Der 61-Jährige mutmaßliche Entführer und Sexualstraftäter ist nach Angaben der Leitenden Oberstaatsanwältin Angelika Möhlig bereits mehrfach vorbestraft: Nicht nur wegen Sexualstraftaten, sondern auch wegen Körperverletzung und Eigentumsdelikten. Dazu gehört beispielsweise Diebstahl oder Sachbeschädigung. Er saß insgesamt mehrere Jahre in Haft und war erst im Juli entlassen worden.
Der Bürgermeister von Edenkoben, Ludwig Lintz (CDU), hat sich deshalb mit einem Post der Stadt an die Bevölkerung gewandt. Darin fordert er von der Polizei und der Schulaufsichtsbehörde ADD eine "umfassende Aufklärung und Konsequenzen", zu der Frage, wie es zu dem "schrecklichen Verbrechen" an der zehnjährigen Schülerin kommen konnte.
Eltern hatten Sexualstraftäter wohl bereits vor den Ferien gemeldet
"Wir sind entsetzt, dass sich der festgenommene vorbestrafte Sexualstraftäter laut Aussage von Eltern bereits seit vor den Ferien in der näheren Umgebung aufhielt", schreibt der Bürgermeister. Die Stadt Edenkoben habe auch Informationen vorliegen, dass sowohl Eltern als auch Schüler die Schulleitung in Edenkoben darüber informiert hatten, dass sich der Mann in der Umgebung der Schule aufhielt. Auch die Polizei sei darüber informiert worden.
Wut in Sozialen Netzwerken
Über Messenger-Gruppen und Soziale Netzwerke kursieren bereits seit Wochen unter Eltern in Neustadt an der Weinstraße und Edenkoben Berichte über einen verdächtigen Mann, der sich in der Nähe von Kindern aufhalte und in Neustadt wohnen solle. Zudem wurde dort auch vor einem Mann gewarnt, der schon als Sexualstraftäter in Haft gesessen haben soll.
Einzelheiten zur Tat Entführung und Missbrauch einer Schülerin in Edenkoben - Das ist bislang bekannt
Auf dem Schulweg in Edenkoben wurde am Montag ein zehnjähriges Mädchen in ein Auto gezerrt, entführt und missbraucht. Das ist bisher über die Tat bekannt.
Stadt Edenkoben: Warum gab es keine Warnung vor dem Mann?
Stadtbürgermeister Lintz will von Polizei und Schulaufsichtsbehörde wissen, wie es möglich war, dass ein "vorbestrafter Sexualstraftäter mehrfach an Schulen oder in unmittelbarer Nähe zu schulischen Einrichtungen gesichtet wurde, sich jedoch weiterhin frei in der Nähe von Kindern bewegen konnte, ohne dass entsprechende Mitteilungen von offizieller Seite an Eltern ergingen?"
Die Beigeordnete der Stadt, Charmaine Beyer, sagte am Mittwoch, die Stadt sei weder von der ADD, noch von der Polizei über die Gefahr durch den vorbestraften Sexualstraftäter informiert worden. "Die Polizei hat heute erstmalig mitgeteilt, dass es diese Hinweise von der Elternschaft schon länger gibt, dass es sogar ein Hinweistelefon gegeben hat. Das sind natürlich wertvolle Informationen, die hätten wir uns gewünscht", kritisierte Beyer.
Warnung vor Sexualstraftäter war nicht möglich
Nach Angaben von Staatsanwaltschaft und Polizei sei im Vorfeld geprüft worden, ob Schulbehörden oder die Öffentlichkeit über den entlassenen 61-Jährigen informiert werden müssen. Dabei sei das Interesse der Allgemeinheit gegen die Persönlichkeitsrechte des Mannes abgewogen worden. Die Voraussetzungen dafür, personenbezogene Daten herauszugeben, seien nicht erfüllt gewesen.
61-Jähriger stand unter Beobachtung der Polizei Entführung und Missbrauch in Edenkoben: Tatverdächtiger hätte elektronische Fußfessel tragen müssen
Der Tatverdächtige im Missbrauchsfall von Edenkoben war im Juli aus dem Gefängnis entlassen worden - und hätte danach eine elektronische Fußfessel tragen müssen. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten, weigerte er sich aber, dies zu tun.
Lehrer: Schüler schützen wichtiger als Rechte des Sexualstraftäters
Der Landesverband Reale Bildung, ein Lehrerverband, kritisierte dieses Vorgehen. Der stellvertretende Landesvorsitzende Michael Eich sagte, in seinen Augen gebe es ein Missverhältnis zwischen der Wahrung der Persönlichkeitsrechte des Straftäters und dem Auftrag der Schulen, die Schülerinnen und Schüler zu schützen. "Wir müssen nach diesem Vorfall überlegen, wie wir das besser in Einklang kriegen können." Er ist selbst Schulleiter einer Realschule plus in Edenkoben.