Noch lange kein Rock-Opa

Peter Maffay: "Ich habe keine Bodyguards, das erledige ich selber!"

Stand
Das Interview führte
Veit Berthold
Interview mit
Peter Maffay, Musiker
Onlinefassung
SWR1

Wir haben mit Peter Maffay über seine Tochter Anouk, das Skifahren und seine Karriere gesprochen und erfahren, dass er auch mit 75 keine Bodyguards braucht.

Er ist einer der dienst-ältesten Rocker der Republik, Peter Maffay. Mit 75 ist er Vater einer sechsjährigen Tochter, geht mit ihr Skifahren und ist bei allem Rock 'n' Roll ziemlich junge geblieben.

SWR1 Moderator Veit Berthold hat mit ihm über seine Tochter Anouk, das Durchschlafen, über seinen Bezug zum Skifahren und über fünfeinhalb Jahrzehnte Musikgeschäft gesprochen und erfahren, dass der sympathische Musiker auch mit 75 keine Bodyguards braucht.

Peter Maffay und der Rock-'n'-Roll-Morgen

SWR1: Hallo, Peter Maffay.

Peter Maffay: Guten Morgen!

SWR1: Guten Morgen? Ist es nicht ein bisschen spät für Morgen?

Maffay: Ja, Rock-'n'-Roll-Morgen!

SWR1: Ich hörte schon, dass Musiker erst mittags aus dem Bett kommen. Glauben kann ich dir das nicht.

Maffay: Ja, […] da liegst du auch richtig. Ich bin eigentlich gerne ein Frühaufsteher. Es macht mir Spaß, früh aus den Federn raus. Aber es gibt auch Phasen, wo wir sehr spät ins Bett fallen und dann kehrt sich das Ganze um.

Peter Maffay: Anouk besitzt eine enorme Ausstrahlungskraft

SWR1: Aber Durchschlafen ist kein Thema mehr, oder? Also ihr pennt wieder richtig gut und Anouk [deine sechsjährige Tochter] weckt euch nicht dreimal in der Nacht?

Maffay: Manchmal tut sie das. Dann wandert sie im Haus herum, aus welchen Gründen auch immer. Aber wir haben uns total dran gewöhnt und wenn sie das nicht täte, dann würde uns etwas in unserem Rhythmus fehlen. Aber sie macht es Gott sei Dank nicht jeden Abend.

SWR1: Dein Geheimnis, dass du so jung aussiehst, wie du aussiehst, ist vielleicht auch Anouk. Ist das so?

Maffay: Das kann man ja schwer behaupten, weil: unquantifizierbar. Aber so ein kleiner Mensch, der hält einen richtig auf Trab. Und sie besitzt eine enorme Ausstrahlungskraft, setzt sich durch, auf eine ganz liebenswürdige Art und Weise.

Der ergibt man sich ganz einfach. Ich bin auch der Ansicht, dass ein Mädchen da noch viel mehr drauf hat als ein kleiner Bub. Wir genießen das sehr, diese Präsenz. Das könnte so etwas wie einen verjüngenden Effekt haben, ganz klar.

Peter Maffay: "Mein Papa hat mir die Skier selber gemacht"

SWR1: Ich habe vor Kurzem auf Social-Media gesehen, dass ihr beim Skifahren wart. Wir wissen alle, du bist 75. Ich bin 45 und traue mich nicht mehr so auf die Piste. Dir ist das alles egal. Du machst das und du kannst es auch, ne?

Maffay: Ich fahre gerne Ski. Ich bin durch meinen Papa, der Skispringer war, früh auf die Bretter gekommen. Er hat mir, als ich klein war, daran erinnere ich mich noch ziemlich gut, Skier selber gemacht. In Rumänien konntest du so etwas nicht unbedingt an jeder Hausecke kaufen, so wie das hier ist.

Damit bin ich dann mit ihm unterwegs gewesen. Und seitdem ist diese Leidenschaft da geblieben. […] Und die Kleine, die schafft sich das jetzt drauf. Es ist so zauberhaft zu sehen, wie sie sich jeden Tag […] verbessert. Der Popo hängt dann irgendwie tief am Boden, pest sie den Hang runter und wir haben eine Menge Spaß damit.

Peter Maffay: Keine Lust, als letzter durchs Ziel zu kommen

SWR1: Du machst auch wegen der Kleinen natürlich viel mehr als andere ein deinem Alter. Aber ganz ehrlich, man muss halt auch asketisch leben. Wieviel Bewusstsein, was man so in sich reinschaufelt, ist damit verbunden?

Maffay: Der Nagel, den du da in die Wand schlägst, der sitzt auch richtig. Man muss schon ein bisschen was dazu tun. Ich habe jetzt keine exzessiven Sport-Aktivitäten. Ich fahre sehr gern Mountainbike. Wir haben eine kleine Muckibude unterm Studio, wo man sich ein bisschen schinden kann und wo ich dann auch alleine bin.

Dann mache ich mir den Fernseher an und gucke Nachrichten oder was auch immer, höre ein bisschen Musik. Das mache ich eigentlich einigermaßen regelmäßig, aber nicht hundertprozentig, weil das nicht immer gelingt. [...] Aber, wenn ich dann da bin, versuche ich den Rhythmus einzuhalten. Wenn mir das nicht gelingt, dann fehlt mir ein bisschen etwas.

Hinzu kommt, dass ich auf der Bühne […] ein paar veritable Musiker habe, die einiges jünger sind als ich. Und da habe ich einfach keine Lust, als Letzter durch die Ziellinie zu laufen, weißt du?

SWR1: Du machst nur noch ausgewählte Auftritte. Einer davon wird auf der Freilichtbühne auf der Loreley sein. Was macht die Magie dieses Ortes, du kennst die Loreley ja gut, für dich aus?

Maffay: Du hast es ja schon angedeutet. Die Loreley ist ein wunderschöner Platz zum Spielen. Damit verbinden uns viele Erinnerungen an Konzerte, die wir da hatten. Vor allem gibt es einen phänomenalen Backstage-Bereich, den man äußerst gerne frequentiert, wenn das Konzert vorbei ist. [lacht]

Peter Maffay - Über sieben Brücken musst du gehn (live @ Loreley 2013)

Es ist ein wirklicher Love Place. Der ordnet sich ein in diese schönen Bühnen, die es in Deutschland gibt. Da kann man eine Skala aufstellen, von bis, wunderschöne Plätze auf denen man spielt. Es ist auch für das Publikum sehr angenehm, wenn man oben auf der Loreley sitzt und über die Bühne hinweg auf den Rhein schaut. Das ist spektakulär, wenn dann die Sonne immer untergeht. Es sei denn, es regnet, dann wird das alles ein bisschen anders.

Es ist ein wirklicher Love Place. Der ordnet sich ein in diese schönen Bühnen, die es in Deutschland gibt.

Das machen wir dieses Jahr. Danach geht es weiter nach Schwarzenberg. Das sind einige wenige Konzerte, auf die wir uns verabredet haben, damit wir nicht total auf Musik verzichten. Das würde nicht funktionieren.

SWR1: Mit anderen Worten, du brauchst das auch noch weiterhin, diesen Kick auf der Bühne zu stehen. Du willst das auch …

Maffay: Die Tourneen bedingen einen ziemlich langen Anlauf. Man muss sehr viel vorbereiten. Das wird ein Außenstehender gar nicht mitbekommen. Damit sind wir dann ein Jahr, vielleicht eineinhalb Jahre beschäftigt. Das fällt jetzt weg, zugunsten anderer Aktivitäten.

Ich hatte das ja vor der Farewell-Tour letztes Jahr schon gesagt. Wenn es keine Tourneen mehr gibt, dann wird es trotzdem ausgesuchte Konzerte geben. Wir haben eine Fanbase, die sehr eisern ist und ich möchte keine Haue kriegen, wenn wir nicht mehr spielen.

Peter Maffay: "Wir werden Songs spielen, die wir noch nie gespielt haben"

SWR1: Die Fanbase wird da sein. Wer jetzt zum ersten Mal auf die Idee kommt, zu Peter Maffay live zu gehen. Was sagst du denen, warum lohnt es sich?

Maffay: Ich denke, wir haben eine ziemlich exklusive Band mit ganz hervorragenden Instrumentalisten. In 55 Jahren sind auch einige Songs entstanden, die man durchaus spielen kann. [lacht] […]

Ich denke, dass uns viele Erlebnisse verbinden. Die Leute, die zu uns kommen, artikulieren das zumindest, wenn sie vor uns stehen. Dieser Austausch, der ist unheimlich reizvoll. Es geht querbeet. Wir haben Up-Tempo-Geschichten noch und nöcher. Es gibt aber natürlich auch balladenförmige Schwerpunkte.

Dieses Mal werden wir Experimente machen, die überraschend sein sollen.

Wir werden im Gegensatz zur letzten Tour […] auch diesmal in ein anderes Regal reingreifen und Songs spielen, die wir lange nicht oder die wir noch nie gespielt haben. Einfach, um uns abzuheben vom letzten Sommer. […] Dieses Mal werden wir Experimente machen, die überraschend sein sollen. Und ich bin gespannt, wie die Leute das aufnehmen.

SWR1: Du bist Experimenten nicht abgeneigt, das ist gut. Und du bist Kindern nicht abgeneigt. Ich habe gestern meinen Kindern gesagt, dass ich dich heute im Interview habe und jeder durfte eine Frage stellen. Ich spiele dir einfach mal eine vor:

Leif Berthold: Hallo Peter, hier ist der Leif. Ich bin 13 Jahre alt, ich hätte erst mal einen supercoolen Vorschlag für dich, wie du dich als Rapper nennen könntest, nämlich Peter Mafia.

Maffay: [lacht laut]

Leif Berthold: Ich hätte noch eine Frage an dich. Ich hab früher gerne die Tabaluga-Geschichte gehört. Wie bist du da denn eigentlich drauf gekommen?

Maffay: [lacht] Peter Mafia. Diese Analogie, die gab es schon etliche Male. […]

Tabaluga ist entstanden durch Fragen aus meiner Umgebung, ob wir irgendwann mal Lust hätten, einen Erzählstoff zu vertonen. Das Ganze passierte Anfang der 1980er Jahre. Dann habe ich gesagt, Moment mal, wir sind gerade konvertiert vom Schlager zum Rock 'n' Roll. Jetzt soll daraus auch noch ein Märchenonkel werden, das wird niemand wirklich mitspielen.

Peter Maffay – vom Schlagersänger zum Rockstar war es ein weiter Weg

Mit dem Schmuse-Hit "Du" ging die Karriere von Peter Maffay los. Dabei war Schlager gar nicht so sein Ding. Zu seinem 75. Geburtstag steht der Sänger jetzt vor dem Ende seiner Karriere.

Die lapidare, aber korrekte Antwort war, wo steht das geschrieben, dass man das nicht machen könnte?

Dann haben wir uns zusammengesetzt und haben überlegt, um was sich die ganze Geschichte drehen könnte. Wir haben die Figur Tabaluga, die ja eine fernöstliche Vision eines Drachens, also ein Glücksbringer ist, mit Werten besetzt, von denen wir glaubten, dass sie für die Gesellschaft, aber vor allem auch für die Entwicklung von Kindern in ihrer Perspektive wichtig sind.

Und dann haben wir Geschichten um diesen kleinen Drachen herumgebaut. Im Grunde genommen wandert er durch die Welt und macht seine Erfahrungen, um daran zu wachsen. Ganz so viel gewachsen ist er nicht, genau wie sein Urheber. [lacht]

Das Experiment II: "Peter, bist du reich?"

SWR1: Das hast du jetzt gesagt. Eine Frage habe ich noch für dich..

Lene Berthold: Hallo Peter, Ich bin die Lene, ich bin neun und ich wollte dir auch noch mal eine Frage stellen. Bist du reich?

Maffay: Ich habe verstanden, ob ich weich bin?

SWR1: Eher ob du reich bist.

Maffay: [lacht laut]

SWR1: Das mit dem weich, das glaube ich ehrlich gesagt nicht, wenn ich deine Muskeln sehe ...

Maffay: Naja, also ob ich reich bin an Erfahrungen? [...] Ich blicke zurück auf eine wunderbare Zeit. Über fünf Jahrzehnte Begegnungen mit Menschen, die uns im wahrsten Sinne, ohne dass sie es mal wissen, geformt haben. Das ist ein unheimlicher Trip gewesen.

Als ich anfing mit 14 Jahren Musik zu machen und in eine Band eingestiegen bin, habe ich keine Ahnung davon gehabt, wie lange das anhalten würde. Insofern bin ich an Erfahrungen, glaube ich, reich!

Mir geht es finanziell gut. Auch das konnte ich damals nicht überblicken. Ich habe als Lehrling angefangen. Da waren die Verhältnisse um 180 Grad anders. Ich versuche trotzdem einigermaßen bodenständig zu leben. Alles andere kommt für mich nicht infrage, ist mir zu kompliziert. Und es erzeugt auch nichts.

Ich habe keine Bodyguards, das erledige ich selber.

Wir leben in einem normalen Haus, wie unsere Nachbarn rechts und links. Ich gehe zu Edeka einkaufen und an die Tankstelle und tanke mein Auto selbst. Ich habe keine Bodyguards, das erledige ich selber.

Aber ja, es geht mir gut. […] Ich bestimme mich weitgehend selber, nicht immer. Das wollte ich immer. Es war mir wichtig, ein selbstbestimmtes Leben zu haben, zu entscheiden, wo es lang geht. Ich trage gerne, so weit das möglich ist, die Verantwortung für mein Umfeld. Ich habe eine Band. Ich habe ein Team um mich. Wir sind insgesamt etwa 40 Leute.

Wenn du so willst, sind wir ein kleines mittelständisches Unternehmen, welches lange noch existieren soll. Und deswegen zerbreche ich mir manchmal den Kopf darüber, wie das geht. Aber das mache ich gerne!

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Stand
Das Interview führte
Veit Berthold
Interview mit
Peter Maffay, Musiker
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