ARD-Mitmachaktion #besserBahnfahren

Was Sven Plöger beim Bahnfahren erlebt

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Moderator/in
Christian Balser
SWR1 RP Moderator Christian Balser
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SWR1

Wer regelmäßig mit der Bahn unterwegs ist, kennt übliche Probleme wie Stellwerkstörungen, geänderte Wagenreihungen und Baustellen. Oder aber die Bahn kommt gar nicht erst, weil man auf dem Land lebt und es keine Verbindungen gibt.

Wo liegen die größten Probleme, was muss sich ändern? Das wollten wir in der ARD-Aktion von Ihnen wissen. Mehr als 5.000 Menschen in ganz Deutschland haben bei der Aktion #besserBahnfahren mitgemacht und gemeldet, wo es hakt und wo es gut klappt mit dem ÖPNV.

ARD-Wetterexperte Sven Plöger ist leidenschaftlicher Bahnfahrer und das Gesicht der Mitmachaktion #besserBahnfahren. Im SWR1 Interview spricht er über seine Erfahrungen mit der Bahn und wo es immer noch Probleme gibt.

SWR1: Wie war Ihre letzte Bahnfahrt?

Sven Plöger: An sich sogar richtig gut. Der Zug hatte –  Achtung, jetzt kommt ein ganz lustiges Wort – drei Minuten Verfrühung. Da habe ich mir extra eine Notiz in den Kalender geschrieben.

SWR1: Verfrühung, das ist eher selten. Was war Ihr Verspätungsrekord bisher?

Plöger: Eigentlich wollte ich abends in Frankfurt ankommen, bin dann nachts um 03:34 Uhr in Frankfurt gewesen. Da waren so einige Sachen, die nicht geklappt haben. Und das Lustige war, die Entschuldigung, die dann in der App auftauchte, war "Verzögerungen beim Ein- und Ausstieg". Ich habe mir lange überlegt, was für Personen da eigentlich mitgereist sind.

SWR1: Also Sie sind bestens geeignet, um das Gesicht von #besserBahnfahren zu sein. Mehr als 5.000 Menschen haben an der Befragung teilgenommen. Was sind die größten Probleme im Alltag mit der Bahn? Wahrscheinlich doch die Unpünktlichkeit, oder?

Plöger: Ja, wenn ein Bahnfahrplan eher ein Vorschlag ist als ein Fahrplan, dann ist das für Menschen schwierig. Wir haben in der Sendung aber auch herausgearbeitet, wo die Punkte liegen. Da ist die Vernachlässigung der Infrastruktur des Streckennetzes eigentlich ein Riesenproblem. Seitens der Bahn muss da wahnsinnig viel aufgeholt werden. Da hat man auf gut Deutsch über Jahre sehr viel verpennt, weil man offensichtlich andere Ziele hatte, auch technische Themen an manchen Zügen. Ich erlebe es so oft, dann können die Platzreservierung nicht angezeigt werden, dann können die Türen nicht verschlossen werden. Dann kann ich nicht aufs Klo gehen, weil alles zugeschlossen ist. (…) Lauter so Sachen, die dann auch in der Servicewirkung negativ sind.

Seitens der Bahn muss da wahnsinnig viel aufgeholt werden.

Wenn ich einen zweiten Punkt sagen darf nach der Pünktlichkeit, dann ist es natürlich auch die Taktung. Gerade bei Menschen auf dem Land, wenn ein Bus alle Stunde fährt, und man hat ihn um eine Minute verpasst, muss man eine Stunde warten. (...) Auch Themen auf einigen Bahnhöfen, gerade im ländlichen Raum, wie keine Barrierefreiheit. (...) Lauter solche Sachen sind unerfreulich, teilweise auch für das Sicherheitsgefühl. Ich war auf einigen Bahnhöfen, da möchte ich nicht verlassen, nachts um 22 Uhr als Frau alleine herumstehen, auch als Mann nicht. Das sind Themen, die wir dann mal gesammelt haben. Und da wollen wir ja hin.

SWR1: Für die ARD-Doku, die im Ersten läuft, haben Sie auch Bahnpendler und Bahnfahrer besucht. Was haben Sie da alles erlebt?

Plöger: Ich habe beispielsweise eine Dame getroffen, die jeden Tag drei Stunden mit Bus und Bahn unterwegs ist, von Mülheim an der Ruhr nach Düsseldorf. Sie muss erst Straßenbahn fahren, dann muss sie in einen Regionalexpress umsteigen. Dann muss sie U-Bahn fahren, dann muss sie nochmal Straßenbahn fahren. Sie hat manchmal Erlebnisse gehabt, da ist sie wirklich gestrandet und musste in Düsseldorf übernachten, (…) weil sie über drei Stunden gebraucht hätte und zum Schluss kein Zug mehr da war.

Natürlich bleiben solche Negativerlebnisse sehr stark in den Köpfen. Ich kenne das von den Wetterberichten. 90 Prozent der Wetterberichte sind richtig. Aber die zehn Prozent, die falsch sind, die werden natürlich sehr oft thematisiert, weil die Leute das sofort bemerken. Und wenn wir dann gefragt haben, wie ist es denn gestern gelaufen, gab es relativ häufig die Aussage, "gestern hat es gut funktioniert".

Zwei Frauen fahren mit der Bahn.

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SWR1: Unsere Umfrage #besserBahnfahren soll ja nicht nur eine Sammlung sein, sondern im besten Fall auch etwas bewegen. Wie hat die Bahn auf diese über 5.000 Meldungen reagiert?

Plöger: Viel Einsicht war da. Man ist dabei, wirklich zu erkennen, dass es so nicht weitergehen kann und darf. Mittlerweile wird klar, ein an vielen Stellen sehr marodes Netz ist einfach nicht in der Lage, das Ziel zu tragen, dass in 2030 doppelt so viele Menschen auf die Bahn umsteigen sollen. Als Verkehrswende und auch als Klimaschutzmaßnahme. Das war für mich auch ein großes Thema.

Die Komplexität der Strukturen, wenn es darum geht, wer investiert wo eigentlich welches Geld? Wir haben Verkehrsverbünde, wir haben den Bund, der den Ländern Geld gibt. Die Länder verteilen es wieder. Es ist eine fast unerträgliche Gemengelage des Stillstands. Ich hoffe, dass da auch politische Einsichten wachsen. Wenn man Verkehrswende ausruft, dann muss man auch bereit sein, das Geld in der Weise reinzustecken und unkomplizierte Geldflüsse zuzulassen, damit es auch weiter geht.

Das Gespräch führte SWR1 Moderator Christian Balser.

Die vollständige Version des Interviews können Sie oben im Artikel hören.

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