Vor 30 Jahren war sie höchst umstritten, heute wird sie gefeiert: Die Konstanzer Imperia. Die Skulptur des Bildhauers Peter Lenk wurde am 24. April 1993 im Konstanzer Hafen enthüllt - gegen den Willen des Gemeinderates. Doch die Empörung hat sich gelegt. Heute ist die Hafenfigur, die eine mittelalterliche Kurtisane darstellt, eines der beliebtesten Touristenziele und Fotomotive in Konstanz. Am kommenden Wochenende (29./30. April) wird ihr 30. Geburtstag mit einem großen Hafenfest gefeiert.
Edel-Prostituierte hat Papst und Kaiser in der Hand
Neun Meter hoch und 18 Tonnen schwer dreht sich Imperia auf ihrem stählernen Gestell. Ihr steinerner Umhang bedeckt kaum den üppigen Busen. In den Händen trägt sie zwei nackte Greise - Karikaturen von Papst und Kaiser. Ihr literarisches Vorbild: Eine italienische Edel-Prostituierte namens Imperia, die Honoré de Balzac in seinen "Tolldreisten Geschichten" während des Konstanzer Konzils (1414 - 1418) auftreten lässt.
Hafenfigur Imperia mit Auftritt im Playboy
Imperia zieht heute jedes Jahr tausende Schaulustige in den Stadtgarten am Hafen, sie ziert Postkarten, wird für Werbezwecke der Stadt genutzt und schaffte es 2003 sogar in den Playboy. Vor 30 Jahren aber sorgte das Kunstwerk des Bildhauers Peter Lenk schon vor seiner Enthüllung für Empörung. Der Konstanzer Gemeinderat, die katholische Kirche und die Konservativen in der Stadt rechneten mit dem Schlimmsten. Denn man kannte den Stil des Künstlers und sein entspanntes Verhältnis zur Nacktheit.
Fremdenverkehrsverein war Auftraggeber
Der Gemeinderat versuchte mit allen Mitteln, die Aufstellung des Kunstwerks, das er noch gar nicht kannte, zu verhindern. Wozu er gar kein Recht hatte, denn der Hafen befand sich damals noch in Besitz der Bundesbahn. Auftraggeber für das Kunstwerk war der Fremdenverkehrsverein Konstanz. Er wollte den alten Pegelturm im Hafen verschönern.
Widerstand im Konstanzer Gemeinderat
Konservative, aber auch die Freie Grüne Liste zogen alle Register und bemühten für den Standort im Hafen sogar den Denkmalschutz, erinnert sich Peter Lenk. Die Grünen hätten damals den Gittermast des Pegelturms zum technischen Denkmal erklärt, um zu verhindern, dass dort ein Kunstwerk aufgestellt wird. Lenk griff zum Trennschleifer.
Der abgeflexte Gittermast sorgte für noch mehr Empörung. Der Künstler entschied sich deshalb, die Stadt vor nackte Tatsachen zu stellen und seine Imperia in einer Nacht- und Nebelaktion aufzubauen. Er charterte eine Fähre von den Schweizern.
Anlässlich seines 75. Geburtstages im vergangenen Jahr sprach Lenk im SWR-Interview über die gewagte Aktion:
Die Montage war gar nicht so einfach. Denn die tonnenschwere Skulptur war in acht Einzelteile zerlegt und musste vor Ort bei Dunkelheit und stürmischem Wind erst einmal zusammengesetzt werden. Und dabei kamen sich Imperias ausladende Oberweite und das Baugerüst in die Quere.
24. April 1993: Imperia lässt die Hüllen fallen
Der waghalsige Aufbau gelang. Am 24. April 1993 ließ die unter Tüchern versteckte Imperia die Hüllen fallen und begeisterte unzählige Schaulustige im Hafen. Die Post fertigte sogar einen Sonderstempel.
Die SWR Landesschau Kultur berichtete 1993 von der Enthüllung:
Bleiberecht für die Imperia im Hafen
Und nach viel Hin und Her - das Erzbistum Freiburg schaltete sich ein, der Denkmalschutz ermittelte wegen Störung des Stadtbildes - bekam die Imperia schließlich ein Bleiberecht im Konstanzer Hafen. Aus dem Stadtbild ist die kurvige Kurtisane für die Besucherinnen und Besucher seitdem nicht mehr wegzudenken.
Großes Hafenfest zum 30. Geburtstag
Der 30. Geburtstag der Imperia wird am kommenden Wochenende (29./30.April) mit einem Hafenfest und einer Flottensternfahrt gefeiert. Es gibt Gespräche mit Zeitzeugen, Lichtinstallationen, Stadtführungen zum Thema "Imperia - ein erotischer Mythos" und einen "Tanz der Imperia" auf der Mole.