bei dem neue Kandidaten antreten können.

Kretschmann: Reform motiviert zu Beteiligung an Demokratie

Die grün-schwarze Regierungskoalition setzt damit ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um. Ob eine Person als zu alt oder zu jung erscheint, entscheide künftig der Wähler, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er sei überzeugt, dass es "vertretbar und richtig ist, Jugendliche sehr frühzeitig dazu zu motivieren, sich an der Demokratie zu beteiligen."

Aus Sicht von Grünen und CDU entspreche die Reform dem Bedürfnis junger Menschen nach Beteiligung. "Über den Weg kann man sicherlich, wie so oft, politisch streiten", sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) - denn das perfekte Wahlrecht gebe es schlichtweg nicht.

Kritik kam vorab aus der Opposition. Die SPD hatte der Regierung vorgeworfen, zu lange mit der Reform gewartet zu haben. Sie will das Vorhaben aber als einzige Oppositionspartei unterstützen. Die FDP hatte rechtliche Bedenken geäußert und lehnt die Absenkung des passiven Wahlalters ebenso wie die AfD ab. Beide haben dem neuen Gesetz nicht zugestimmt.

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