In ausgeräumten Kulturlandschaften, wo vor allem Nutzpflanzen wie Weizen oder Mais wachsen, finden Vögel immer weniger Nahrung, klagt der Naturschützer. Es fehle an Samen von Wildkräutern und an Insekten. Die Folge: Wir verlieren jedes Jahr ungefähr ein Prozent unserer Vögel. Wo früher einmal zehn Vögel gesungen haben, höre man heute nur noch zwei.
Kraftakt im Sommerhalbjahr
Anders als viele vermuten, brauchen Vögel im Frühjahr und Sommer besonders viel Energie, erklärt der Fachmann.
Wenn die Menschen nicht zufüttern und die Vogeleltern die wenige Nahrung, die sie finden, selbst fressen müssen, dann verhungern die Jungen in den Nestern und der Bruterfolg geht dramatisch zurück, warnt Berthold. Für ihn ist Zufüttern darum ein Muss.
Vögel werden nicht faul
Den Einwand, Vögel könnten durch die Fütterung bequem oder abhängig werden, lässt der Ornithologe nicht gelten. In Jahren, in denen die Buchen viele Eckern tragen, könne er sich vor Anrufen nicht retten. Die Leute wollen dann wissen, warum sich keine Vögel an der Futterstelle zeigen. Die Antwort: Die Vögel sind alle im Wald und fressen Bucheckern. Auch an Tagen, an denen es mal viele Insekten gibt, etwa wenn Ameisen schwärmen, zeigten sich an der Futterstelle keine Vögel. Darum ist Berthold überzeugt: wildlebende Vögel lassen sich nicht durchfüttern, sondern nur bei Bedarf unterstützen. Trotzdem ist das Füttern unter Vogelfreunden umstritten.
Welche Vögel profitieren
Umweltverbände weisen darauf hin, dass das Futter vor allem Vögeln zugute komme, die gar nicht gefährdet seien – wie Meisen, Finken oder Rotkehlchen. Peter Berthold hält dagegen:
Natürlich kann man längst nicht alle Arten durch die Fütterung erreichen, das ist auch Peter Berthold klar – keine Chance etwa bei Mehlschwalben oder bei Grauschnäppern, die im Flug Insekten jagen.
Aber gut und dauerhaft geführte Futterstellen würden in Europa von über 100 Vogelarten besucht, darunter auch solchen, die in Deutschland durchaus auf der Roten Liste stehen – wie der Bluthänfling oder der Star.
Vogelfutter schädlich für Jungvögel?
Eine andere Sorge mancher Vogelfreunde betrifft das Futter in der Brutzeit von April bis Juni. Der Naturschutzbund NABU etwa schreibt, an großen Erdnuss-Bruchstücken oder Sonnenblumenkernen könnten Jungvögel ersticken. Berichtet wird auch von Magen- und Darmverschlüssen bei Jungvögeln.
Ornithologe Berthold nennt das "ein Märchen aus 1001 Nacht". Ungeeignetes Futter wird von gesunden Jungvögeln meist rasch ausgeschleudert, sagt er. Allerdings legen Meisen in der freien Natur oft viele Eier. Wenn es zu wenige Insekten gibt, um die Jungen zu füttern, wird ein Teil des Nachwuchses gar nicht flügge, sondern stirbt langsam ab. Aber selbst kurz vor dem Tod sperren die Nesthäkchen noch den Schnabel auf. Deshalb finde man manchmal tote Jungvögel mit dem letzten Bissen im Rachen - eine Raupe, eine Fliege, ein Stück Erdnuss - aber sie seien nicht daran gestorben.
Fett ist ein guter Energielieferant
Einzelne Studien legen nahe, dass Fettfutter Meisen eher schadet, etwa Meisenknödel. Für Berthold sind das Ausreißer. Es gebe viele andere Studien, die zeigten, dass gerade Meisenknödel das bestmögliche Futter in der Brutzeit sind, in der die Vögel sehr viel fliegen müssen.
Insgesamt belegten zahlreiche Untersuchungen aus aller Welt, dass Vögel von der Ganzjahresfütterung profitieren. In seinem Buch übers Vogelfüttern führt er sie auf.
Langfristziel: ein bundesweiter Biotopverbund
Die ganze Diskussion ums Vogelfüttern wäre überflüssig, wenn die Vögel in Natur und Kulturlandschaft ausreichend Nahrung fänden, meint Peter Berthold. Er kämpft darum für einen deutschlandweiten Verbund von Biotopen.
In der Zwischenzeit aber sieht der Fachmann im Vogelfüttern eine wirksame Sofort-Hilfe, am besten in einem naturnahen Garten, in dem es auch Samen, Beeren, Früchte und Insekten für die Vögel gibt.