Wenn Patrick Mainka sich in seinem gestreiften Trikot mit der Regenbogen-Binde am Arm auch in der Nachspielzeit wieder und wieder in Zweikämpfe wirft, grätscht, als sei die Partie gerade erst angepfiffen, und die Teamkollegen im Strafraum lautstark motiviert, dann wirkt es nicht so als sei der Kapitän der Heidenheimer nach den vielen Englischen Wochen, nach langen Reisen und neuen Routinen müde.
Aber - für Kapitän Mainka und seine Mitspieler ist all das neu. Viele Spieler haben noch nicht international gespielt, kannten den Balanceakt zwischen Bundesliga und europäischem Geschäft bisher nur von der Playstation. In dieser Saison aber ist das anders.
Heidenheim international
Der 1. FC Heidenheim international - von den Fans besungen, vom Club gefeiert, von Trainer Frank Schmidt stets als Lust denn als Last gelabelt. Aber: "Die Belastung ist hoch in den letzten Wochen. Vor allem für den Kopf", sagt Schmidt im Gespräch mit SWR Sport. Die vielen Partien, lange Abende und kurze Nächte, haben Spuren hinterlassen.
In der Bundesliga ist der FCH seit fünf Spielen ohne Sieg - und der Blick auf das Programm bis Weihnachten dürfte auf der Ostalb in der Länderspielpause nicht zwingend für Entspannung gesorgt haben.
Endgegner zum Jahresende
Nach fast zwei Wochen Training und auch mal ein paar freien Tagen wartet in der Bundesliga am Samstag (15:30 Uhr) mit Bayer Leverkusen der Meister der Vorsaison. Am 1. Advent ist dann die Frankfurter Eintracht auf der Ostalb zu Gast. Es folgen die Spiele bei den Bayern (7. Dezember, 15.30 Uhr), zu Hause gegen den VfB Stuttgart (15. Dezember, 15.30 Uhr) und kurz vor Weihnachten noch beim VfL Bochum (22. Dezember, 15.30 Uhr).
Vier Endgegner - würden die Profis an der Playstation vermutlich sagen - und dann die Reise an die Castroper Straße, die bei den Heidenheimern keiner unterschätzen wird. Frank Schmidt sagt mit Blick auf die Bundesliga deshalb: "Es geht weiter. Das ist eine herausfordernde Situation. Die wollen wir annehmen - und auch meistern."
Keine Nervosität auf der Ostalb
Nach der Niederlage gegen Wolfsburg vor der Länderspielpause ging es dem erfahrenen Coach darum, dass keiner seiner Spieler den ohnehin schon vollen Kopf auch noch hängen lässt. "Die Mannschaft braucht jetzt auch mal ein paar Tage, wo sie nicht in dem Rhythmus ist, ständig am Limit sein zu müssen." Schließlich war genau das in den vergangenen Jahren so oft das Erfolgsrezept der Heidenheimer - an oder über dem Limit zu spielen, die Grenzen zu verschieben, immer und immer wieder.
Dass Schmidt in dieser in der Liga durchaus sensiblen Phase die Fehler zwar anspricht, nach einer bitteren Niederlage wie gegen Wolfsburg aber sachlich bleibt, sein Team schützt und Fingerspitzengefühl beweist - auch für die mentale Belastung in den vergangenen Wochen und Monaten - könnte in den kommenden Wochen den Unterschied machen. Schmidt und mit ihm die Heidenheimer Verantwortlichen neigen ohnehin nicht dazu, früh nervös zu werden. Das unterscheidet den Club von der Ostalb bisweilen von der Konkurrenz.
Weiter, immer weiter
"Weiterarbeiten", brachte es Schmidt ebenso prägnant wie präzise nach dem Spiel gegen Wolfsburg auf den Punkt. "Wir hatten zuletzt nicht die Möglichkeit viel zu trainieren." Das aber änderte sich in dieser Woche. "Wir haben mit Blick auf das Spiel in Leverkusen eine normale Trainingswoche und das wird uns gut tun."
Und das nicht nur, wie Trainer und Team thematisieren könnten, woran es zuletzt in der Liga hakte – etwa, dass sich die Heidenheimer auch bei der Niederlage gegen Wolfsburg oder dem torlosen Remis gegen die TSG Hoffenheim reichlich Chancen herausspielten, allzu oft aber die Effizienz in der Offensive fehlte und nach Abpfiff neben dem tiefhängenden Nebel im Stadion das Gefühl blieb, der FCH hätte in diesen Spielen auch einen Sieg holen können.
Chelsea als Highlight-Spiel
Ganz anders ist die Gefühlslage in der Conference League. Da sind die Heidenheimer noch immer ungeschlagen, begeistern auf dem Schlossberg oder in Schottland und erwarten mit dem FC Chelsea (Donnerstag, 28. November, ab 18.45 Uhr im Livecenter der Sportschau) ein europäisches Top-Team. Die Partie zum Abschluss des eher tristen Novembers ist für die Heidenheimer ein Highlight-Spiel der Kategorie historisch.
Vielleicht wird sich Mainka auch gegen Chelsea wieder in die späten Zweikämpfe werfen, als habe es die Rückschläge und Reisestrapazen der vergangenen Wochen nicht gegeben. In der Bundesliga hat der Kapitän seit dem Aufstieg der Heidenheimer nicht eine Minute verpasst - und weiß deshalb auch, dass der FCH in der Liga zwar seit fünf Spielen ohne Sieg ist, dank des starken Saisonstarts aktuell mit zehn Punkten aus zehn Spielen aber auch nicht schlechter da steht, als in der vergangenen Saison.