Nun sind Eltern und Kinder in Edenkoben (Kreis Südliche Weinstraße) und in der Region bestürzt und besorgt. Laut Staatsanwaltschaft ist der mutmaßliche Entführer mehrfach vorbestraft, auch wegen Sexualstraftaten. Wie geht man mit so einer Tat um? Der Verein Weißer Ring unterstützt Opfer und ihre Familien, steht ihnen in so einem Fall bei. Heinz Pollini leitet die Außenstelle des Weißen Rings Südpfalz. Wir haben mit ihm über den aktuellen Fall gesprochen.
SWR1: Nach so einer schrecklichen Tat – wann können Sie da mit der Opferarbeit anfangen?
Heinz Pollini: Wir können anfangen, sobald uns die Opfer verständigen und um Hilfe bitten. Wir selber gehen nicht auf die Opfer zu. Wir werden eigentlich immer von denen kontaktiert.
SWR1: Was ist das Wichtigste an der Opferarbeit? Wie können Sie helfen?
Pollini: Wir helfen in der Regel hauptsächlich – und das ist das ganz, ganz wichtig – einfach durch menschlichen Beistand und persönliche Betreuung nach der Straftat. Wir hören den Leuten zu, wir holen sie dort ab, wir machen ihnen keine Vorwürfe über das, was passiert ist. Wir versuchen einfach, mit ihnen gemeinsam zu erörtern, was jetzt wichtig ist. Wir versuchen zu sortieren, was kommt jetzt an erster Stelle, wie könnte ein möglicher Weg sein?
Wir vermitteln hauptsächlich auch Hilfen anderer Stellen, weil wir nur ehrenamtliche Mitarbeiter im Weißen Ring sind und keine Therapeuten. Also wir machen keine Therapie, sondern wir vermitteln dann.
Auf dem Schulweg in Edenkoben entführtes Mädchen Vor der Tat: Eltern hatten vorbestraften Sexualstraftäter der Polizei gemeldet
Eltern hatten den mutmaßlichen Entführer einer Schülerin in Edenkoben schon vor den Sommerferien bei Polizei und Schule gemeldet. Das hat die Stadt bekannt gemacht.
SWR1: So eine Tat macht ja wirklich alle sprachlos und ruft Sorgen und Ängste hervor. Wie können Eltern so eine Tat zum Beispiel ihren Kindern erklären – Kinder, die jeden Morgen, vielleicht auch alleine zur Schule gehen?
Pollini: Jetzt muss man natürlich den schmalen Grad finden, zwischen vielleicht am Anfang dem Kind ein bisschen mehr Sicherheit vermitteln, ein bisschen mehr aufpassen und aber dann auch wieder ein Stück weit in ein selbstständiges Leben lassen. Vielleicht kann man auch organisieren, dass kein Kind jetzt in nächster Zeit alleine geht, bis bei den Kindern wieder die Sicherheit eintritt.
Wir haben ja gehört, dass in diesem Fall die Alarmkette offensichtlich gut funktioniert hat und dass es auch aufmerksame Mitbürger gab, die ihre Beobachtungen der Polizei mitgeteilt haben, was in dem Fall natürlich immens wichtig war.
Schutz vor Sexualstraftätern Verhaltenstipps für den Schulweg
Der Fall des entführten Schulkindes aus Edenkoben hat viele Familien verunsichert. Das können Eltern und Kinder tun, um sich auf dem Schulweg sicher zu verhalten.
SWR1: Ist das vielleicht auch das Gute, dass man eine Lehre daraus ziehen kann und sagen kann, ja, da hat auch bei allem Schrecken dieser Tat etwas funktioniert?
Pollini: Ja, wir müssen das Gute darin sehen. Wenn wir uns nur am Negativen festmachen, dann kommen wir alle nicht weiter.
SWR1: Sie haben die Opfer im Blick. Es gibt von Vertretern eines Lehrerverbandes die Forderung, dass es künftig doch bitte Informationen geben soll über vorbestrafte Sexualstraftäter, die in der Nähe einer Schule wohnen. Bei allem Opferschutz widerspricht das aber den Rechten eines Verurteilten.
Pollini: Auch das Opfer hat Rechte, möchte ich dazu sagen. Und dann muss man natürlich abwägen. Ein Täter wird verurteilt und hat die Strafe abgesessen, dann kommt er wieder frei. Ein Opfer hat oftmals lebenslänglich mit psychischen Belastungen zu arbeiten. Dann muss man das schon abwägen. Unser Bundesvorsitzender Dr. Patrick Liesching hat schon des Öfteren darüber referiert, dass er zum Beispiel den Einsatz einer Fußfessel bei gewissen Straftätern für sinnvoll hält. Und das finde ich jetzt auch nicht schlecht.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.
Weitere Informationen finden Sie beim Weißen Ring e.V. und bei der Außenstelle Südpfalz.