Seit Bekanntwerden des PFC/PFAS-Skandals in Mittelbaden steht die Frage im Raum: Wer ist schuld? Jetzt machte das Baden-Badener Landgericht im Rahmen eines Zivilprozesses, den die PFAS-belastete Gemeinde Hügelsheim angestrengt hatte, zumindest einen Verantwortlichen aus: den Baden-Badener Komposthersteller Franz Vogel. Nach Ansicht des Gerichts hatte er Schlämme aus der Papierindustrie mit Kompost vermengt und in den Jahren 2006 bis 2008 auf Äckern in der Region ausgebracht.
Klage im Umweltskandal erfolgreich Unternehmer aus Baden-Baden muss wegen PFC-Verseuchung zahlen
Ein Kompostunternehmer aus Baden-Baden muss Schadenersatz wegen der Verseuchung von Böden und Grundwasser durch PFC zahlen. Das hat das Landgericht Baden-Baden am Donnerstag entschieden. Die Höhe blieb zunächst offen.
Tausende von Tonnen verseuchter Papierschlämme landeten auf Äckern in der Region
Die Giftstoffe aus den Papierschlämmen blieben im Boden und sickerten ins Grundwasser, mit katastrophalen Folgen für die kommenden Jahrzehnte. Den Kompostunternehmer Vogel allein für das Desaster zu benennen, wird der Wahrheit aber wohl nicht gerecht. Denn viele andere Beteiligte müssen von dem Verteilen von zigtausend Tonnen Kompost Bescheid gewusst haben.
Da wären zum einen die Bauern, die das Kompostgemisch akzeptiert haben. Die Papierfasern im Kompost waren schließlich mit bloßem Auge zu erkennen. Offenbar ist keiner der Landwirte auf die Idee gekommen, die Gefährlichkeit des Stoffs zu hinterfragen.
Wer trägt noch alles eine Mitschuld?
Es steht auch die Frage im Raum, inwieweit Behörden geschlafen haben. Hätten sie dem Problem vielleicht früher auf die Spur kommen können? Und wie immer bei krummen Geschäften, um die es möglicherweise auch ging, muss die Spur des Geldes verfolgt werden.
Wem haben die Deals genutzt und wer hat wie viel daran verdient? Das zu beantworten, ist nicht einfach. Wurden die Kompostverteilungen tatsächlich, wie behauptet, kostenlos abgewickelt oder flossen vielleicht doch Schmiergelder? Hat die Papierindustrie die Schlämme verschenkt, um die Giftstoffe elegant loszuwerden? Die Richterin sagte im Zivilprozess sinngemäß, dass kostenlose Gaben dieser Art schon allein für eine potentielle Schädlichkeit der Materialien sprächen.
SWR-Reporter Mathias Zurawski hat am 25. Juli nach der Entscheidung des Landgerichts Baden-Baden berichtet:
All das sind Fragen, an denen sich seit Jahren auch die Staatsanwaltschaft abarbeitet. Eine Mauer des Schweigens, auf die auch wir Reporter bei vielen vom PFC-Skandal betroffenen Menschen stoßen, macht die Wahrheitsfindung nicht einfacher. Kaum ein Landwirt will verständlicherweise mit dem Begriff PFC/PFAS in Verbindung gebracht werden und sagt nun lieber gar nichts mehr.
Der Schaden an der Umwelt und den Menschen im Land ist riesig
Die giftigen Stoffe sind zum Teil mittlerweile auch im menschlichen Blut nachweisbar. Sie gelten als krebserregend. Die Konsequenz: Immer mehr belastete Äcker werden stillgelegt oder sind nicht mehr für die Produktion von Lebensmitteln freigegeben. Grundwasser muss gefiltert werden, Wasserwerke werden aufwendig umgerüstet. Der Schaden geht in die Millionen.
Der jetzt verurteilte Kompostunternehmer Vogel wird die Kosten hierfür niemals aufbringen können. Letzten Endes bleibt dann wieder nur der Griff in die Landeskassen. Der Prozess geht dennoch weiter. Demnächst wird es vor Gericht um konkrete Schadenersatzsummen gehen. Und dann gibt es ja auch noch eine zweite Klage in Sachen PFC: Auch die Stadtwerke Rastatt wollen vom Kompostunternehmer Vogel mehrere Millionen Euro Schadenersatz. Die Chancen, das Geld zu bekommen, stehen allerdings schlecht.