Winzer im Nebenerwerb: Christopher wünscht sich, dass wieder mehr regional gekauft wird

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Autor/in
Corinna Jähn
Porträt Corinna Jähn.
Berno Graf
Porträt Berno Graf.

Christopher ist Nebenerwerbswinzer am Kaiserstuhl. Vollzeit arbeitet der 28-Jährige als Feinwerkmechaniker in der Industrie. Er erzählt, warum er nicht hauptberuflich als Winzer arbeitet.

Ich mache das als Hobby, aber möchte eine Kleinigkeit daran verdienen. Wenn ich biologisch bewirtschafte, habe ich viel mehr Kosten, die ich nicht mehr reinbekomme.

Ausbildung zum Nebenerwerbswinzer

Christopher ist seit 12 Jahren Winzer im Nebenerwerb am Kaiserstuhl oder wie er sagt „Toskana Deutschlands”. Zusammen mit seiner Mutter gehören ihm 3,5 Hektar Reben. Er bewirtschaftet davon aktuell 2,4 Hektar, aber davon kann er nicht leben. Er arbeitet Vollzeit, 40 h pro Woche, als Feinwerkmechaniker in einem Industrieunternehmen. Neben seinem Vollzeitjob führt er den Familienbetrieb in 5. Generation: „Mein Opa war knapp 80. Dann haben wir gesagt: Den Mann setzen wir nicht mehr auf den Schlepper, das mache ich. Ich habe dann mit der Sondergenehmigung den Traktorführerschein gemacht, dass ich mit 15 Jahren fahren durfte. Seither bin ich im Betrieb mit meiner Mutter zusammen.” 

Bezahlung nach Menge und Qualität der Trauben

Christopher ist Genossenschaftswinzer und erklärt: „Wir geben unsere Trauben ab und der Kellermeister macht daraus Wein. Sie werden nach Qualität eingeteilt, also nicht winzerbezogen. Natürlich wäre es schön, wenn es heißen würde: Du hast super Trauben! Wir machen nur aus deinen Trauben einen Wein. Das ist schon, worauf man hinarbeitet.” Das Geld für seine Trauben erhält er erst ein Jahr später: „Ich muss ein Jahr auf das Traubengeld warten. Und deshalb würde es mich freuen, wenn die Leute den Wein z. B. bei uns von der Genossenschaft kaufen.” Was aus seinen Trauben wird, kann Christopher selbst nicht beeinflussen. Aber er beobachtet auch den Markt: „Man muss auch mit der Zeit gehen. Man darf nicht ewig sagen: Ich mache nur Wein mit Alkohol.” Auch die Genossenschaft teste laut ihm alkoholfreien Wein: „Sie sind aktuell am Ausprobieren und das finde ich sehr gut.” 

Weinbau in Teilzeit: 65-Stunden-Woche bei Christopher? 

Christopher arbeitet parallel zu seinem Vollzeitjob in der Industrie ca. 25 Stunden pro Woche in seinen Reben. Dazu kann auch Arbeit am Wochenende im Weinberg anfallen. Der Höhepunkt des Jahres ist die Weinlese im Herbst. Dafür nimmt er seinen Jahresurlaub: „Das ist für mich einfacher, wenn ich 4 Wochen zu Hause bin und weiß: Heute gehen wir herbsten.” Wie ein Tag bei ihm ohne Urlaub aussieht? „Das kommt drauf an: Ich arbeite 2er-Schichten, d. h. Früh- und Spätschicht. Wenn ich Frühschicht habe, dann gehe ich um 5 Uhr aus dem Haus, sodass ich um 5:30 Uhr im Geschäft bin. Ich arbeite bis 14 Uhr und bin um ca. 14:30 Uhr wieder zu Hause. Ich esse eine Kleinigkeit und dann geht es in die Weinberge. Man hat das ganze Jahr Arbeit in den Reben.”

Wenn ich voll vom Weinbau abhängig wäre, kann es sein, ich habe ein Jahr nur die Hälfte von dem Verdienst, den ich mir eigentlich ausrechne – das ist mir zu unsicher. 

Weinbau: konventionell vs. bio

Christopher bewirtschaftet konventionell: „Es gibt biologische Weine, aber die werden nicht in den Mengen gekauft. Jeder will bio, aber wenn es ums Bezahlen geht, dann greift man doch zum billigen Wein. Ob bei Butter, Fleisch oder Wein – das ist überall das Gleiche. Der Bio-Wein ist auch gut, aber er kostet mehr, weil es mehr Arbeit ist.” Er ergänzt: „Ich bekomme die Mehrarbeit nicht entlohnt. Wir bewirtschaften konventionell, aber schauen, dass wir so viel wie nötig und so wenig wie möglich behandeln. Es gibt die staatliche Weinbauberatung, die immer Schreiben rausgibt, wenn wir wieder die Reben behandeln sollten. Wir halten uns an die Vorgaben.”

Christopher nimmt sich für die Weinlese seinen Jahresurlaub

Obwohl Christopher seinen Jahresurlaub für die Weinlese nutzt, schafft er es dennoch auch mal wegzufahren: „Wir fliegen halt nicht nach Griechenland, wir machen den Urlaub bei uns in der Umgebung. Oder wir fahren mit den alten Zünapp Mopeds 4 Tage in den Urlaub. Meistens gehen wir im Spätjahr ein Wochenende nach Düsseldorf.” Was er an seiner Arbeit schätzt?  

Es ist halt für mich ein Ausgleich: Ich arbeite in der Industrie. Da kriegt man zwar mit, wenn es regnet und wenn es schneit, aber du bist nicht draußen an der frischen Luft. Und wenn man dann heimkann, und man kann in die Natur gehen, das ist schon schön. 

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