Knapp 30.000 Windräder gibt es derzeit in Deutschland. Viele von ihnen haben im Laufe des kommenden Jahrzehnts ausgedient. Hitze und Kälte setzen ihnen zu, Blitzschläge verursachen Schäden, und vor allem gibt es inzwischen viel effektivere Modelle. 15.000 Rotorblätter sollen schon bald Jahr für Jahr ausrangiert werden, jedes bis zu 15 Tonnen schwer.
Windräder lassen sich nur schwer recyclen
Petra Weißhaupt untersucht beim Umweltbundesamt, was eigentlich mit Produkten passiert, wenn sie ausgedient haben. Bei den Rotorblättern von Windrädern ist das besonders schwierig. Denn einfach kleinschreddern und neue Flügel draus machen, das geht nicht.
Ein Windrad ist nämlich ein ziemlich komplexer Materialmix: Die Trägerstruktur ist oft aus Balsaholz, und drauf kommen mehrere Lagen eines Kunststoffharzes, das wiederum mit Glasfasern verstärkt ist.
Alte Windräder als Ersatzbrennstoff und als Sandersatz bei Zementherstellung
Noch dazu werden je nach Modell ganz verschiedene Kunststoffe verwendet, die man auch nicht einfach einschmelzen kann. Nur die Firma Neocomp in Bremen verwertet in Deutschland derzeit ausgediente Rotorblätter.
Der große Anteil der glasfaserverstärkten Kunststoffe wird zu einem Ersatzbrennstoff verarbeitet, der dann in einem Zementwerk stofflich-energetisch verwertet wird.
Sprich: Das Glas aus den Glasfasern wird bei der Zementherstellung statt Sand zugesetzt, und der Kunststoff einfach verbrannt. Ehemalige Hightech-Materialien dienen nur noch dazu, einen Baustoff herzustellen.
Rotorblätter dürfen nicht auf die Mülldeponie
Aber Rotorblätter dürfen nicht deponiert werden, und so dient das Verfahren vor allem dazu, dass mit ihnen überhaupt etwas passiert. Doch nicht einmal dafür wird die Recycling-Kapazität mittelfristig ausreichen, sagt das Umweltbundesamt.
Viel besser wäre es sowieso, den wertvollen Kunststoff nicht zu verbrennen, findet Christian Dreyer, Chemiker am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung.
Windräder werden chemisch in Einzelbestandteile zerlegt
Forschende der Fraunhofer-Gesellschaft tüfteln genau daran. Sie wollen das Material der Windräder besser nutzen und trennen als erstes das Balsaholz ab, das dann weiter verarbeitet wird. Erste Dämmmatten aus dem besonders leichten Holz haben die Wissenschaftler 2019 vorgestellt. Christian Dreyer nutzt außerdem eine Methode, um dem besonders hartnäckigen Kunststoff beizukommen.
Dafür muss man das Ganze erst mal wieder auseinandernehmen und auf relativ kleine Bestandteile zurückgehen. Mit dem chemischen Recycling lassen sich die einzelnen Bauteile analog zu Lego-Bausteinen auseinandernehmen und dann wieder neu zusammensetzen.
Material aus Windrädern könnte beim Autobau zum Einsatz kommen
Also ist es sinnvoll, neue Kunststoffe draus machen. Der große Vorteil: Die Glasfasern werden dabei nicht angetastet und können erneut verwendet werden. Nicht ganz in voller Länge, sonst bräuchte man ein chemisches Reaktionsgefäß, in das ein ganzer Windmühlenflügel passt - bis zu 90 Meter.
Aber in Autos könnten die wertvollen Glasfasern ein zweites Leben bekommen. Dort werden sie in Materialien eingesetzt, die das Fahrzeug leichter und sparsamer machen. Und auch das Kunststoffharz könnte aus den Bausteinen neu zusammengesetzt werden. Das funktioniert aber nicht für alle bislang verwendeten Materialien.
Keine Standards für den Bau von Rotorblättern
Leider schreibt bisher kein Standard vor, wie Rotorblätter genau zusammengesetzt sein müssen. Ideal wäre es natürlich, von vornherein Kunststoffe zu verwenden, die später wieder verwertet werden können. Petra Weißhaupt vom Umweltbundesamt fordert überhaupt mehr Forschung darüber, was da eigentlich jetzt schon in der Landschaft steht:
Erst dann können Forscher eine konsequente Strategie zum Recycling von Windrädern entwickeln. Auch das ist nötig für eine nachhaltige Energiewende.