Was wir dagegen tun können, weiß Physiotherapeutin Gabriele Kiesling.
Folgen intensiver Handynutzung im Nacken- und Schulterbereich
SWR1: Was kann passieren, wenn wir permanent aufs Handy gucken?
Gabriele Kiesling: Beim Kopf vornübergebeugt halten, projizieren wir das fünffache Kopfgewicht auf die Nackenmuskulatur. Das macht erhebliche Beschwerden. In der Folge sind das Brustwirbelsäulen-Syndrome, Atemstörungen, aber auch Schulter-Arm-Syndrome, die sich dann bis in die Hand auswirken können.
Genauso wie umgekehrt, wenn ich das Handy in der Hand halte und ich sozusagen als Rebound-Effekt meinen Nacken belaste. Also ist es gut, das Ding immer mal wieder aus der Hand zu legen.
SWR1: Ich habe gelesen, das geht bis zu einer Funktionsstörung beim Kauen. Kann das so weit gehen?
Kiesling: Ja, das sind die sogenannten CMD-Störungen (Craniomandibuläre Dysfunktion). Der Kiefer wird motorisch versorgt von der oberen Halswirbelsäule. Da zerren dann die Muskeln besonders daran, wenn ich lange genug aufs Handy geschaut habe.
Physio, Akupunktur, Medikamente Nackenschmerzen: Was hilft - die besten Ansätze und Therapien
Zu den häufigsten Beschwerden gehören Nackenschmerzen. Was gegen Muskelverspannung, Fehlhaltung oder chronischen Schmerz hilft: von Physiotherapie über Kraftübungen bis Akupunktur.
Wie stark darf der Schmerz im Nacken und in den Schultern werden?
SWR1: Ab wann sollten wir hellhörig werden? Wie viel Schmerz im Nacken oder Kopfbereich ist noch OK?
Kiesling: Ich sehe Schmerz immer als ein Alarmsignal. Da muss ich äußerst vorsichtig sein und sehen, dass ich den Schmerz zunächst einmal ausschalte, bevor ich an andere Maßnahmen denke. Es gibt wunderbare Entlastungslagerungen, die ich einnehmen kann.
Ich kann mit Wärme einreiben und mir mit speziellen Mobilisationsübungen sehr gut selbst helfen. Der Schmerz ist sozusagen Gift, der muss erstmal weg. [...]
Cupping-Physiotherapie für zu Hause von Gabriele Kiesling
Kiesling: Wenn ich Schmerzen habe, muss ich mich fragen, was habe ich vorher gemacht? Stundenlanges Starren aufs Handy ist heute so eine Art Volkssport geworden. Dann muss ich die Handyzeit verkürzen oder sich vielleicht ein Handyständer zuzulegen. Damit habe ich die Hände frei und kann auf das Gerät schauen. Das ist natürlich sehr entlastend für den ganzen Nacken.
Stundenlanges Starren aufs Handy ist heute eine Art Volkssport geworden.
Gegenmaßnahmen: Bewegung und Sport gegen Nackenschmerzen
SWR1: Wie wichtig ist regelmäßiger Sport?
Kiesling: Als Physiotherapeutin bin ich mit Diagnosen konfrontiert. Es ist wichtig, den Alltag nackenfreundlich zu gestalten. Also mal aufzustehen und zum Beispiel ein Buch auf dem Kopf zu balancieren. Oder sich mal auszuhängen irgendwo – genau das Gegenteil von dem zu machen, was ich sonst immer tue.
Ein Türrahmen oder ein Kinderspielplatz bieten dafür wunderbare Möglichkeiten, das gesamte fasziale System mal wieder richtig auseinander zu bringen. Das stärkt schlussendlich die Gesundheit. Und dann habe ich den blauen Himmel über mir, um Sport zu treiben, oder in die Muckibude zu gehen.