40 Jahre "You're My Heart, You're My Soul"
SWR1: Hallo Thomas, herzlichen Glückwunsch zum 40.
Thomas Anders: Ja, ich verstehe ein klein bisschen den Unterton. Also noch mal 40 werden ist schön. Aber 40 Jahre Modern Talking, das ist schon auch eine unglaubliche Zahl.
SWR1: Holst du zum 40. Jubiläum noch einmal die "Nora"-Kette heraus und gönnst dir ein bisschen Sonnenstudio?
Anders: Sagen wir es mal so: Sonnenstudio brauche ich nicht, weil ich das zu Hause habe. […] Die "Nora"-Kette, die bleibt da, wo sie liegt.
SWR1: Wie feierst du denn?
Anders: 40 Jahre Modern Talking ist ja ein ganzes Jahr. Ich habe mir wirklich den Luxus gegönnt und mein komplettes Frühwerk, was ja auch schon lustig klingt, noch einmal aufgenommen. Ich habe alle sechs Alben aus den Achtzigern noch einmal komplett neu aufgenommen. Die werden ab dem 7. März im sechswöchigen Turnus veröffentlicht. Also das ganze Feierjahr "40 Jahre Modern Talking" 2025.
Thomas Anders zeichnet Alben neu auf
SWR1: Warum hast du nochmal alles neu gemacht?
Anders: Das war keine Idee, die über Nacht geboren wurde. Also nichts, [...] wo man irgendwie denkt, ich habe jetzt den Geistesblitz und ich nehme jetzt alle Alben noch mal neu auf.
Bei mir ist es so, dass ich nun seit vielen, vielen Jahrzehnten auch meine Shows auf der ganzen Welt habe. Ich wechsele meine Tourprogramme alle zwei bis drei Jahre und es kommen neue Arrangements. Es kamen ganz viele Fans, die gefragt haben, wann können wir sowas denn mal kaufen? Weil, es ist Modern Talking. Es klingt frisch, es klingt jung. Es ist nicht mehr so, wie in den 80er Jahren.
SWR1: Wie hat es sich das angefühlt, das ganz ohne Dieter Bohlen zu machen?
Anders: Im Studio hab ich das auch schon immer so, ganz ohne Dieter Bohlen gesungen. Das ist jetzt nicht das Riesenproblem gewesen. [...] Ich habe mich im Studio nicht einsam gefühlt, falls du darauf hinaus willst.
SWR1: Ruft Dich Dieter Bohlen in dieser Zeit auch mal an und sagt: Weißt Du noch? Das haben wir cool gemacht damals!
Anders: Wir haben jetzt gefühlt seit sechs oder sieben Jahren nicht mehr miteinander gesprochen und deshalb ruft er auch nicht an. Was aber auch gar nicht schlimm ist! Wir hatten unsere ganz glorreiche Zeit – Zeiten, muss man ja sagen. Das fing vor 40 Jahren an und es gab da ja auch das unfassbar erfolgreiche Comeback.
Jeder von uns beiden hat seinen Seelenfrieden. Und jeder macht im Grunde das, was ihm richtig Spaß macht. Mir macht dann eben die Aufnahme von diesen Alben wahnsinnig viel Spaß. Denn ich […] hatte plötzlich Titel wieder zu singen, an die ich mich gar nicht mehr erinnert habe.
SWR1: Was sind denn die schönsten Erinnerungen an die Zeit vor 40 Jahren?
Anders: Man vergisst nicht das erste Mal Chart-Entry mit "You're My Heart, You're My Soul". Man vergisst die erste goldene Schallplatte nicht. Das sind Erinnerungen, die ich mir schon als Kind und als Jugendlicher immer nur erträumt hatte: einmal in den deutschen Charts. Oder, wenn der Liebe Gott es zulässt, vielleicht einmal eine goldene Schallplatte.
SWR1: "Your’re My Heart, You’re My Soul", ist das denn von Anfang an so gut gelaufen?
Anders: Überhaupt nicht! "You're My Heart, You're My Soul" wurde im Oktober 1984 veröffentlicht. Ich habe mir dann irgendwann im Dezember […] die Verkaufszahlen sagen lassen […] und es waren 6.000 Singles verkauft. Das war zur damaligen Zeit nichts!
Es war dann so, dass ich vier Wochen später, im Januar, nochmal nachgefragt habe und da waren 60.000. Das ist bis heute ein Faszinosum, das wir alle nicht erklären können. Was die Initiallösung war, dass plötzlich 54.000 Singles mehr verkauft waren, das wissen wir nicht. Aber es war der Anfang einer unglaublichen Karriere.
Das erste halbe Jahr war wie in einem Traum.
Thomas und der Erfolg von "You're My Heart, You're My Soul"
SWR1: Du warst damals 20 Jahre alt. Wie ist das für einen Zwanzigjährigen, wenn plötzlich so ein Hammer losbricht?
Anders: Man fasst es nicht! Man ist am Anfang überglücklich, dass man plötzlich eine Nummer eins hat. Für mich […] wäre es wichtig gewesen, einmal in den Charts zu sein. An eine Nummer eins habe ich gar nicht gedacht.
Das erste halbe Jahr war wie in einem Traum, der vorbeiflog. […] Plötzlich war man nicht mehr selbstbestimmt und das ist etwas, was mir gerade in diesem Alter sehr zu schaffen machte. […]. Was mich damals wirklich traurig gemacht hat, war die Situation, meine Familie und Freunde über Monate gar nicht mehr gesehen hab, weil ich nur unterwegs war.
Traurige Momente
SWR1: Gab es dann auch Momente, in denen man traurig ist, weil man nichts mehr machen kann, was einem Freude macht?
Anders: Damals, in den 80er Jahren, Modern Talking war der Traum aller Teenies. Da war sofort Ausnahmezustand. Ich will mich darüber gar nicht beschweren. Das ist eben das, was dazu gehört, wenn man erfolgreich wird, dass man gemocht, geliebt wird, die Anerkennung hat. Was ich sagen möchte ist, es war für mich damals schwer, weil ich es noch nie vorher hatte.
Bei der zweiten Karriere von Modern Talking, also um die Jahrtausendwende, war das total cool für mich. Ich konnte damit viel besser umgehen.
Thomas begegnet seinem jungen Ich
SWR1: Auf dem neuen Plattencover, da ist Dein junges Ich drauf, oder?
Anders: Und das jetzige. Das alte Ich, oder wie sagen wir? [lacht]
SWR1: [lacht mit] Genau, das alte Ich. Wie fühlt sich das an, wenn Du das "alte Ich" anschaust?
Anders: Die Fotos haben mich emotional gar nicht so berührt. […] Wir hatten die Bilder von dem jungen Thomas Anders und ich habe mich im Fotostudio genauso hingestellt, dass es zusammen passt.
Aber als das dann durch die KI von Computern umgerechnet wurde, dass der jetzige Thomas Anders den jungen Thomas Anders umarmt, das war für mich etwas, […] ich habe bestimmt schon hundertmal angesehen, etwas, was ich wahnsinnig faszinierend finde. Denn man kann es nicht fassen. Überleg mal, Du würdest Dich umarmen, so wie Du damals vor 40 Jahren warst. Das kann das Gehirn nicht so normal fassen.
Thomas Anders: Nicht nur Modern Talking
SWR1: Du machst ja nicht nur Musik, sondern auch Wein. Welcher Wein würde denn zu "You're My Heart, You're My Soul" passen?
Anders: Auf jeden Fall ein erfolgreicher. [lacht] Das auf jeden Fall. Aber gut, es muss ja auch zu mir passen und zu mir passt nun mal ein Grauburgunder. Das ist so und ich liebe Grauburgunder und ich liebe auch "You're My Heart, You're My Soul".
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Michael Lueg.