Mit den Starlink-Satelliten soll das Internet auch an abgelegenen Orten der Welt verfügbar gemacht werden. Es ist eines der Projekte des Unternehers Elon Musk, der auch in der Raumfahrt und der E-Mobilität aktiv ist.
Jedoch behindern die Satelliten die astronomische Forschung durch störende Strahlung. Konkret werden Radioteleskope so behindert, dass sie die Radioquellen aus der Tiefe des Alls nicht mehr messen können. Impuls-Moderator Stefan Troendle sprach mit dem Radioastronomen Benjamin Winkel, der sich um eines dieser riesigen Teleskope in Effelsberg in der Eifel kümmert.
Radiostrahlung von Technik stört Messungen der Radioteleskope
SWR: Welche Probleme für die Radioastronomie gibt es durch Satelliten?
Winkel: Wir haben in der Radioastronomie das Ziel, Radiowellen aus dem Universum zu empfangen. Radiowellen kann man zwar nicht mit den menschlichen Sinnen erfassen, sind aber trotzdem etwas, was unsere moderne Gesellschaft gar nicht mehr wegdenken kann.
Zum Beispiel alle Mobilfunknetze, im Grunde alles, was drahtlose Kommunikation nutzt, funktioniert mit Radiowellen. Das ist dann das erste Problem, was Radioastronomen haben.
SWR: Aber Satelliten müssen ja senden, also dafür sind die doch im All, oder?
Winkel: Genau, Satelliten müssen senden, aber Astronomen würden natürlich gerne sämtliche Frequenzen, die wir aus dem Universum gesendet bekommen, auch hier sehen können und das geht dann schon mal nicht.
50 Jahre Radioteleskop Effelsberg
Leckstrahlung von Starlink-Satelliten entdeckt
Wir haben letzte Woche in unserer Arbeitsgruppe ein neues wissenschaftliches Paper veröffentlicht. Wir hatten letztes Jahr schon gefunden, dass von den Starlink-Satelliten auch noch ungewünschte Radiowellen ausgehen. Die kann man auch als Leckstrahlung bezeichnen. Das kommt von der Bordelektronik, die zum Beispiel mit den Solarpanelen, der Stromversorgung oder den Antrieben zusammenhängt.
SWR: Muss ich mir das so vorstellen, wie wenn ich zu Hause ein Kabel habe, das jetzt nicht richtig abgeschirmt ist?
Winkel: Ja, genau das sind ähnliche Effekte. Tatsächlich senden ganz viele Geräte, die wir im alltäglichen Gebrauch haben, diese Strahlung aus, aber auf einem relativ niedrigen Niveau.
Designänderungen haben Leckstrahlung der Starlink-Satelliten teilweise reduziert
Wir hatten deswegen schon lange auch die Vermutung, dass Satelliten auch Leckstrahlung emittieren. Wir haben dann einfach mal angefangen, nachzumessen und haben dann letztes Jahr gefunden, dass Starlink tatsächlich solche Leckstrahlung produziert.
Wir waren mit Starlink dann in Gesprächen und die konnten tatsächlich durch Designänderungen an ihren Satelliten auch eine Verbesserung herbeiführen. Jetzt waren wir allerdings etwas überrascht, dass die neuen Mini-Satelliten der zweiten Generation wieder heller geworden sind, was die Leckstrahlung angeht.
Das steckt hinter der Lichterkette am Himmel über BW
SWR: Ist das denn nur bei Starlink so?
Winkel: Also bisher müssen wir sagen, dass wir hauptsächlich Starlink tatsächlich so leicht detektieren konnten. Ich gehe davon aus, dass andere Satellitenbetreiber auch Leckstrahlung auf ihren Satelliten produzieren.
SWR: Was ist das für ein Effekt, den diese Störstrahlung bewirkt? Können sie bestimmte Sachen dann nicht sehen?
Winkel: Das ist natürlich ein gradueller Effekt. Die Stärke der Störstrahlung ist dann dafür ausschlaggebend, wie stark unsere Messungen gestört werden.
Erforschung des Weltalls ist behindert durch störende Leckstrahlung
Winkel: Für bestimmte Sachen wird das einfach dazu führen, dass wir etwas länger beobachten müssen, weil wir ein paar Datenpakete aus unseren Daten wegwerfen müssen. Und es gibt aber auch Projekte, für die kann das dann schon kritisch werden, so dass wir die eventuell gar nicht mehr durchführen können.
Es wäre schon sehr wichtig, dass dort gehandelt wird, vor allem auch, weil ja immer mehr Satelliten in den Orbit gebracht werden sollen. Die wird dann auch immer gravierendere Auswirkungen auf die Astronomie haben.
Radioastronomie auch wichtig für Satellitenbetreiber
SWR: Was untersuchen Sie genau mithilfe von Radioteleskopen?
Winkel: Die Kollegen in Holland arbeiten zum Beispiel mit dem sogenannten LOFAR Radioteleskop. Das ist ein sehr spezielles Teleskop, weil das Aussenstationen in ganz Europa hat und damit auch sehr hohe Bildauflösungen erzeugen kann.
Beispielsweise werden dort sogenannte Pulsare vermessen, das sind spezielle Neutronensterne. Wir können dann mit diesen Pulsaren die Grenzen der Physik ausloten. Es gibt Effekte in der allgemeinen Relativitätstheorie, die kann man im Labor gar nicht nachprüfen.
Ein anderes Beispiel wäre, dass man damit die Sonne beobachtet. Das ist auch wichtig für das Weltraumwetter, also Sonnenstürme. Die können durchaus auch gravierende Auswirkungen haben für die Infrastruktur im Weltraum, aber auch für unseren Elektrizitätsnetze.
Also tragen wir mit dazu bei, dass solche Sonnenstürme frühzeitig erkannt werden können, die ja die Satellitenbetreiber auch dann als Vorwarnzeit brauchen, um ihre eigenen Systeme zu schützen.
SWR: Müssten Satellitenbetreiber nicht sofort reagieren, wenn solche Strahlungsprobleme entdeckt werden?
Winkel: Tatsächlich müssen die das nicht, weil es dafür eigentlich keine richtige Regulierung gibt. Wir haben im Moment das Glück, dass gerade Space X gut mit uns zusammenarbeitet. Die sind eigentlich auch sehr interessiert daran, wenn wir solche Ergebnisse haben und versuchen, die Situation zu verbessern.