Toxikologie

Was manche Pilze giftig macht

Stand
Autor/in
Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell.
Onlinefassung
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.

Jetzt sprießen sie wieder überall: Pilze. Und sie locken Scharen von Pilzsammlern in die Wälder. Doch mit Pilzvergiftungen ist nicht zu spaßen. Anja Braun aus der SWR Wissenschaftsredaktion beantwortet die wichtigsten Fragen.

Welches sind die häufigsten Giftstoffe, die in Pilzen vorkommen?
Wie werden Pilzvergiftungen behandelt?
Wie und woran erkenne ich giftige Pilze?
Kann man sich durch angegammelte, eigentlich genießbare Pilze vergiften?

Welches sind die häufigsten Giftstoffe, die in Pilzen vorkommen?

Pilzgifte sind einfach giftige Stoffwechselbestandteile von Pilzen. In den giftigen Pilzen kommen die in so hohen Konzentrationen vor, dass sie zu Vergiftungen bei Menschen und auch Tieren führen, wenn sie von ihnen gegessen werden. Dabei sind es Protoplasmagifte, Nervengifte und lokal wirkende Gifte.

Der tückischste und tödlichste Pilz in unseren Gegenden ist der Knollenblätterpilz, der auch gern als Death Cap - also Todeshaube bezeichnet wird. Er soll weltweit für mehr als 90 Prozent der Todesfälle nach Pilzvergiftungen verantwortlich sein.

Viele Menschen suchen im Herbst nach Pilzen. Doch einige Pilze sind giftig. Fatal: Giftige Pilze können zunächst sogar gut schmecken - auch der hochgiftige Grüne Knollenblätterpilz. Was manche Pilze giftig macht:
Viele Menschen suchen im Herbst nach Pilzen. Doch einige Pilze sind giftig. Fatal: Giftige Pilze können zunächst sogar gut schmecken - auch der hochgiftige Grüne Knollenblätterpilz.

Tatsächlich enthält der Grüne Knollenblätterpilz sogenannte Amatoxine, das sind Gifte, die sich meist erst ein bis zwei Tage nach dem Verzehr in unserem Körper bemerkbar machen. Die Amatoxine zerstören die Leber. Im schlimmsten Fall kann eine Knollenblätterpilz-Vergiftung zum Leberversagen führen.

Dann gibt es Pilze, die Nervengifte enthalten. Die führen schon kurz nach dem Verzehr zu Vergiftungserscheinungen - also in der Regel nach ein paar Minuten. Hier ist zum Beispiel der ziegelrote Risspilz zu nennen.

Der Ziegelrote Risspilz enthält ein Nervengift, dessen Wirkung nach dem Essen schon nach wenigen Minuten zu spüren ist. Beim Grünen Knollenblätterpilz tritt die Giftwirkung meist erst nach ein bis zwei Tagen auf. Dann ist es möglicherweise für Gegenmaßnahmen schon zu spät.
Der Ziegelrote Risspilz enthält ein Nervengift, dessen Wirkung nach dem Essen schon nach wenigen Minuten zu spüren ist. Beim Grünen Knollenblätterpilz tritt die Giftwirkung meist erst nach ein bis zwei Tagen auf. Dann ist es möglicherweise für Gegenmaßnahmen schon zu spät.

Und schließlich gibt es die am wenigsten gefährlichen Giftpilze. Sie enthalten lokal wirkende Gifte, die in der Regel auch zu weniger starken Vergiftungen führen und seltener tödlich sind. Ein Beispiel ist der Birkenmilchling

Wie werden Pilzvergiftungen behandelt?

Je schneller man in die Klinik kommt, umso besser. In der Klinik geben Ärztinnen und Ärzte oft hochdosierte medizinische Kohle, die das Gift der Pilze noch im Magen binden kann. Die Weiterbehandlung hängt dann von der Art der Vergiftung ab.

Am kritischsten ist sicher die Vergiftung mit dem Knollenblätterpilz. Da gibt es ein Gegengift, das die Aufnahme des Pilzgiftes in die Leberzellen verhindern kann. Das muss aber früh gegeben werden. Mit der Zeit schreitet die Leberzersetzung sonst immer weiter voran. Ist der Prozess nicht mehr aufzuhalten, hilft nur eine Lebertransplantation, bevor weitere Organe versagen, zum Beispiel die Nieren.

Wer glaubt, sich durch den Verzehr von Pilzen vergiftet zu haben, sollte schnell ärztliche Hilfe suchen - sofort den Notruf wählen oder eine der Giftnotrufzentralen kontaktieren. Symptome können übrigens sehr kurz nach der Mahlzeit beginnen, die gefährlicheren Vergiftungen dagegen machen sich leider erst ein bis zwei Tage nach dem Verzehr bemerkbar.

Die Unterscheidung verschiedener Pilzarten erfordert sehr viel Erfahrung. Im Zweifelfall sollte man sich lieber geführten Pilzwanderungen mit fachlicher Begleitung anschließen. Auf Pilzsuch-Apps und die Google-Bildersuche kann man sich leider nicht immer verlassen.
Die Unterscheidung verschiedener Pilzarten erfordert sehr viel Erfahrung. Im Zweifelfall sollte man sich lieber geführten Pilzwanderungen mit fachlicher Begleitung anschließen. Auf Pilzsuch-Apps und die Google-Bildersuche kann man sich leider nicht immer verlassen.

Wie und woran erkenne ich giftige Pilze?

Eigentlich ist das viel Erfahrungswissen - also man muss sich mit Pilzen sehr gut auskennen oder jemanden mitnehmen zum Pilzsuchen, der sich wirklich sehr gut auskennt. Am Geruch oder Geschmack lassen sich giftige Pilze leider nicht erkennen.

Der Knollenblätterpilz soll sogar angeblich gut schmecken und riechen - das haben Überlebende im Nachhinein berichtet. Auch die Mär vom Mitkochen eines silbernen Löffels, der unverfärbt anzeigt, dass kein Giftpilz im Topf ist, ist leider nicht haltbar. Und bloßes Abkochen der Pilze nutzt auch nichts, da viele der Pilzgifte wärmestabil sind und durch Abkochen nicht unschädlich zu machen sind.

Giftpilz bleibt Giftpilz: Das Gift in einigen Pilzen wird durch den Prozess des Kochens in der Regel nicht abgebaut. Allerdings mindert der Kochprozess die Gefahr, sich mit dem Fuchsbandwurm zu infizieren.
Giftpilz bleibt Giftpilz: Das Gift in einigen Pilzen wird durch den Prozess des Kochens in der Regel nicht abgebaut. Allerdings mindert der Kochprozess die Gefahr, sich mit dem Fuchsbandwurm zu infizieren.

Viele Menschen benutzen mittlerweile Pilzsuch-Apps oder die Google-Bildersuche. Darauf sollte man sich aber keinesfalls verlassen, denn die Auskünfte sind nie hundertprozentig sicher. Es kommen oft Fehler vor.
Ein Tipp für Neulinge ist: nur Röhrlinge sammeln, also keine Pilze mit Lamellen. Denn Röhrlinge sind immerhin nicht giftig.

Man hört immer wieder, dass Menschen sich durch genießbare Pilze vergiftet haben, die schon etwas angegammelt waren. Geht das?

Ja, das nennt man "unechte" Pilzvergiftungen. Sie können passieren, wenn man alte, matschige, zerfressene und schon ein bisschen angegammelte Pilze isst. In der Regel sind die einfach nicht mehr gut, das heißt, die Zersetzung des Pilzeiweißes hat begonnen und das kann zu einer Lebensmittelvergiftung führen - ähnlich wie bei verdorbenem Fleisch. Daher sollte man nur junge Pilze sammeln.

Außerdem verderben viele Waldpilze, vor allem Steinpilze und Maronen, ziemlich schnell - also ähnlich wie rohes Hackfleisch oder Fisch. Sie sollten innerhalb von 24 Stunden zubereitet werden. Und alle essbaren Pilze - außer Champignons - sollten nur gekocht oder gebraten verzehrt und mindestens 15 Minuten gegart werden. Dann sterben zum Beispiel auch die Eier des Fuchsbandwurmes ab, die viele Pilze in sich tragen.

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