In wenigen Tagen entscheidet sich, wer die US-Wahlen am 5. November gewinnt und ins Weiße Haus einzieht. Auch ich darf von Baden-Württemberg aus zwischen Donald Trump und Kamala Harris entscheiden, denn ich habe einen amerikanischen Pass. Doch der Prozess bis dahin war nicht einfach.
Präsidentschaftswahl aus dem Ausland - eine Wahl mit Hindernissen
Wer als Amerikaner aus Deutschland wählen möchte, findet sich häufig vor einem Stapel Papierkram und einer langen Liste mit Vorschriften wieder. Gerade für Kinder von US-Amerikanern, die selbst nie in den USA gelebt haben, ist der Prozess oft eine Qual. Das beginnt schon mit der Frage: Für welchen Staat muss ich mich überhaupt registrieren?
Die Registrierung ist nämlich die wichtigste Voraussetzung, um überhaupt zu wählen. Denn nur, wenn diese abgeschlossen ist (und das muss jedes Jahr aufs Neue passieren), werden die Wahlunterlagen nach Deutschland geschickt. Zugegeben, etwas seltsam ist es schon, wenn man als Amerikanerin in Deutschland eine persönliche Mail an den Sachbearbeiter der Gemeinde in einem Staat schickt, in dem man nie gelebt hat, und um Wahlunterlagen bittet.
Niedrige Wahlbeteiligung von US-Amerikanern in Deutschland
Tatsächlich ist die Registrierung zur Wahl einer der Hauptgründe, warum die Wahlbeteiligung der Amerikaner aus dem Ausland so gering ist. Bei der Präsidentschaftswahl 2020 haben etwa 25 Prozent der US-Amerikaner in Deutschland ihre Stimme abgegeben. In den Jahren davor sogar unter 10 Prozent.
Andere fragen sich kurz vor der Präsidentschaftswahl, wo ihr Stimmzettel sei, erzählt die Präsidentin der U.S. Vote Foundation, Susan Dzieduszycka-Suinat.
Wahl aus Deutschland am Beispiel Kentucky
Ich konnte mich für Kentucky registrieren, weil mein Vater dort als letztes gelebt hat, bevor er nach Deutschland gekommen ist. Ist die Registrierungs-Hürde überwunden, kommen die Wahlunterlagen per Post oder per Mail. Das Ganze fühlt sich an wie ein großes Bastelpaket. Denn obwohl die Unterlagen per Mail kommen können, darf man sie in vielen Staaten, wie in Kentucky, nur per Post zurückschicken.
Das Bastelset bietet allerlei Überraschungen. Auf dem dreiseitigen Wahlzettel kann ich wählen: Möchte ich Donald Trump, Kamala Harris oder doch Jill Stein von der Kentucky Party als nächstes im Oval Office sehen?
Neben den verschiedenen Präsidentschaftskandidaten, stehen auch diverse unbekanntere Kommunalpolitiker auf dem Stimmzettel, die bestimmte Rollen für Kentucky übernehmen möchten. Die Recherche nach den fremden Namen beginnt. Auch zu anderen Themen soll ich meine Stimme abgeben. Was halte ich von einer bestimmten Regel für Parks in Kentucky? Viele der Fragen scheinen gar nichts mit der Präsidentschaftswahl zu tun zu haben.
Der Stimmzettel passt nicht in den Wahlumschlag
Dann die nächste Überraschung: Die Wahlunterlagen passen nicht in die gebastelten Umschläge. Der innere "Security Envelope" ist nämlich kein Umschlag, sondern nur etwas Schrift in der Mitte eines DinA4 - Blatts.
Mit Klebeband binde ich den "Security Envelope" um den Stimmzettel. Ein weiterer Umschlag muss gebastelt werden - der äußere Briefumschlag. Der hat zwar Faltlinien, aber trotzdem bleibt ein großer Schlitz auf der Rückseite offen. So kann das nicht gedacht sein, also von vorne: noch mal drucken, noch mal ausfüllen, noch mal falten. Dabei müsste das Wahlbüro eigentlich jede Stimme annehmen.
Letzte Hindernisse kurz vor dem Ziel - Wenn es am Briefporto scheitert
Ein letzter Blick auf die Anleitung zur Wahl, die wahrscheinlich für Briefwahlunterlagen in Amerika geschrieben wurde und nicht für die aus dem Ausland. Viele Punkte treffen gar nicht auf meine Unterlagen zu. Mein gebastelter Umschlag hat keine Klappe, also unterschreibe ich irgendwo. Sonst sei meine Wahl nicht gültig, steht auf der Anleitung.
Das letzte Hindernis wartet vor der Post. Wer den Brief in einen Briefkasten wirft, hat Pech gehabt - die Stimme zählt nicht. Denn auf dem Umschlag steht zwar, Porto sei bezahlt, aber das gilt nur für die USA und nicht für Deutschland. Hätte ich darauf nicht geachtet, wäre alles umsonst gewesen: die Recherche, die Registrierung und der ganze Papierkram.
Meine Stimme kommt rechtzeitig in Kentucky an - das kann ich online einsehen. Wer allerdings jetzt erst seinen Wahlzettel losgeschickt hat, muss hoffen, dass er die USA überhaupt noch erreicht.