In Baden-Württemberg hat die Zahl der registrierten Betrugsversuche am Telefon im vergangenen Jahr abgenommen, dafür stieg die Schadenssumme auf über 21 Millionen Euro. Die Bekämpfung bleibt ein Schwerpunkt der Polizeiarbeit. So kümmert sich am Polizeipräsidium Heilbronn seit kurzem die Ermittlungsgruppe "Callcenter" mit doppelt so vielen Kräften wie vorher um Betrüger und Geschädigte.
Daten aus Todesanzeigen
Die Analyse der Ermittler zeigt, die Betrugsanrufe aus den Callcentern der Täter rollen häufig wie ein Welle durch den Ort. Dabei nutzen sie gezielt Daten aus Telefonbüchern, Datensätze aus dem Internet, aber auch Todesanzeigen, in denen die Namen von Angehörigen zu sehen sind. So wirken erfundene Geschichten glaubwürdiger. Der Fokus liegt auf älter klingenden Namen. Meist warten in der Nähe auch schon die Abholer, um schnell an der Tür der Opfer sein zu können. Im Schnitt gelingt der Täterschaft auf 200 gescheiterte Anrufe eine Geldübergabe.
Täter rüsten auf - KI imitiert Stimmen
Bei den Banden handelt es sich in der Regel um Organisierte Kriminalität. Sie sind meist mehrstufig aufgebaut. Die Callcenter sitzen häufig, aber nicht immer, im Ausland. Sie setzen Call-ID-Spoofing ein, eine Technik, bei der dem Angerufenen beispielsweise die Nummer der Polizei oder der Staatsanwaltschaft angezeigt wird. Künftig könnte auch mehr Künstliche Intelligenz (KI) mit Imitation von Stimmen zum Einsatz kommen, so die Sorge der Polizei. Es gab in der Vergangenheit schon Fälle in Hessen.
Neben den Anrufern in den Callcentern gibt es noch sogenannte Logistiker und Abholer. Letztere warten bereits im Zielgebiet auf Opfer, die auf die Anrufer reinfallen. Kommt es zu Festnahmen, sind es meist sie, die geschnappt werden. An die Hintermänner im Ausland zu gelangen, ist aus Sicht der Polizei deutlich schwieriger. Wobei letztere den überwiegenden Teil der Beute einstreichen.
Polizei: Wir wollen die Banden-Strukturen zerschlagen
Die Ermittlungsgruppe "Callcenter" setzt unter anderem auf verdeckte Ermittlungen. Zudem werden Daten systematisch analysiert, um Zielorte für Anrufwellen vorhersagen zu können. In die Arbeit werden auch Spezialisten der Spurensicherung und der Cybercrime-Ermittler miteinbezogen. Außerdem gibt es eine enge Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Heilbronn, da häufig auch internationale Rechtshilfe gebraucht wird.
Aber auch die Mitarbeit der Bevölkerung sei wichtig, sagt der Leiter der Ermittlungsgruppe, Christian Spörer. Wer einen Betrugsanruf bekomme, sollte diesen sofort bei der Polizei anzeigen. Nur dann kann sie entsprechend reagieren, sehen, wo sich Anrufe häufen.
Warnschreiben an Tankstellen und Banken
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Präventionsarbeit. Die Polizei versucht die Beschäftigten von Banken zu sensibilisieren, klärt Menschen über die Maschen im Internet und bei Veranstaltungen auf. Bei registrierten Anrufwellen bittet sie um Warnungen im Rundfunk. Außerdem schickt sie Warnschreiben an Tankstellen, um auch dort die Mitarbeitenden auf die Maschen aufmerksam zu machen.
Weniger Enkeltrick mehr andere Betrugsmaschen
Der Enkeltrick werde immer seltener versucht, die Täter setzten auf andere Maschen wie "Falsche Polizeibeamte", Schockanrufe oder auch Anrufe bei Tankstellen am Wochenende, um an Daten von Prepaid-Karten zu kommen, so die Polizei. Eine weitere Betrugsmasche ist der Romance-Scam, bei dem im Internet eine Liebesbeziehung angebahnt und dann um Geld für eine angebliche Notlage gebettelt wird. Dabei nutzen die Täter Fake-Identitäten, geklaute Profilbilder und andere gestohlene Daten.