Das Kunstmuseum Ravensburg stellt zum ersten Mal in Süddeutschland Werke der 2018 verstorbenen rumänischen Künstlerin Geta Brătescu aus. Sie gilt mittlerweile als eine der herausragendsten Avantgardistinnen Osteuropas, hat aber erst spät in ihrem Leben internationalen Ruhm erfahren.
Freie Kunst in einer unfreien Umgebung
Unter dem Titel "Geta Brătescu. Drawing as a Dance" präsentiert das Kunstmuseum Ravensburg bis Ende Juni zahlreiche Werke der rumänischen Künstlerin. Diese hat ein experimentelles, spielerisches Werk geschaffen und das dort, wo es scheinbar nicht möglich ist - hinter dem Eisernen Vorhang. Umgeben von einem kommunistischen Überwachungsstaat, in der Zeit unter anderem des berüchtigten rumänischen Diktators Ceaușescu, hatte sich Geta Brătescu einen Schutzraum geschaffen: Ihr Atelier sei viel mehr als ein Arbeitsort gewesen, so Ute Stuffer, die Direktorin des Kunstmuseums Ravensburg.
Frei und unorthodox, fern von offizieller Staatskunst - das ist das Werk von Geta Brătescu. Sie experimentierte mit Film, Fotografie, Skulptur, Papierarbeiten, Collagen und immer wieder Zeichnungen. Sie sind der rote Faden in ihrem bunten Werk. Das Zeichnen habe Geta Brătescu als einen physischen Akt verstanden, der sich in Raum und Zeit entwickelt ähnlich einem Tanz, so Museumsdirektorin Ute Stuffer.
Späte Anerkennung für Brătescu
Als junge Frau studierte Geta Brătescu nach dem 2. Weltkrieg Kunst in Bukarest. Doch sie wurde 1948 von den Kommunisten vom Studium ausgeschlossen wegen ihrer bürgerlichen Herkunft aus einer Apothekerfamilie. In der Folge arbeitete sie als Illustratorin und Designerin. 20 Jahre später konnte sie ihr Studium wieder aufnehmen. In der schwierigen politischen Zeit seien viele Werke der Allround-Künstlerin aber doch oft im Verborgenen geblieben und nicht ausgestellt worden, erzählt Museumsdirektorin Ute Stuffer.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs änderte sich ihr Werk nicht. Sie arbeitete weiter, oft in Serien. Ihre Motive blieben der Vogel, die Maske und das Porträt. Erst im hohen Alter erfuhr Geta Brătescu dann schließlich die Anerkennung für ihr Schaffen. Im Alter von mehr als 90 Jahren wurde sie zu den wichtigsten Kunstereignissen eingeladen: 2017 auf die Biennale in Venedig und auf die Documenta. Ein Jahr zuvor hatte sie die erste umfassende Musemsretrospektive außerhalb Rumäniens in der Hamburger Kunsthalle.