Mit vielen Milliarden will die Bundesregierung eine "Verkehrswende" einläuten. Das Geld für den Ausbau von Schiene und Autobahnen soll auch aus der Ausweitung der Lkw-Maut kommen. Der Bundestag hat am Freitag die Änderungen bei der Maut beschlossen. Roland Rüdinger, Chef der gleichnamigen Spedition aus Krautheim (Hohenlohekreis) kritisiert die Mauterhöhung als "Klimainflation". Elektrische Lkw sind von der Maut befreit, lohnen sich aber wirtschaftlich noch nicht, sagt er.
Krautheimer Spediteur sieht "Klimainflation"
Der Speditionschef ist Spezialist für alles, was überhoch und überbreit ist und gerade noch auf einen Lkw passt. Die angestrebte "Verkehrswende" der Bundesregierung bereitet ihm allerdings Sorgen. Das Unternehmen investiert viel, um klimafreundlicher zu werden. Schafft elektrisch angetriebene LKW an, baut Ladepunkte auf seinem Gelände und installiert auf dem Dach der Spedition Solaranlagen. Die erhöhten Ausgaben, auch für die Maut, müsse er aber weitergeben, sagt Rüdinger.
"Mauterhöhung treibt Inflation"
Für seine 40-Tonner muss Rüdinger künftig statt 19 Cent pro Kilometer 34 Cent bezahlen. Hauptgrund ist der CO2-abhängige Aufschlag. Das macht seine Transporte um circa zehn Prozent teurer, rechnet der Spediteur vor. Letztlich müsse das der Bürger bezahlen, da die Kosten wohl durchgereicht werden. "Das treibt die Inflation", sagt Rüdinger.
Dabei könne die Mauterhöhung der beabsichtigten Lenkungswirkung derzeit gar nicht gerecht werden, kritisiert der Spediteur. Rüdinger ist auch im Bundesverband Spedition und Logistik und Experte für den Straßengüterverkehr. Mit dem CO2-Aufschlag soll der Umstieg auf klimaneutrale Antriebe beschleunigt werden - mangels Alternativen laufe das zur Zeit aber ins Leere, sagt er.
Elektrische Lkw noch nicht praktikabel
220 Lkw stehen im Fuhrpark der Spedition, davon fährt derzeit einer elektrisch. Drei weitere E-Lkw sollen demnächst kommen. Wirtschaftlich sei der Betrieb der elektrisch angetriebenen Laster zur Zeit allerdings nicht. Die Spedition betreibt ihren elektrischen 19-Tonner, um Erfahrungen zu sammeln.
Seinen bislang einzigen E-Lkw kann der Spediteur mangels Reichweite nur in der näheren Umgebung einsetzen. Bis zu 350 Kilometer schafft der emissionsfreie Laster mit einer Batterieladung. Die öffentliche Ladeinfrastruktur sei für elektrische Lkw derzeit völlig unzureichend, erzählt Rüdinger. Am Abend muss der 19-Tonner daher wieder auf dem Hof stehen, um zu laden.
Lkw mit E-Antrieb sind von der Maut befreit, um Alternativen mit niedrigem oder gar keinem CO2-Ausstoß zu fördern. E-Lkw könnten diesen Vorteil aufgrund der aktuell noch geringen Reichweite aber gar nicht ausspielen, sagt der Spediteur. Nur auf der Langstrecke könnten die Mehrkosten durch die Maut-Befreiuung wieder rein kommen, dafür fehle es aber an Reichweite und Ladeinfrastruktur, so Rüdinger.
Spediteuren fehlen Alternativen
Das kritisiert auch Dirk Lohre von der Hochschule Heilbronn. Der Professor und Fachmann für Logistik- und Mobilitätsmanagement sieht in der Mauterhöhung der Ampel-Koalition zwar Chancen, dass mehr Güter auf die Schiene kommen. Den Spediteuren fehlten derzeit aber wirtschaftliche Alternativen zum Diesel. Im Moment gehe es daher wohl eher darum, Geld- und Mauteinnahmen zu generieren, sagt Lohre.
Ausbau der Stromnetze notwendig
Die Branche stehe vor großen Herausforderungen, wenn die Lkw-Flotten elektrifiziert werden sollen. Neben geringen Reichweiten und unzureichender Ladeinfrastruktur seien auch die Stromnetze aktuell nicht darauf ausgelegt, dass Speditionen zu Strom-Großverbrauchern werden. Vor allem, wenn mehrere Lkw gleichzeitig geladen werden müssen, komme das Netz an seine Grenzen. Für einen Ausbau der Leitungen sei nach Auskunft der Kommunen aber mit Jahren zu rechnen, wie Spediteure berichtet hätten, so Lohre.
Fehlende Technologieoffenheit
Dabei gebe es naheliegende Alternativen, ist der Wissenschaftler überzeugt. Es sei die Frage warum die Ampel-Koalition in ihren Maut-Plänen nicht auch auf sogenannte HVO-Kraftstoffe setze. Dabei handelt es sich um einen Treibstoff aus hydrierten Pflanzenölen. Diese können auf Basis von Speiseresten und Altölen produziert werden und sorgten im Vergleich zu einem Diesel-Fahrzeug für eine Reduktion des CO2-Ausstoßes von bis zu 90 Prozent, berichtet Lohre. Bei den neuen Regeln für die Maut und dem damit verbundenen Ziel der Ampel, CO2 zu sparen, spiele HVO aber keine Rolle. Und das, obwohl für den alternativen Treibstoff kaum Investitionen in die Infrastruktur notwendig seien.