Highlight im satirischen Jahresrückblick: André Rieu
SWR1: 2024 ist viel passiert. Allein das "Ampel-Aus" liefert ja genug Stoff für eine ganze Sendung. Haben Sie mehr Sendezeit bekommen?
Dieter Nuhr: Nee, aber es ist wirklich ein Problem. Das überlagert so alles, ne! Also irgendwie hat man das Gefühl, das Jahr besteht eigentlich aus dem sechsten November und dann noch vielleicht ein paar anderen Tagen.
Aber natürlich war es nicht so. Und dann will ich natürlich auch an andere Dinge erinnern, die extrem wichtig waren für unser Land, wie den 75 Geburtstag von André Rieu.
SWR1: Verstehe. Warum ist der so wichtig?
Nuhr: Er hat seinen 75. Geburtstag genutzt, um zu sagen, dass er seine Musik als Sex betrachtet. Das hat mich nachträglich doch sehr stark verunsichert, muss ich sagen. Ich halte es für Geigenmissbrauch.
Aber das ist nur eines der vielen großen Themen, die wir haben. Wir haben natürlich das "Ampel-Aus". Wir haben eine Regierung gehabt, die uns durchs Jahr gebracht hat, die für mich als Komiker natürlich ein Segen war. Ich bedauere es natürlich, dass sie nicht mehr da sind. Lauter Menschen in der Regierung, von denen man nicht wusste, wie es möglich ist, dass sie sich dieses Amt überhaupt zutrauen.
Unser Wirtschaftsminister hatte, glaube ich, mit dem Bereich Wirtschaft eigentlich bis er den Posten übernahm, keinen Berührungspunkt. Nicht mal einen Zufallskontakt. Solche Menschen machen natürlich auch Probleme in ihrem Amt, aber auf der anderen Seite erheitern sie auch die demokratische Gemeinschaft.
Man sollte die Demokratie viel stärker auch öfter mal unter dem Unterhaltungs-Gesichtspunkt sehen. Und da war es ein großartiges Jahr.
Jahresrückblick von Dieter Nuhr: Donald Trump
SWR1: Funktioniert das auch mit der US-Präsidentschaftswahl? Sind sie als Kabarettist "dankbar", dass Donald Trump gewonnen hat?
Nuhr: Nee, dankbar bin ich dafür ehrlich gesagt nicht. Aber ich glaube schon, dass wir hier in Europa nicht ganz begriffen haben, dass der Mann ein Unterhaltungskünstler ist und kein Präsident. Und dass die Amerikaner das in Ordnung finden, dass da einer in dem Amt ist, der glaubt, dass Migranten Hunde und Katzen essen. Ob die Story wahr ist oder nicht, interessiert die dann gar nicht mehr so.
Die interessiert der Unterhaltungswert. Die sagen, die Geschichte stimmt zwar nicht, aber irgendwie ist sie auch wahr, weil sie so mit unseren Gedanken übereinstimmt. So funktioniert es in den USA. Da ist sowieso alles ein bisschen mehr fake als bei uns noch.
Das wird bei uns sicherlich auch bald kommen. Olaf Scholz ist ja auch schon auf dem Weg, die Demokratie in einen populistischen Staat zu verwandeln. Da ist die Regierung am Ende und er fängt an, Versprechungen zu machen von billigen Lebensmitteln über Steuerfreiheit für alle. Und … [redet unverständlich weiter]
SWR1: Stichwort Populismus: Sind Sie als Kabarettist auch Populist oder müssen einer sein?
Nuhr: An einen Satiriker ist das natürlich kein Kriterium, weil natürlich ist ein Satiriker bemüht, dem Publikum Freude zu machen. Das ist meine Aufgabe. Ich muss nicht die Einkommensverhältnisse meines Publikums regeln, sondern ich muss einfach den Dopamin-Haushalt für eine Stunde mal richtig auf Trab bringen. Das ist natürlich eine sehr viel einfachere Aufgabe.
Persönliche Highlights von Dieter Nuhr: Ehrenpreis und Galle
SWR1: Was war für Sie persönlich das Highlight in diesem Jahr? Vielleicht der Ehrenpreis des bayerischen Ministerpräsidenten?
Nuhr: Der war auch schön. Da hab ich ihn [Anmerkung d. Redaktion: Ministerpräsident Markus Söder] auch mal kennengelernt. Ist ja auch nett. Ich finde es interessant, Menschen kennenzulernen. Auch Menschen, die vielleicht andere Haltungen vertreten als man selber. Das ist immer interessant und bringt einen weiter.
Mein persönliches Highlight war: Ich bin meine Galle losgeworden. Das war wirklich gut. Die lagerte so in einem halben Liter Eiter. Das finde ich eine Unverschämtheit. Ich lasse die da in meinem Körper einfach so vor sich hinleben. Ich störe sie nicht weiter und die dankt mir das so. Und da hab' ich sie rausgeschmissen.
SWR1: Das heißt, Sie freuen sich so richtig auf das nächste Jahr, aus persönlicher und aus kabarettistischer Sicht?
Nuhr: Seit die Galle raus ist, freue ich mich nur noch, ehrlich gesagt. Ich finde es ganz großartig. [lacht] Auch die Gesichtsfarbe ist besser. Dieses Grau ist weg und geht in so ein langsames Beige über, in so ein Rentner-Beige. Das ist gut
SWR1: Werden die Gags dadurch noch besser?
Nuhr: Ein bisschen gallig sollten sie ja sein, finde ich. Das ist schon ganz witzig ... ganz wichtig. Aber ich glaube so richtig … nee, ich habe mit der Galle wenig geschrieben, muss ich sagen. Ich benutze eigentlich eher Hirn und Zwerchfell und das sollte ausreichen. Die anderen Organe lasse ich mal außen vor.
Hinweis: Es handelt sich um ein Wortlautinterview, das satirische oder humoristische Aussagen enthält.