Egoistische Gesellschaft

Rücksichtslosigkeit beginnt schon bei Kindern

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Moderator/in
Claudia Deeg
SWR1 RP Moderatorin Claudia Deeg
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SWR1

Immer wieder ist die Rede davon, dass unsere Gesellschaft egoistischer und rücksichtsloser wird. Schon bei Kindern ist diese Veränderung zu erkennen.

Woran das liegt, erklärt uns Prof. Dr. Holger Ziegler von der Universität Bielefeld. Er forscht im Bereich Soziale Arbeit und hat für eine Studie etwa 1.000 Kinder und Jugendliche aus Berlin, Leipzig und Köln nach ihrem Gemeinschaftssinn befragt. Das Ergebnis: Fast ein Drittel der Befragten hat einen unterdurchschnittlich entwickelten Gemeinschaftssinn.

SWR1: Sie haben parallel zu den Kindern auch die Eltern befragt. Inwiefern spielen sie dabei eine Rolle?

Holger Ziegler: Eltern spielen diesbezüglich eine äußerst große Rolle. Zum einen mit Blick auf Fragen von Erziehungsstilen. Aber es sind tatsächlich auch ganz stark die sozialen und moralischen Einstellungen der Eltern, die sich auch bei den Kindern zeigen.

SWR1: Gibt es Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen?

Ziegler: Ja, und die sind so groß, dass es wirklich überraschend war. Ich glaube, dass die Frage von klassischen Männlichkeitsbildern immer noch eine Rolle spielt, und die sind der Frage der Solidarität mit anderen nicht gerade zuträglich.

Die Verletzlichkeit von anderen ernst zu nehmen, tritt eher in den Hintergrund.

SWR1: Wie meinen Sie das?

Ziegler: Ich glaube, dass es hier eine Form von Deutung gibt, die eher auf eigene Stärke und die Durchsetzung von eigenen Interessen abzielt. Die Frage von Empathie, und die Verletzlichkeit von anderen ernst zu nehmen, tritt eher in den Hintergrund. Das sind klassische Männlichkeitsmuster, und die zeigen sich immer noch.

SWR1: Wir befinden uns in der Zeit nach der Corona-Pandemie, wir haben Inflation und Kriege. Inwiefern hat das alles Einfluss darauf, wie wir miteinander umgehen?

Ziegler: Der Einfluss ist relativ stark, weil Situationen von Unsicherheiten tendenziell dazu drängen, zu gucken, dass man die eigenen Schäfchen ins Trockene bringt und dass man dann nicht zurückbleibt.

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SWR1: Sie sagen, dass die Solidargemeinschaft als Grundlage für eine gelingende Gesellschaft Gefahr läuft, zu kippen...

Ziegler: Das Problem ist, man ist selber schuld, wenn man zu den Verlierern erzählt. Diese Form von Diskussionen, die es als eine Form von Einstellung gibt und die auch zunimmt, wirkt sich zerstörerisch auf Solidaritätspotenziale aus. Und das ist ein Muster, von dem wirklich niemand profitiert. Auch die, die gesellschaftlich oben sind, können so eine Gesellschaft nicht wirklich gut finden.

Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.

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