Heute 80, morgen 120

Lebenserwartung steigt: Wie alt können wir werden?

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Frank Jenschar
Frank Jenschar
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SWR1

Über 80 Jahre alt zu werden ist für viele kein Wunsch, sondern heute schon Realität. Aber geht da in Zukunft noch mehr?

Radikale Wissenschaftler halten Unsterblichkeit für prinzipiell möglich, andere sind da vorsichtiger, aber trotzdem optimistisch. Was ist also möglich? Darüber haben wir mit Anti-Aging-Mediziner Prof. Dr. Bernd Kleine-Gunk gesprochen.

SWR1: Welches qualitative Alter halten Sie für möglich?

Bernd Kleine-Gunk: Ich denke, 120 ist das maximale Lebensalter, was wir erreichen können, weil es Menschen gibt, die das Alter tatsächlich schon erreicht haben. Das ist vor allen Dingen die Französin Jeanne Calment, die 1997 mit 122 gestorben ist (* 21. Februar 1875 in Arles; † 4. August 1997). Ihr Alter war anhand ihrer Geburtsurkunde nachweisbar.

Seitdem ist aber niemand älter geworden. Um das maximal für den Menschen erreichbare Lebensalter zu erreichen, brauchen Sie aber schon viel Glück, gute Gene – und sollten am besten auch eine Frau sein, denn sie leben länger als Männer.

Jeanne Calment, die älteste Frau der Welt, 1997.  | Wie alt können wir in Zukunft werden?
Die Französin Jeanne Calment hält seit 1990 den Rekord des höchsten erreichten Lebensalters eines Menschen. Ob Ihr Alter in Zukunft irgendwann übertroffen werden kann?

SWR1: Welche Faktoren spielen dabei die wichtigste Rolle?

Kleine-Gunk: Die Faktoren sind, was uns unsere Oma auch schon gesagt hat: hör auf zu rauchen, beweg dich mehr und iss dein Gemüse auf. Das ist immer noch die Basis, also der Lebensstil. Man kann darüber hinaus eine Menge mehr machen: Fasten zum Beispiel, das hat sich als eine sehr effektive Anti-Aging-Maßnahme herausgestellt. Es wird jetzt diskutiert, ob bestimmte Nahrungssupplemente, demnächst vielleicht auch Medikamente, das Altern verlängern.

Was wir an zusätzlicher Lebenszeit gewinnen, müssen auch gesunde, vitale Jahre sein.

Aber im Wesentlichen ist es schon der Lebensstil, teilweise Hormonersatz und teilweise Supplementierung. Es kommen neue, teilweise auch sehr spektakuläre Ansätze dazu, wie Stammzelltechnologien oder die epigenetische Reprogrammierung (Anm. d. Red.: Dabei handelt es sich um die gezielten Beeinflussung der DNA, die unser Erbgut beeinflusst). Da werden derzeit viele Dinge diskutiert, die aber noch nicht wirklich gut abgesichert sind.

Wir sehen seit rund 100 Jahren, dass sich die durchschnittliche Lebenserwartung immer weiter entwickelt. Mitte des 19. Jahrhunderts starben die Leute im Schnitt mit 40 Jahren, heute werden wir 80 Jahre alt. Frauen werden ein bisschen älter, Männer haben da immer ein bisschen das Nachsehen, aber das ist schon mal eine Verdopplung.

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SWR1: Kann auch jemand, der Mitte 40 oder Mitte 50 ist, noch davon profitieren, wenn er jetzt anfängt, seinen Lebensstil zu verändern?

Kleine-Gunk: Ja, das denke ich schon. Natürlich wirkt Prävention immer umso besser, je früher man damit anfängt. Auf der anderen Seite muss man sagen, es ist aber auch nie zu spät, das Richtige zu tun. Es gibt sogar Untersuchungen von 80-Jährigen in Altersheimen. Wenn sie regelmäßig Sport machen, mit Bewegungstherapie oder Sonstigem, kann man sehen, dass selbst sie noch davon profitieren. Da gibt es sicherlich keine Obergrenze, wo man sagt, jetzt lohnt es sich nicht mehr.

SWR1: Können Sie uns denn versprechen, dass das Altwerden in Zukunft auch schöner wird?

Kleine-Gunk: Das ist natürlich schwierig, sowas zu versprechen. Die Amerikaner unterscheiden zwischen Lebenserwartung ("Lifespan") und Gesundheitserwartung ("Healthspan"). Beides muss natürlich Hand in Hand gehen. Niemand hat ein Interesse daran 15 Jahre länger zu leben und diese 15 Jahre in irgendeinem Pflegeheim zu verbringen. Was wir an zusätzlicher Lebenszeit gewinnen, müssen auch gesunde, vitale Jahre sein.

Das Interview führte SWR1 Moderator Frank Jenschar.

Auch in der neuen Staffel der Serie "Charité" und in der ARD Doku "Medizin von Morgen" geht es um die Zukunft der Medizin und die Möglichkeit der Unsterblichkeit. Die vierte Staffel von "Charité" läuft am Dienstag um 20:15 Uhr im Ersten.

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