Die neuen Eigentümer der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof werden voraussichtlich mehr als 70 der 92 Filialen fortführen. Das hat der Insolvenzverwalter der Kette, Stefan Denkhaus am Mittwoch in Essen mitgeteilt. Die Zahl ist demnach auch Teil der Investorenvereinbarung, die am Dienstag notariell beurkundet wurde.
Bei den neuen Eigentümern handelt es sich um ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC des Unternehmers Richard Baker und der Gesellschaft BB Kapital SA des Mannheimer Unternehmers Bernd Beetz. Dies war bereits am Dienstag bekannt geworden.
Beetz: Warenhäuser sind "Teil der deutschen Lebenskultur"
"Wir sind froh, dass unser Plan einstimmig angenommen und unterstützt wird. Wir glauben an die Zukunft von Galeria und haben nur einen Fokus: das Warenhaus", sagte Beetz am Mittwoch bei der Pressekonferenz in Essen. Weiter betonte der 73-Jährige: "Wir wollen langfristig investieren, entwickeln und wachsen." Die nächsten Wochen seien entscheidend, um die Voraussetzungen für ein solides Geschäftsmodell zu schaffen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, "können wir Galeria auf einen erfolgreichen Kurs bringen", so der Geschäftsmann. Über sein Verhältnis zu Baker sagte Beetz: "Was uns verbindet, ist die Liebe zum Warenhaus. Es ist Teil der deutschen Lebenskultur."
Die unterzeichnete Vereinbarung über die Übernahme tritt jedoch nur dann in Kraft, wenn das Amtsgericht Essen und die Gläubigerversammlung dem von Denkhaus erstellten Insolvenzplan zustimmen. Wenn sie das nicht tun, kommt der Verkauf nicht zustande. Denkhaus will den Insolvenzplan bis Ende April vorlegen. Die Gläubiger kommen am 28. Mai in der Messe Essen zusammen, um darüber abzustimmen.
ver.di setzt sich für Erhalt der Filialen in BW ein
Wie viele Galeria-Filialen in Baden-Württemberg weiter betrieben werden sollen, ist bislang noch nicht bekannt. ver.di-Landeschef Martin Gross erwartet den künftigen Eigentümern von Galeria Karstadt Kaufhof, dass keines der 13 Warenhäuser in Baden-Württemberg geschlossen wird. Gross sagte am Mittwoch in Stuttgart, die Dauerkrise von Galeria habe nicht am Einsatz und dem Durchhaltewillen der Beschäftigten über viele Jahre hinweg gelegen. Die neuen Eigentümer hätten jetzt eine Chance, es besser zu machen. Man hoffe, dass sie aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hätten. "Wenn die Devise lautet Handel first, dann können aus kaufmännischer Sicht die Standorte in Baden-Württemberg erhalten bleiben. Die Kolleginnen und Kollegen haben nach vielen Jahren mit Verzicht und Angst um ihre Arbeitsplätze einen Kulturwechsel verdient." Derzeit sind noch mehr als 1.700 Menschen an den 13 Galeria-Standorten in Baden-Württemberg beschäftigt.
Die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, Sabine Hagmann, sagte, Warenhäuser seien nach wie vor wichtige Frequenzbringer für die Innenstädte und seien aufgrund des breiten Sortiments nach wie vor bei vielen Kundinnen und Kunden beliebt. Der Stuttgarter Standort von Galeria Karstadt Kaufhof sei hier ein Paradebeispiel, dass das Konzept Warenhaus weiterhin funktioniere. Das Unternehmen ist auch zweimal in Freiburg und mit je einem Standort in Offenburg, Lörrach, Singen, Leonberg, Ulm, Karlsruhe, Konstanz, Heidelberg, Mannheim und Heilbronn vertreten.
Dritte Insolvenz binnen dreieinhalb Jahren
Das Insolvenzverfahren war in der vergangenen Woche eröffnet worden. Galeria hatte Anfang Januar einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Der bislang zur Signa-Gruppe des Österreichers René Benko gehörende Konzern beschäftigt rund 12.800 Menschen. Durch eine weitere Reduzierung der Anzahl der Filialen dürften Stellen wegfallen. Wie viele das sein werden, hängt unter anderem davon ab, wie hoch künftig die Mieten für die Filialen ausfallen - die Gebäude gehören dem Pleite gegangenen Signa-Konzern.
Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte, es bestehe die Hoffnung, dass ein erheblicher Teil der Filialen im Land weitergeführt werden könne und viele Arbeitsplätze erhalten blieben. "Das ist ein positives Signal für unsere Zentren und den Einzelhandel insgesamt, der durch den anhaltenden Strukturwandel, die Nachwirkungen der Corona-Pandemie und die derzeitige Konsumzurückhaltung vieler Verbraucher unter Druck steht." Eine Sprecherin des Städtetags sagte, die Innenstädte befänden sich aber längst im Wandel, denn die Zukunft der Innenstadt sei multifunktional. "Die Menschen möchten in der Stadt Geschäfte, Wohnen, Gastronomie, Kultur und Freizeitangebote. Und auch wenn der Weg dieser Transformation in jeder Stadt etwas anders aussieht, tut jedes Geschäft, das erhalten werden kann, der Attraktivität der Innenstadt gut."