Fußball | Bundesliga

Fabian Wohlgemuth: So kann der VfB die "Geschichte weiterschreiben"

Stand
Interview
Jens Ottmann
Autor/in
Johannes Holbein

Ziemlich genau ein Jahr ist Fabian Wohlgemuth nun Sportdirektor beim VfB Stuttgart. In dieser Zeit hat sich der Bundesligist enorm entwickelt. Wo kann das noch hinführen?

Fabian Wohlgemuth steht am Trainingsplatz und spricht über Stabilität. Stabilität in der Mannschaft, Stabilität im Verein. Diese Stabilität fehle dem VfB Stuttgart, sagt der Sportdirektor. Sie wiederzufinden sei auch seine Aufgabe. Wenn das gelänge, dann könne der "schlafende Riese", wie er den VfB bezeichnet, geweckt werden.

Das war im Januar 2023. Wohlgemuth hatte gerade als neuer Sportdirektor angefangen und war mit dem VfB Stuttgart im Winter-Trainingslager in Marbella. Die Sonne schien, aber die Lage beim Bundesligisten war angespannt. Der Tabellensechzehnte stand, um es mit Wohlgemuth zu sagen, "mit dem Rücken zur Wand".

Fabian Wohlgemuth: "Die Mannschaft ist zusammengewachsen"

Jetzt, ein Jahr später, steht Fabian Wohlgemuth, 44, wieder am Trainingsplatz. Diesmal nicht in Marbella, sondern in Stuttgart, wo sich der VfB auf die Rückserie vorbereitet. Diesmal ist der Himmel trüb, aber die Stimmung beim Traditionsverein aufgeklart. Hunderte euphorische Fans sind beim Trainingsauftakt. Und wieder spricht Wohlgemuth über Stabilität. "Die Mannschaft ist zusammengewachsen. Diese Stabilität muss da bleiben. Dann, glaube ich, dass wir die Geschichte weiterschreiben können."

Wohlgemuth hat kluge Transfer-Entscheidungen getroffen

Bisher geht die Geschichte so: Der VfB Stuttgart, der vor der Saison für viele ein Abstiegskandidat war, überrascht die Bundesliga mit dominantem, ansehnlichem, erfolgreichem Ballbesitz- und Offensivfußball. Er führt Gegner wie Borussia Dortmund, die auf dem Papier einige Ränge höher anzusiedeln sind, spielerisch vor. Er ist nach 16 Spieltagen Tabellendritter und steht im DFB-Pokal-Viertelfinale.

Wohlgemuth ist in dieser Geschichte (auf den ersten Blick) vielleicht nicht der Hauptcharakter, aber er ist die Figur, die im Hintergrund das große Ganze zusammenhält und mit klugen (Transfer)-Entscheidungen (etwa Mittelstädt, Stiller, Undav) maßgeblichen Anteil hat am Erfolg der vergangenen Wochen.

Stuttgart, Freiburg, Hoffenheim, Heidenheim, Mainz

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Seit 1. Januar ist das Winter-Transferfenster geöffnet. Möglicherweise werden auch die Klubs im Südwesten personell nachlegen. Nicht immer aber lohnten sich in der Vergangenheit die Nachkäufe, wie das Beispiel VfB Stuttgart zeigt.

Der VfB hat eine beachtliche Entwicklung gemacht

"Natürlich haben wir uns manchmal die Augen gerieben. Aber 'überrascht' ist das falsche Wort. Da steht eine Entwicklung dahinter", sagt Wohlgemuth. Eine Entwicklung, die mit Trainer Sebastian Hoeneß zusammenhängt, der der Mannschaft "Esprit verliehen" habe. Eine Entwicklung, die nicht am Spielfeldrand aufhört, sondern, zumindest sagt das der Sportdirektor, sich auf den gesamten Verein ausstrahlt. "Wenn es auch im Verein auf allen Ebenen, im Präsidium, im Aufsichtsrat funktioniert." Eine Entwicklung, die ihr Ende noch nicht erreicht haben soll. "Ich habe in die Augen der Spieler geguckt und keiner ist mit der Ausbeute bis jetzt zufrieden. Alle wollen weitermachen."

Wie stabil ist der VfB Stuttgart wirklich?

Nun werden die entscheidenden Fragen für den VfB im Jahr 2024 sein, inwiefern diese Stabilität, die der Sportdirektor erst gesucht, dann gefunden hat und nun nicht mehr hergeben möchte, von längerer Dauer ist. Oder ob sie sich nach einem halben Jahr in Stuttgart wieder verflüchtigt. Und die zweite Frage wird sein, wie viel Euphorie, wie viel Druck dieses bisher stabile Konstrukt aushält. Denn auch Wohlgemuth weiß: "Die Erwartungen sind gestiegen."

Die erste, große Aufgabe im neuen Jahr ist es, die vier Spieler, die beim Afrika-Cup (Silas und Guirassy) und der Asienmeisterschaft (Jeong, Ito) sind, einigermaßen würdig zu vertreten. "Die Mannschaft hat gezeigt, dass Lücken, die entstehen, auch durch Verletzungen, in der Hinrunde, dass die auch von der Bank geschlossen werden können", sagt Wohlgemuth. Dieses Team lebe vom Zusammenhalt, nicht (nur) von einzelnen, herausragenden Spielern.

Geht Guirassy? Wohlgemuth ist entspannt

Insofern ist es auch wenig überraschend, dass Wohlgemuth in Sachen Guirassy gelassen bleibt. "Da gibt es seit dem letzten Bundesligaspiel nichts Neues. Und da hoffen wir und bangen wir auch nicht, sondern sind auf alle Eventualitäten vorbereitet."

In einem Jahr hat sich beim VfB viel verändert. Das ist auch der Verdienst von Fabian Wohlgemuth. Gemeinsam mit Sebastian Hoeneß ist es ihm gelungen, den "schlafenden Riesen" zu wecken. Jetzt ist es ihre Aufgabe, ihn wach und bei Laune zu halten.

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Johannes Holbein