Es sieht aus wie ein Gefängnis, aber es soll keines sein: Die frühere Jugendhaftanstalt in Pforzheim ist seit 2016 ein Abschiebegefängnis. Hier sitzen derzeit 45 Männer ein, die abgeschoben werden sollen. Im Durchschnitt sind sie 23 Tage hier, bevor sie abgeschoben werden. Bei einem seltenen Medienrundgang erklärte der zuständige Staatssekretär Siegfried Lorek (CDU) aus dem Ministerium für Justiz und Migration, dass sich die Insassen frei bewegen könnten.
Sie haben auch Aufenthaltsräume und Kochmöglichkeiten, allerdings keine Smartphones, sondern nur geliehene einfache Telefone. Das erschwert den Kontakt nach außen oder ins Heimatland, was aber gerade bei einer Abschiebung wichtig sein könnte - und der laut europäischer Rechtsprechung eigentlich gewährleistet sein müsste. Zumal es SIM-Karten nur gibt, wenn beispielsweise Ehrenamtliche sich darum kümmern. Nachts werden die Insassen in den Zellen eingeschlossen - wegen der Sicherheit, wie es heißt. So ganz frei bewegen können sie sich also doch nicht. Und das ist ein Problem: Laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte dürfen Abzuschiebende nicht in Gefängnissen untergebracht werden.
Über 1.500 Menschen reisen freiwillig aus BW aus
In Baden-Württemberg gibt es derzeit 24.256 Ausreisepflichtige (Stand 31.7.2024). Bis Ende Juni hat es 1.533 "freiwillige" Ausreisen gegeben, bis Ende August 1.799 Abschiebungen. Darunter waren 491 Straftäter. Die meisten Menschen aus Baden-Württemberg wurden in Staaten abgeschoben, die als "sichere Herkunftsländer" eingestuft sind, wie etwa Nordmazedonien oder Georgien. Ein geringerer Teil wurde an Drittstaaten überstellt, die etwa unter die "Dublin"-Regelung fallen. Nach dieser Regelung müssten Personen eigentlich in demjenigen europäischen Land untergebracht werden, in das sie zuerst eingereist sind. Durch die eigentlich offenen EU-Binnengrenzen funktioniert dieses Verfahren nicht mehr so, wie es einmal gedacht war.
Das zentrale Abschiebemanagement des Landes Baden-Württemberg ist so geregelt, dass sich das Regierungspräsidium Karlsruhe schwerpunktmäßig darum kümmert. Dort arbeiten 252 Menschen allein in der "Abschiebeabteilung". Doch es gibt viele Gründe, warum eine Abschiebung nicht möglich ist, beispielsweise Krankheit, fehlende Ausweispapiere oder eine ungeklärte Identität.
Von denen, die abgeschoben werden können, landet ein Teil im Pforzheimer Abschiebegefängnis, dem einzigen seiner Art in Baden-Württemberg. Hier sitzt ein, wer nicht freiwillig ausreist, oder bei wem Fluchtgefahr unterstellt wird. Mit seinen 45 Insassen ist das Gefängnis zu 90 Prozent ausgelastet. Es soll weiter ausgebaut werden, indem die Zahl der Plätze auf 80 fast verdoppelt werden soll.
Die komplette Sendung von "Zur Sache Baden-Württemberg" vom 19.9.2024 können Sie hier sehen: