Eine SB-Kasse in einem EDEKA-Markt (Symbolbild)

Mehr Diebstähle und Personalmangel

SB-Kassen im Supermarkt: Fluch oder Segen für den Handel?

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Jan Arnecke
Jan Arnecke

Die Zahl der Diebstähle im Handel steigt. Einem Professor der DHBW Heilbronn zufolge hängt das auch mit den Selbstbedienungskassen zusammen. Was bedeutet das für den Einzelhandel?

Immer häufiger gibt es im Einzelhandel Selbstbedienungskassen (SB-Kassen) ohne Personal. Gleichzeitig ist in den letzten zwei Jahren die Zahl der Diebstähle - vor allem im Lebensmittelhandel - gestiegen. Das belegt laut Deutscher Presse-Agentur auch die polizeiliche Kriminalstatistik. Stephan Rüschen, Professor für Lebensmittelhandel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn, führt das unter anderem auf die SB-Kassen zurück.

Handel will sich bei Diebstählen nicht in die Karten schauen lassen

Zwar gibt es keine belastbaren Zahlen. Befrage man jedoch die Einzelhändler, werde deutlich: In Märkten mit SB-Kassen werde mehr gestohlen als in denen ohne, so Stephan Rüschen. Unter 40 befragten Händlerinnen und Händlern gibt rund ein Drittel an, dass an den SB-Kassen mehr gestohlen wird, so das Handelsforschungsinstitut EHI. Doch Rüschen sagt auch: Dass mehr geklaut wird, sei ein allgemeines Problem im Lebensmittelhandel. Warum an SB-Kassen häufiger geklaut werde? Die Antwort ist für Rüschen schnell gefunden: Es ist einfacher.

Dass es keine konkreten Zahlen gibt, führt er darauf zurück, dass sich die Händlerinnen und Händler schlichtweg nicht in die Karten schauen lassen wollen. Ein Beleg dafür könnte sein, dass auch bei der Umfrage des EHI die Hälfte der befragten Händlerinnen und Händler keine Angaben darüber gemacht hat, ob an den SB-Kassen mehr geklaut wird und wie viel.

Kritik in Großbritannien an Selbstbedienungskassen

In Großbritannien steigt die Zahl der Diebstähle ebenfalls. Dort gibt es laut Rüschen noch mehr solcher SB-Kassen. Die Kritik sei groß, denn auch dort werde ein Zusammenhang zwischen SB-Kassen und Diebstählen hergestellt. Der Heilbronner DHBW-Professor meint, davon könne man aber auch lernen. Es müsse nur ausreichende Sicherheitssysteme geben: beispielsweise einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin, der oder die ein Auge auf die SB-Kassen hat, oder auch Videoüberwachung und Schranken, die sich nur mit einem Kassenbon öffnen lassen - oder künftig auch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI). Einige dieser Vorschläge werden bereits im Lebensmittelhandel umgesetzt, zum Beispiel beim Lebensmitteleinzelhändler Kaufland mit Sitz in Neckarsulm (Kreis Heilbronn).

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Das große Problem: Personalmangel

Im vergangenen Jahr wurden laut Stephan Rüschen im Lebensmittelhandel Waren im Gesamtwert von rund 1,4 bis 1,6 Milliarden Euro geklaut. Zwar sparen die Märkte durch SB-Kassen auch Personalkosten, doch es gehe vielmehr darum - wie fast überall - auf den akuten Personalmangel zu reagieren.

Bald nur noch SB-Kassen in Baden-Württemberg?

Daher glaubt Rüschen, dass es künftig auch in Baden-Württemberg und in ganz Deutschland immer mehr Kassen ohne Personal geben wird. Dass es allerdings Läden geben wird, die nur noch SB-Kassen haben, wie das in einer IKEA-Filiale in Düsseldorf gerade getestet wird, hält Rüschen für unwahrscheinlich.

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Es gebe immer noch viele Kundinnen und Kunden, denen der zwischenmenschliche Kontakt beim Einkaufen sehr wichtig sei. Außerdem kann an den SB-Kassen ausschließlich bargeldlos bezahlt werden. Um die Kundinnen und Kunden nicht zu verlieren, die gerne bar zahlen möchten, wird es in Deutschland wohl auch künftig weiterhin Kassen mit Personal geben. Auch wenn Rüschen vermutet, dass sich das Verhältnis irgendwann drehen wird und man in den Läden mehr SB-Kassen als besetzte Kassen finden wird.

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