Plage auch im Südwesten

Tigermücken: So gefährlich sind sie wirklich

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Autor/in
Janina Schreiber
Bild von Janina Schreiber, Redakteurin in der SWR-Umweltredaktion

Sommer, Sonne, Mückenstiche. In den vergangenen Jahren hat sich auch in Deutschland zunehmend die Asiatische Tigermücke verbreitet. Das könnte ein Problem werden.

In Straßburg haben viele Menschen gerade wieder Insektizid durch die Luft gesprüht. Denn sie sind im Kampf gegen die Tigermücke (Aedes). Sie ist kleiner als ein Cent-Stück und doch haben viele Menschen große Bedenken, von ihr gestochen zu werden: Die Asiatische Tigermücke kann weit mehr als zwanzig Krankheitserreger übertragen. Die meisten sind aus den Tropen bekannt. Darunter das Dengue-, Chikungunya-, West-Nil-, Gelbfieber- und Zika-Virus. Doch übertragen sie das auch, wenn die Tigermücken hier aufgewachsen sind?

Wie viele Tigermücken gibt es bereits bei uns?

Im Südwesten – vor allem entlang des Rheins, also vorwiegend in Baden-Württemberg – liegen viele sogenannte Gunsträume der Tigermücke. Auch der südliche Teil von Baden-Württemberg, wie zum Beispiel der Raum Freiburg, ist bekannt für Tigermückenpopulationen. Auch in Rheinland-Pfalz gibt es Populationen entlang des Rheins und im hessischen Rhein-Main-Gebiet. Vereinzelt wurden sie im Saarland sowie in Bayern, Berlin und Thüringen entdeckt. In vielen Fällen informieren die lokalen Gesundheitsbehörden auf ihren Internetseiten über die aktuelle Tigermücken-Situation vor Ort.

Der Südwesten ist deshalb so betroffen, weil sich die Tigermücke schon seit den 1990er-Jahren massiv in Italien, Griechenland und Frankreich ausbreitet, wie das Friedrich-Löffler-Institut angibt. Hier sei die Population schon so groß, dass sie nicht mehr zu kontrollieren ist.

Erhöht sich dadurch die Wahrscheinlichkeit gestochen zu werden?

Grundsätzlich gilt: Je größer die Population, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion. Das gilt auch für die Situation im Südwesten: Je mehr Tigermücken sich ungestört hier ausbreiten können, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Infektionen. Und auch der Klimawandel spielt eine Rolle. Er begünstigt durch mildere Winter und höhere Sommertemperaturen die Überwinterung und Vermehrung der Mücken. Und dieser Trend ist laut Experten erst der Anfang.

"Wenn wir davon ausgehen, dass die Sommer so warm sind wie die vorigen, werden die Populationen zunehmen."

Außerdem können sich die Viren in den Stechmücken bei warmen Temperaturen besser vermehren. Deshalb rechnet das Robert Koch-Institut (RKI) bei mehr und wärmeren Sommermonaten und mit mehr Chikungunya- und Dengue-Virus-Infektionen. Durch wärmere Temperaturen werden übrigens auch einheimische Mückenarten zur Gefahr. Seit mehreren Jahren beobachtet das Bernhard-Nocht-Insitut für Tropenmedizin, wie sich das West-Nil-Virus unter unseren heimischen Hausmücken (Culex Pipiens) verbreitet und in ihnen überwintern kann. Seit 2019 beobachten Fachleute, dass sich - vor allem in Ost-Deutschland - auch Menschen durch Mückenstiche damit infizieren. Weil allerdings nur ein kleiner Teil der Infizierten auch Symptome zeigt, geht das RKI davon aus, dass es weitere nicht-diagnostizierte Infektionen gab.

Nicht jeder Stich bringt eine Infektion mit sich

Was sowohl die Tigermücke als auch die Hausmücke betrifft: Wenn eine Stechmücke hier in Deutschland aufwächst, kann sie nur dann Krankheiten übertragen, wenn sie einen Menschen stechen, der das Virus aus dem Ausland eingeschleppt hat. Die Aufregung im Straßburger Stadtteil Krutenau ist auch deshalb so groß, weil sich dort eine an Dengue-Fieber-erkrankte Person aufhielt. Diese hatte sich das Dengue-Fieber nach Angaben der Präfektur allerdings bereits im tropischen Ausland zugezogen.

Wie funktioniert die Übertragung?

Mücken-Weibchen müssen dafür zuerst an einer infizierten Person Blut saugen und das Virus aufnehmen. Beim nächsten Stich können sie es dann auf einen gesunden Menschen übertragen. Das bedeutet, nicht jede Tigermücke ist per se infiziert. Forschende schätzen, dass diese Infektionsquellen hier noch selten vorkommen. Zudem muss das Wetter warm genug sein, damit die Vermehrung des Virus in acht bis 14 Tagen stattfindet. Da die Tigermücke nur ein begrenztes Leben von etwa drei bis vier Wochen hat und das Wetter eine wesentliche Rolle spielt, ist das Zeitfenster zur Krankheitsübertragung auf den Menschen relativ kurz.  

Laut RKI ist das Risiko für eine Übertragung in Deutschland zwar gering. Und bislang wurden hierzulande auch noch keine Übertragung tropischer Viren durch Tigermücken nachgewiesen - durch heimische Mücken allerdings schon. Deshalb halten es Forschende aufgrund der globalen Erwärmung aber nur noch für eine Frage der Zeit, bis auch Infektionen auf den Stich einer Tigermücke zurückgehen. Durch den Klimawandel sind auch in Deutschland Mittelmeertemperaturen zu erwarten. Und tatsächlich gab es in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal bereits Ausbrüche von Tropenkrankheiten, die nachweislich von der Tigermücke übertragen wurde.

Wie unterscheide ich Tigermücke von heimischen Mücken?

Aussehen: Die Asiatische Tigermücke hat eine charakteristische Schwarz-Weiß-Musterung auf Körper und Beinen, ähnlich gestreift wie ein Tiger. Viele unserer heimischen Mückenarten sind einfarbig mit einheitlicher Körper- und Flügelfärbung, meist grau bis bräunlich und etwas größer als eine Tigermücke. Die gemeine Hausmücke (Culex pipiens) hat einen gelb-braunen Körper.

Stechmücke und Tigermücke, nebeneinander im Vergleich
Stechmücke und Tigermücke (rechts). Der tropische Vertreter ist gekommen, um zu bleiben.

Verwechslungsgefahr: Unsere heimische Ringelmücke sieht der Tigermücke sehr ähnlich, denn auch sie ist gemustert. Sie hat allerdings statt eines schwarzen einen eher gelb-braunen Körper und ist 15 Millimeter groß. Die Tigermücke kommt nur auf zehn Millimeter.

Aktivitätszeit: Viele unserer heimischen Mückenarten kommen vor allem in den Abend- und Nachtstunden raus. Die Tigermücke ist dagegen tagaktiv und laut Forschenden "sehr stechfreudig".

Lebensraum: Heimische Mücken leben bevorzugt an Gewässern. Tigermücken aber können sich wegen ihrer hohen Anpassungsfähigkeit in verschiedenen Lebensräumen ansiedeln - auch kleine Wasseransammlungen sind für sie schon ausreichend, wie zum Beispiel eine Pfütze. 

Warum sind manche Mückenstiche schmerzhafter als andere?

Bei einem Stich indizieren die Mücken Eiweiße in unsere Haut. Diese können den typischen Juckreiz auslösen. Hier raten Mediziner zu einem Wärmestift. Diese denaturieren die Eiweiße und sollten den Juckreiz unterdrücken. Dem entgegenzuwirken, macht Sinn. Denn fangen wir dann an, dem Juckreiz nachzugeben, vergrößern wir das Einstichloch in unserer Haut. Keime können einfacher eindringen und Entzündungen auslösen.

Außerdem sind häufig auch Bakterien oder Viren, die wir unter unseren Fingernägeln haben, und mit dem Kratzen in die Wunde befördern, mit dafür verantwortlich, dass sich Mückenstiche entzünden. Hier hilft laut Fachleuten kühlen. Sollte eine lokale Rötung auch nach Tag drei nicht von selbst heilen, oder sollten sich grippale Symptome zeigen, dann heißt es: Ab zum Arzt!

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