Erstes Antibiotikum

Wie Alexander Fleming vor 95 Jahren das Penicillin entdeckte

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Autor/in
Nina Kunze
Nina Kunze ist Reporterin und Redakteurin bei SWR Wissen aktuell
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Leila Boucheligua

Was der Forscher Alexander Fleming 1928 in seinen unachtsam liegen gelassenen Petrischalen entdeckt, hat die Medizin revolutioniert und ihm später einen Nobelpreis beschert. Die Entdeckung des Antibiotikums Penicillin war ein großer Zufall.

Es ist der 3. September 1928, ein Montag. Der britische Bakteriologe Alexander Fleming kehrt nach seinem Urlaub zurück in sein Labor. Beim Aufräumen stellt Fleming fest: Auf einigen liegen gebliebenen Schalen mit Bakterienkulturen haben sich in der Zwischenzeit Schimmelpilze breitgemacht.

Da fällt dem damals 47-Jährigen etwas Ungewöhnliches auf: Um einen der Schimmelpilze hat sich ein Kreis gebildet, in dem keine Bakterien wachsen. 

Der Pilz gehört zur Gattung der Pinselschimmel, auf Lateinisch: Penicillium. Fleming findet heraus, dass er eine Substanz absondert, die auf viele Bakterienstämme tödlich wirkt. Er nennt sie Penicillin. Es ist die Geburtsstunde des berühmtesten Antibiotikums der Welt. 

Langer Weg von Entdeckung zur Anwendung

Auf die Idee, das Penicillin als Medikament bei bakteriellen Infektionen zu verwenden, kommt Fleming allerdings nicht. Auch seine wissenschaftliche Veröffentlichung über das Penicillin findet zunächst wenig Beachtung.

Bis zu den ersten Tests von Penicillin an Patienten vergehen noch mehr als zehn Jahre – und der erhoffte Erfolg bleibt erstmal aus: Den Patienten geht es zwar zunächst besser, für eine vollständige Heilung ist der Penicillin-Vorrat jedoch nicht ausreichend. 

Mikroskopische Aufnahme des Pinselschimmels
Der bakterienabtötende Stoff Penicillin wird von dem Pinselschimmel (lateinisch: Penicillium) gebildet. Diese Entdeckung machte Fleming vor 95 Jahren zufällig und brachte damit das erste Antibiotikum auf den Weg.

Einsatz des Antibiotikums zur Behandlung von Soldaten

Doch dann geht alles sehr schnell: Innerhalb weniger Jahre wird die Penicillin-Produktion in den USA stark hochgefahren. Das Medikament soll verwundeten Soldaten zugutekommen, wenn die Alliierten in der Normandie landen. 

In einem Interview mit der BBC erinnert sich Fleming:  

Innerhalb von nur 5 Jahren war Penicillin allgemein verfügbar. Und in dieser kurzen Zeit sorgten Penicillin und andere Antibiotika dafür, dass die medizinischen Lehrbücher sämtlich umgeschrieben werden mussten.

Auch in den Nachkriegsjahren ist Penicillin hoch begehrt. So begehrt, dass sich sogar ein Schwarzmarkt etabliert. Im berühmten Film „Der dritte Mann“ aus dem Jahr 1949 spielt der britische Schauspieler Orson Welles den Schurken Harry Lime, der im besetzten Wien mit seinen Komplizen gestohlenes und gestrecktes Penicillin vertickt. 

Heute sind viele Keime resistent gegen Antibiotika

Lange Zeit galt Penicillin als Allzweckwaffe gegen bakterielle Erkrankungen. Doch heutzutage haben viele Keime Resistenzen gegen Penicillin und andere Antibiotika entwickelt. Dennoch ist Penicillin weiterhin ein viel eingesetztes Mittel gegen bakterielle Infektionen.  

Im Jahr 1945 erhält Alexander Fleming den Nobelpreis für Medizin – zusammen mit den beiden Forschern, die das Penicillin erstmals an Patienten getestet haben. Über seinen Beitrag zur Entdeckung zeigt sich Fleming im Interview mit der BBC sehr dankbar: 

Wir leben gewiss in wundersamen Zeiten. Und als das Penicillin erstmals auftauchte, hatte weder ich noch irgendwer sonst die geringste Vorstellung von dem enormen Einfluss, den das Penicillin und andere Antibiotika auf die Medizin haben würden. Es ist eine enorme Befriedigung, an dieser segensreichen Revolution mitgewirkt zu haben.

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