Das Jahr 2023 sei eines der spannendsten und ereignisreichsten seit Bestehen des Projekts gewesen, dieses Fazit zieht das Waldrapp-Team. Vor allem die erfolgreiche Migration der Jungvögel nach Andalusien in Spanien sei einer der größten Erfolge gewesen. Neben der seit 2017 bestehenden Kolonie in Überlingen-Hödingen (Bodenseekreis) wurde eine zweite Gruppe von Jungvögeln aufgezogen und für den langen Flug trainiert.
Nachwuchs für die Überlinger Kolonie
Im April kamen im Karlsruher Zoo besondere Gäste an. Dort wurden 35 Waldrapp-Küken von ihren Ziehmüttern Helena Wehner und Barbara Steininger von Hand großgezogen. Für die beiden Waldrapp-Ziehmamas ein Vollzeitjob. Sie kümmerten sich von morgens bis abends rund um die Uhr um die Tiere. Füttern, streicheln, zureden - es braucht viel Geduld, um die Tiere für sich zu gewinnen. Nur wenige Wochen später waren die ersten Vögel schon groß genug, das Nest zu verlassen. Daher wurden die Waldrappe zum Flughafen Binningen (Kreis Konstanz) gebracht. Dort lernten sie, geschützt in einer großen Voliere, die Welt um sich herum kennen. Als alle so weit waren, begann dann das Flugtraining. Denn das Ziel für diese Kolonie war in diesem Jahr erstmals Spanien.
Erfolgreiche Brutsaison in Überlingen
Die etablierte Waldrapp-Kolonie in Überlingen war in diesem Jahr recht erfolgreich. Insgesamt sechs Brutpaare haben sich zusammengefunden und gemeinsam 16 Jungvögel groß gezogen. Damit sind die Verantwortlichen des Waldrapp-Teams zufrieden. Eine Nestumsiedelung von der künstlichen Brutwand bei Überlingen-Hödingen an eine Felsnische am Bodensee war jedoch nur teilweise erfolgreich. Nur eines von zwei Brutpaaren nahm das Nest dort an. Spannend wurde es zum Jahresende. Dann waren plötzlich der Großteil der Waldrappe in Überlingen weg. Sie hatten sich auf den Weg in die Alpen gemacht. Die Vögel, die sich dem Zug nicht angeschlossen hatten, wurden mit dem Auto nach Südtirol gebracht. Doch die Vögel schafften es erneut nicht über die Alpen und mussten Ende November nach einem Wintereinbruch mit Schnee vom Waldrapp-Team gerettet werden. Die Vögel konnten in der Schweiz geortet, gefangen und nach Südtirol gebracht werden.
2.300 Kilometer vom Bodensee nach Spanien
Der Klimawandel macht den Waldrappen zu schaffen. Sie verpassen immer wieder den richtigen Zeitpunkt für den Abflug. Daher wollte das Waldrapp-Team in diesem Jahr eine neue Route etablieren. Von Binningen flogen die Tiere über 2.300 Kilometer ins spanische Andalusien. Für Mensch und Tier eine große Anstrengung. Denn während die Vögel einem Ultraleichtflugzeug hinterherflogen, in dem die Ziehmütter und ihre Piloten sitzen, baute das Begleitteam vor Ort das Camp aus mehreren Zelten und der großen Voliere ab und am Zielort der nächsten Etappe wieder auf. Insgesamt über sechs Wochen waren die Waldrappe und ihre Begleiter so unterwegs. Und immer wieder gingen Vögel verloren, die das Team dann wieder einfangen musste. Doch am Ende ist es geglückt und 32 der 35 Vögel sind in Spanien angekommen. Inzwischen sind die Tiere dort eingewöhnt und haben Anschluss an die dort lebende Waldrapp-Kolonie gefunden. Dort werden die Tiere die nächsten Jahre verbringen. In frühestens zwei Jahren werden die Waldrappen wieder an den Bodensee zurückkehren.