Immer mehr Apotheken in Baden-Württemberg schließen. Laut der Landesapothekerkammer gab es im ersten Halbjahr 2024 einen Rückgang von 41 Betriebsstätten: Auf 44 Schließungen kamen nur drei Neueröffnungen. Schon im vergangenen Jahr gab es einen Negativrekordwert mit 88 geschlossenen Apotheken, doch der könnte jetzt gebrochen werden. Für den Bad Rappenauer (Kreis Heilbronn) Apotheker und Vizepräsidenten des Landesapothekerverbandes (LAV), Rouven Steeb, liegt der Hauptgrund in der Apothekenvergütung. Die wurde zuletzt 2013 um drei Prozent erhöht. Seitdem sind die Inflation und die Kosten der Apothekenbetriebe massiv angestiegen. Aber auch der Handel im Internet macht den Apotheken zu schaffen.
Online-Apotheken sind echte Konkurrenten
Frank Eickmann, Pressesprecher des LAV in Baden-Württemberg, bestätigt, dass viele Apotheken schließen und sagt, der Online-Handel habe sich inzwischen zu einem echten Konkurrenten entwickelt. Bei der Selbstmedikation, also beispielsweise bei leichten Schmerzmitteln, für die es kein Rezept vom Arzt braucht, liegt der Marktanteil der Online-Apotheken schon jetzt bei rund 20 Prozent, so Eickmann.
Und auch bei den verschreibungspflichtigen Medikamenten, die Steeb und Eickmann zufolge bis zu 85 Prozent des Umsatzes von stationären Apotheken ausmachen, könnte es einen Aufschwung geben. Aktuell liegt der Marktanteil der Online-Apotheken wie Doc Morris dabei bei etwa ein bis zwei Prozent. Das führt Eickmann darauf zurück, dass man früher Rezepte per Post an die Online-Apotheken schicken musste, die noch dazu oft im Ausland sitzen. Das dauert. Mit dem E-Rezept geht das nun aber einfach im Netz. Gerade bei langen Wegen zu den Apotheken vor Ort könnte das also auch im Bereich der verschreibungspflichtigen Medikamente zu einem Zuwachs im Online-Handel führen. Wo allerdings mehr bestellt wird, auf dem Land oder in den Städten, dazu liegen dem LAV keine Zahlen vor.
Apothekensterben hat kaum Auswirkungen auf Verfügbarkeit von Medikamenten
Eickmann räumt auch mit einer Sorge auf: Das Apothekensterben wirkt sich nicht negativ auf die Verfügbarkeit von Medikamenten im Allgemeinen aus. Allerdings hat es Auswirkungen auf die Versorgung der Patientinnen und Patienten vor Ort, beziehungsweise darauf, wie schnell und einfach diese an spezielle Arzneien kommen. Denn weniger Apotheken bedeuten auch mehr Menschen, die von einer Apotheke versorgt werden müssen. Das kann wiederum dazu führen, dass Medikamente schneller nachbestellt werden müssen.
Eickmann erklärt, dass durch den hohen Anteil, den verschreibungspflichtige Medikamente am Umsatz einer Apotheke haben, die Apotheken oft auch den Ärzten "hinterherziehen". Daher gibt es in Städten, wo es auch mehr Allgemeinmediziner und Fachärzte gibt, auch mehr Apotheken.
Apotheker können Preis nicht frei bestimmen
Der Fixzuschlag für Apotheken liegt laut Steeb seit 2013 pro abgegebener Packung eines verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittels bei 8,35 Euro. Viele Apotheken würden dadurch immer mehr in wirtschaftliche Not kommen, bedenkt man den Anteil, den diese Medikamente am Umsatz haben. So gab es laut dem Statistischen Landesamt im Jahr 2013 196 Apotheken in der Region-Heilbronn-Franken. Zehn Jahre später sind es nur noch 173 Apotheken, also fast zwölf Prozent weniger. Immerhin sind in den Kreisen Main-Tauber und Hohenlohe die Zahlen in den vergangenen Jahren fast unverändert geblieben.
Apothekenreform wird kritisch gesehen
Zum Jahreswechsel strebt Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Reform der Apotheken an. Demnach müssen künftig in Apotheken nicht immer auch Apothekerinnen oder Apotheker vor Ort sein. So will er den Apothekenmangel in vielen Region bekämpfen. Der Landesapothekerverband und weitere Organisationen kritisieren die Pläne. Rouven Steeb sagt, das sind dann nur noch irgendwelche Abgabestellen, die er gar nicht mehr Apotheke nennen möchte.
Statt einer Reform der Organisation benötigt es eher Honoraranpassungen, so Steeb. Der Gesetzesentwurf soll im August durch das Bundeskabinett beschlossen werden.