So lief die Saison 2024/25 bisher

Winterbilanz 1. FC Heidenheim: Zwischen Europa-Lust und Bundesliga-Frust

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Autor/in
Kersten Eichhorn

Der 1. FC Heidenheim blickt auf eine enttäuschende Winterbilanz. Erfolgreich in der Conference League, aber auch im Tabellenkeller der Bundesliga. Vor allem der Weggang von Torjäger Tim Kleindienst war nicht zu kompensieren.

So lief die Saison bisher

Von guter Stimmung zum Jahreswechsel keine Spur im Brenztal. Mit Platz 16 in der Bundesliga steht der 1. FC Heidenheim mitten im Abstiegskampf, die Talfahrt der letzten Monate ist besorgniserregend. Nach dem perfekten Start in die Saison mit zwei Siegen aus zwei Spielen waren die Schwaben sogar kurzzeitig Bundesliga-Tabellenführer. Danach aber gewann das Team von Frank Schmidt nur noch einmal: am 5. Spieltag beim 2:0 in Mainz.

Anschließend fehlten das nötige Spielglück, vor allem aber auch viel Geschick. Beim Toreschießen und auch beim Toreverhindern. Das Torverhältnis von 18:33 sagt alles. Der FCH blieb in den letzten zehn Ligaspielen sieglos, kassierte bis Weihnachten sieben Niederlagen in Serie und rutschte auf den Relegationsplatz ab. Das 0:2 zum Jahresausklang beim bis dahin noch sieglosen VfL Bochum war der Tiefpunkt. Man muss ehrlich sein: 10 Punkte aus 15 Spielen sind die Bilanz eines Abstiegskandidaten.

Eine herbe Enttäuschung war auch das frühe Ausscheiden im DFB-Pokal. Heidenheim unterlag bereits in der zweiten Runde mit 1:2 beim Zweitligisten Hertha BSC und war raus aus dem Wettbewerb. Mit jeder Niederlage, vor allem in der Bundesliga, wurde offensichtlich, dass der Weggang der drei besten Offensivspieler Tim Kleindienst, Eren Dinkci und Jan-Niklas Beste, die letzte Saison zusammen 30 Tore schossen, nicht zu kompensieren war.

"Highlight" der bisherigen Saison

Das ultimative Heidenheimer Gänsehaut-Feeling gab es am 28. November. Der ruhmreiche FC Chelsea aus London gastierte in der Conference League auf dem Schlossberg. Ein Duell, das vor Jahren noch unvorstellbar war. Glänzende Augen wohin man trotz der 0:2-Niederlage rund um die ausverkaufte Arena auch blickte. Trainer und Spieler, bei Fans und Funktionären - für alle war das "Spiel des Jahres" ein riesengroßes emotionales Erlebnis. Wie überhaupt sich der FCH im Europapokal achtbar schlug. Heidenheim überwintert in der Conference League, qualifizierte sich sogar für die Achtelfinal-Play-Offs im Februar gegen den FC Kopenhagen.

Ein spezielles historisches Highlight war auch die erste Bundesliga-Tabellenführung in der Vereinsgeschichte. Nach dem 4:0 gegen den FC Augsburg am 1. September grüßte der FCH kurzzeitig von ganz oben. Noch besser: In den ersten fünf Saisonspielen im DFB-Pokal, in der Qualifikation zur Champions League und in der Bundesliga war der FCH fünfmal in Folge siegreich. Danach aber begann die anhaltende Erfolglosigkeit.


Diese Spieler haben überzeugt

Das Rückgrat der Mannschaft bilden nach wie vor zwei Routiniers: Torhüter Kevin Müller (33) und Abwehrchef Patrick Mainka (30). Beide sind nicht zu ersetzen und spielten in der Bundesliga jede Minute durch. Aber auch die Führungsspieler waren im bisherigen Verlauf der Saison nicht fehlerfrei.

Eine der wenigen positiven Überraschungen in der Vorrunde war Stürmer Marvin Pieringer. Der 24-Jährige rückte nach dem Verkauf von Tim Kleindienst nach Mönchengladbach in die Position des zentralen Angreifers, schoss bis zu seiner Verletzung im November in der Bundesliga immerhin vier Tore. Letztlich war er von den zahlreichen Offensivspielern mitunter der einzige, der so etwas wie Torgefahr ausstrahlte.

Seinen Ruf als Ausnahmetalent bestätigte die Bayern-Leihgabe Paul Wanner. Der 19-Jährige kam immerhin auf drei Bundesligatreffer, bestach durch seine technischen Fertigkeiten. Bei der Niederlagenserie zum Jahresausklang war aber auch der junge MIttelfeldspieler überfordert und ging mit unter.

Ebenso wie Wanner startete auch Leo Scienza stark in die Saison. Der Brasilianer, der vom damaligen Drittligisten SSV Ulm gekommen war, gefiel mit seinen pfiffigen Dribblings. Gegen Ende der ersten Saisonhälfte aber galt auch für ihn dasselbe wie für Mitspieler Paul Wanner und das gesamte FCH-Team: Scienza ging die Luft aus.


Hier ist noch Luft nach oben

In seiner ersten Bundesligasaison stand der 1. FC Heidenheim vor allem bei den Laufwerten ganz weit vorne, lief sozusagen allen davon. Die Brenztäler spulten mit die meisten Kilometer ab, waren Spitzenreiter bei den Sprints und den intensiven Läufen. Inzwischen ist der FCH in diesen Statistiken nur noch Bundesliga-Mittelmaß, auch hier hat der Weggang des griffigen und laufstarken Trios Kleindienst, Dinkci und Beste große Lücken geschlagen.

Im Angriff fehlt der Knipser, die offensive Effektivität beim FCH ist verbesserungsbedürftig. Auch in der Defensive wurden immer mehr Lücken deutlich. In den letzten sechs Bundesligaspielen vor Weihnachten kassierte das Team von Frank Schmidt satte 21 Gegentreffer. Mit jeder Niederlage gingen Selbstverständnis und Selbstvertrauen verloren.

Was fehlt, sind auch die Comeback-Qualitäten: Elfmal geriet Heidenheim in der Bundesliga in Rückstand und kam nie mehr zurück, hat danach alle elf Spiele verloren. Vergangene Saison ist der FCH elfmal nach Rückstand noch zurückgekommen und gewann dabei 17 Punkte.

Schwierig mit dem bestehenden Low-Budget-Kader war die Kompensation der Doppelbelastung durch die Bundesliga und die Conference League. Bis Weihnachten hatten die Heidenheimer bereits 25 Pflichtspiele in den Beinen, so viele wie sonst nur der VfB Stuttgart und Bayer Leverkusen. Die vielen "Englischen Wochen" mit den Reisen quer durch Europa kosteten die Spieler Körner und Konzentration.

Ausblick 2025

Frank Schmidt hatte es bereits vor Saisonbeginn immer wieder betont: "Wir haben mit Platz acht in der vergangenen Runde überperformt", so der Langzeittrainer des FCH, "es geht nur um den Klassenerhalt." Der erfahrene Mann sollte Recht behalten. Mit gerade einmal drei Siegen und zehn Punkten stehen die Heidenheimer auf dem Relegationsplatz, den drohenden Absturz in die 2. Liga vor Augen. Ein Glück, dass bis jetzt mit Neuling Holstein Kiel und dem VfL Bochum zwei Teams noch weniger Zähler geholt haben, seit vielen Wochen die direkten Abstiegsplätze 17 und 18 belegen.

Noch ist also nichts verloren auf dem Heidenheimer Schlossberg, allerdings sollte dem FCH nach der dringend nötigen Weihnachtspause schnellstens der Re-Start gelingen. Vorstandsboss Holger Sanwald kündigte bereits gezielte Aktionen auf dem Wintertransfermarkt an. Dem FCH würde die eine oder andere Verstärkung sicherlich guttun, vor allem ein torgefährlicher Angreifer könnte die Nöte im Sturm lindern.

Letztlich steht der 1.FC Heidenheim zum Jahreswechsel genau da, wo man das Team bereits in der vergangenen Saison erwartet hatte. Mitten im Abstiegskampf...

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Kersten Eichhorn