Der Schriftsteller Martin Walser posiert vor seinem Haus in Überlingen-Nußdorf am Bodenseeufer.

Mit 96 Jahren am Bodensee gestorben

"Schriftsteller von Weltrang": Trauer um Martin Walser

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Zahlreiche Politiker haben den verstorbenen Schriftsteller Martin Walser gewürdigt. Der streitbare und bekannte Autor ist am Mittwoch in seiner Heimat am Bodensee mit 96 Jahren gestorben.

Er erlangte für seine Romane "Ein fliehendes Pferd" und "Tod eines Kritikers" Weltruhm - jetzt ist Martin Walser im Alter von 96 Jahren gestorben. Den Großteil seines Lebens verbrachte er am Bodensee. Zuletzt lebte Walser in Nußdorf bei Überlingen (Bodenseekreis).

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Zusammen mit Günter Grass, Siegfried Lenz und Heinrich Böll prägte Walser das intellektuelle Bild der Bundesrepublik. 1927 in Wasserburg am Bodensee geboren, war ihm früh klar, dass er Dichter werden wollte. Mit seiner kantigen, streitbaren Art mischte er sich vom Bodensee in die große Politik ein. Das führte oft zu unversöhnlichen Debatten.

Unter anderem löste Walser bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1998 in der Frankfurter Paulskirche eine Kontroverse aus: Seine Kritik an einer "Instrumentalisierung" von Auschwitz sorgte für monatelange Diskussionen.

Ein Nachruf auf Martin Walser von SWR-Reporterin Karin Wehrheim aus dem Studio Friedrichshafen.

Kretschmann: Walser war tiefgründiger und streitbarer Beobachter

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) würdigte Walser als tiefgründigen und streitbaren Beobachter. "Egal ob als Erzähler, Dramatiker, Essayist - Martin Walser schuf Literatur, die bleibt", so Kretschmann. Walsers Romane seien Spiegel der deutschen Zeitgeschichte und zugleich detailgenaue Studien des Menschen. "Seine tiefe Verbundenheit mit der Heimat am Bodensee hat Walser zeitlebens begleitet", so Kretschmann. Im vergangenen Jahr hat Walser seinen Vorlass an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach am Neckar (Kreis Ludwigsburg) vermacht. Für Baden-Württemberg sei das ein Schatz von außergewöhnlichem Wert, so Kretschmann.

Auch der Innenminister und stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl (CDU) würdigte Martin Walser in einem Nachruf. Man verliere einen großen Baden-Württemberger und einen Schriftsteller von Weltformat. Sein scharfsinniger Blick auf unsere Gesellschaft habe ihn zeitlebens ausgezeichnet – so habe er vielfach Debatten angestoßen und in Gesellschaft und Politik hineingewirkt, so Strobl.

Scholz: Walser hat uns lebhafte Debatten beschert

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drückte der Familie von Martin Walser ebenfalls sein Beileid aus. Er schrieb, Walsers Bücher hätten Generationen gelesen, seine Freude am Argument habe der Gesellschaft viele lebhafte Debatten beschert.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete Walser in einem Kondolenzschreiben als "einen großartigen Menschen und einen Schriftsteller von Weltrang", den Deutschland verloren habe. "Wenn man in der deutschen Nachkriegsliteratur ein Beispiel nennen sollte für historisch bewusste, engagierte Dichtung, wer anders würde einem zuerst einfallen als Martin Walser?"

Literarisches Forum: Walser hat das kulturelle Leben bereichert

Das von Walser mitinitiierte Literarische Forum Oberschwaben schrieb: "So lange er es konnte, hat sich Walser für die Förderung von Kunst und Kultur in unserer Region eingesetzt und Schriftstellerinnen und Schriftsteller gefördert. Mit Themen wie Heimat, Identität, Erinnerung und Gesellschaft hat er auch bei uns Diskussionen und Debatten angestoßen und das intellektuelle und kulturelle Leben bereichert."

Der Rowohlt Verlag würdigte Walser: Mit Martin Walser verliere man einen seiner bedeutendsten Autoren, der als Schriftsteller und Homo politicus über Jahrzehnte die deutsche Kultur geprägt habe. "Sein vielgestaltiges und sprachmächtiges Werk, sein Auftreten als öffentlicher Intellektueller werden lange über seinen Tod hinaus wirken", hieß es in einer Mitteilung.

Tief betroffen zeigte sich auch die deutsche Erfolgsautorin Gaby Hauptmann aus Allensbach (Kreis Konstanz). Sie pflegte eine jahrelange Freundschaft mit Walser. Die Zeit mit ihm sei sehr bereichernd gewesen. Geschätzt habe sie immer seine Sprache; seine Texte bezeichnete sie als Kunstwerke.

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