"Entfalte deine Persönlichkeit und dein volles Potenzial! Tue etwas für deine Work-Life-Balance! Mit uns wirst du beruflich erfolgreich!" Das Internet ist voller solcher Angebote. Wenn man nicht aufpasst, dann fällt man vielleicht auf unseriöse Anbieter herein und ist möglicherweise auch einige tausend Euro los.
Unseriöse Coaching-Angebote meist wenig individuell
SWR1: Woran erkenne ich unseriöse Angebote dieser Art?
Julia Gerhards: Es ist gar nicht so einfach zu unterscheiden, was ist seriös, was ist unseriös? Am wichtigsten ist natürlich der Coach. Der Coach sollte wirklich qualifiziert sein: Ausbildung, Studium, Zertifizierung in dem entsprechenden Bereich und wirklich für mein Themenfeld fachlich ausgewiesen sein. Das ist die erste Voraussetzung.
Alle die, die sagen, dass sie eigentlich in fast allen Bereichen etwas sagen können und auch bei allen Problemen weiterhelfen können, das riecht schon danach, dass es unseriös sein kann.
SWR1: Da wird sehr viel versprochen, mit dem Ziel, dass man einen Coaching-Vertrag unterschreibt.
Gerhards: Genauso ist es. Meistens wird dann so ein ganzes Leistungspaket, bestehend aus Videomaterial, Skripten oder Ähnlichem angeboten, dass man irgendwie herunterladen kann – in irgendeinem Mitgliederbereich, auch in den sozialen Netzwerken, wo man sich mit den anderen Teilnehmenden vernetzen kann. Häufig werden irgendwelche Elemente angeboten, bei denen man einen wöchentlichen Live-Call mit dem Coach hat oder man ist in einem speziellen WhatsApp-Kanal, wo man dann individuelle Fragen stellen kann.
Sehr individuell ist das, wie man schon an dem fertig geschnürten Angebot merkt, eigentlich gar nicht. Eigentlich ist ja der Coaching-Gedanke, dass ihr da sehr individuell an den ganz eigenen Themen arbeitet. Das kommt da viel zu kurz.
SWR1: Sie kritisieren also, dass es eben Allgemeinheiten sind, die dann dort für viel Geld verkauft werden?
Gerhards: Im schlimmsten Fall ist es genau das. Es ist natürlich extrem schwer von außen da rein zu gucken: Ist das Angebot seinen Preis wert? Das muss jeder selbst entscheiden. […] Aber wenn ich, ohne auch wirklich zu wissen, ob mir das Angebot gefällt oder ob es zu mir passt, gleich das ganze Paket für mehrere tausend Euro kaufen soll, dann ist das nicht optimal.
Auf unseriöses Coaching Angebot hereingefallen: Was tun?
SWR1: Wenn ich mir unsicher bin, ob das ein seriöses Coaching Angebot ist, was soll ich tun?
Gerhards: Man kann natürlich immer die Verbraucherzentralen um Rat fragen. Wichtig ist aber auch, sich einfach die Vertragsunterlagen anzuschauen. Da sollte genau drin stehen, was ist der Leistungsumfang und wie komme ich auch aus so einem Vertrag wieder raus, wenn es mir nicht so gut gefällt?
Idealerweise sollte auch ein kostenfreies Vorgespräch stattfinden, wo überhaupt herausgefunden wird, an welchen Themen gearbeitet werden soll, und passt die Expertise, die der Coach anbieten kann, denn wirklich genau zu dieser Fragestellung.
Und – wann immer man dann mehr in einem Verkaufsgespräch ist, ohne dass man eigentlich wirklich genau weiß, passt es jetzt zu mir, kann ich mir das erst mal eine Sitzung lang angucken, dann wäre ich wirklich sehr vorsichtig.
SWR1: Wenn ich das Gefühl habe auf einen unseriösen Anbieter hereingefallen zu sein, habe ich eine Chance aus einem solchen Vertrag wieder herauszukommen?
Gerhards: Das ist natürlich Frage des Einzelfalls. Innerhalb von 14 Tagen sollte man bei online oder telefonisch abgeschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht haben. Auch bei Verträgen, die ich auf Raten bezahle, könnte ein Widerrufsrecht in Betracht kommen. Dann gibt es gesetzliche Kündigungsmöglichkeiten und solche Verträge können auch […] durchaus nichtig sein.
Es lohnt sich also, wenn man unzufrieden ist, wenn es Probleme gibt, die sich auch mit einem kritischen Gespräch mit dem Coach nicht auflösen lassen, sich wirklich Beratung zu holen.
Sicher online shoppen
Unseriöse Coaching-Angebote: Widerrufsrecht oft unwirksam
SWR1: Unseriöse Anbieter versuchen auch das 14-tägige Widerrufsrecht bei Online- oder Telefongeschäften auszuhebeln. Wie geht das?
Gerhards: Indem man eben solche online zur Verfügung gestellten Inhalte sofort nutzen kann. Das kennen wir aus dem Streamingbereich: Ich will das Video sofort anschauen – dann muss ich auf mein Widerrufsrecht verzichten, denn ich bekomme die Leistung ja sofort. Das ist so weit so stringent, aber das wird natürlich ausgenutzt.
Gerade dann, wenn das eigentlich nur ein ganz kleiner Bestandteil dessen ist, was für mich als zu coachende Person dieses Programm ausmacht, wenn ich darauf Zugriff habe und dann habe ich schon kein Widerrufsrecht mehr.
Viel wichtiger ist es ja vielleicht, dass man auch eine Livesitzung abwartet und Ähnliches. Das ist so ein Trick, wie das Widerrufsrecht dann ausgehebelt werden kann.