Man höre den Tenor Karl Erb, den damals europaweit gefragtesten Evangelisten: Nazi-Darling, aber leider ein begnadeter Sänger, kommt er sogar in Thomas Manns „Doktor Faustus“ und in Martin Walsers autobiografischem Roman „Ein springender Brunnen“ vor.
Wie interpretiert man 1941 in der Leipziger Thomaskirche, mitten in Hitlers Vernichtungsfeldzug gegen die Juden, Stellen wie diese: „Sein Blut komme über uns“.
Karl Erb in der Concertgebouw-Aufnahme unter Willem Mengelberg (1939)
Die Matthäus-Passion wird Fritz Lehmanns Schicksalsstück
Warum berühren die Herzenswärme und Dramatik mancher Choräle in der legendären Concertgebouw-Aufnahme unter Willem Mengelberg von 1939 bis heute? In Fritz Lehmanns atemlosen Tempi in Berlin zehn Jahre später spiegelt sich schon die neue Zeit, in der ein noch ganz junger Dietrich Fischer-Dieskau am Horizont erscheint.
Otto Klemperer feiert 1961 ein Passions-Hochamt im Schneckentempo, aber dafür mit Elisabeth Schwarzkopf und Nicolai Gedda. Und wenn in Karl Münchingers Stuttgarter Matthäuspassion von 1964 Fritz Wunderlich zu singen beginnt, ist wahrlich Ostern angebrochen.