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Starliner-Problem ungelöst: NASA-Astronauten stecken auf ISS fest

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Autor/in
Uwe Gradwohl
Uwe Gradwohl, Leiter der Redaktion SWR Wissen Aktuell.
David Beck
Bild von David Beck, Reporter und Redakteur SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR Kultur Impuls.
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Lilly Zerbst
Portraitbild der Reporterin Lilly Zerbst.

Eigentlich sollten die NASA-Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams nur etwa zehn Tage an Bord der Internationalen Raumstation ISS sein. Daraus könnten jetzt neun Monate werden. Schuld sind die Probleme mit dem Boeing-Raumschiff Starliner.

Seit dem sechsten Juni sind die NASA-Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams auf der Internationalen Raumstation ISS. Bisher haben NASA und Boeing die Probleme mit ihrem Raumschiff Starliner heruntergespielt, aber jetzt macht auch die NASA ernst: Es besteht die Option, dass Wilmore und Williams nicht mit dem Starliner zurückfliegen.

Eigentlich sind die beiden 'nur' die Testbesatzung des ersten astronautischen Flugs des Starliners, eines neu entwickelten Raumschiffs von Boeing. Doch das machte bereits auf dem Hinflug zur ISS Probleme. Beim Andocken an die Station sind fünf der 28 Triebwerke ausgefallen. Erst im zweiten Versuch klappte das Manöver.

Start des Starliners zur ISS im Juni 2024 - an Bord sind zwei NASA Astronauten
Mehr als zwei Monate nach dem Start des Starliners zur ISS sitzen die beiden NASA Astronauten noch immer auf der Raumstation fest.

NASA-Astronauten könnten neun Monate auf ISS festsitzen

Statt einem Rückflug mit dem Starliner schlägt die NASA nun vor, ein halb leeres Raumschiff zur ISS zu schicken. Der nächste Flug zur ISS ist für Ende September geplant. Wenn dann statt vier Personen nur zwei an Bord sind, bleiben zwei Sitze frei, die beim Rückflug zur Erde von Wilmore und Williams eingenommen werden könnten.

Wir könnten sie mit einem anderen Raumschiff zurückbringen.

Besonders peinlich für Boeing: Es wäre die Crew Dragon des Konkurrenten Space-X, mit dem Wilmore und Williams zur Erde zurückkehren würden. Der Starliner müsste in dem Fall schon vor dem Start der halbleeren Crew Dragon von der ISS abdocken und ohne Besatzung zurückfliegen.

Allerdings würde dann der Rückflug von Wilmore und Williams frühestens im Februar oder sogar erst im März 2025 von der ISS abdocken. Statt zehn Tagen hätte der Aufenthalt der ersten Starliner-Crew auf der ISS dann mindestens knappe neun Monate gedauert.

Neun Astronautinnen und Astronauten an Bord der ISS.
Die Starliner-Panne sorgt für Stau auf der ISS. Statt wie im Normalfall sechs Personen sind aktuell neun Astronautinnen und Astronauten an Bord.

Grund für Triebwerk-Ausfall des Starliners bleibt ungeklärt

Trotz aller Tests an baugleichen Triebwerken in Laboren und trotz aller Checks an dem seit Wochen an der ISS Angedockten Starliner wurde kein eindeutiger Grund für das Versagen der Triebwerke gefunden.

Eine Vermutung lautet, die Triebwerke neigten zur Überhitzung. Deshalb würden sich Kunststoffteile verbiegen, sodass deren Beschichtung abplatzt und die abgeplatzten Krümel dann die Funktion der Triebwerke beeinträchtigten. Doch nicht alle Experten sehen dies als die entscheidende Fehlerkette.

Starliners an der ISS angedockt
Nach einer Triebwerks-Panne glückte der zweite Andock-Versuch des Starliners an der ISS.

Das liegt auch daran, dass die fehlerhaften Triebwerke des Starliners bei einem Test, während das Raumschiff an die ISS angedockt war, auf einmal wieder fast die volle Leistung zeigten. Woran diese spontane Selbstreparatur liegt, kann derzeit niemand erklären.

Entscheidet sich der NASA-Chef für die 'sichere Variante' für den Rückflug?

Während Boeing-Ingenieure davon überzeugt sind, dass die beiden Astronauten mit dem Starliner sicher zur Erde zurückkehren könnten, heißt es von NASA-Seite derzeit noch: Höchstens im Notfall. Zu groß sei die Unsicherheit, wo genau das Problem liege.

Wenn die versammelten Fachleute nicht zu einer gemeinsamen Einschätzung der Flugsicherheit des Boeing-Raumschiffs geleiten, wird die Entscheidung über das weitere Vorgehen bei NASA-Chef Bill Nelson liegen. Man darf vermuten, dass er dann die sichere Variante wählt. Nelson war im Jahr 1986 als Astronaut für den Flug mit dem Space Shuttle Challenger vorgesehen, das dann kurz nach dem Start explodierte, weil das NASA-Management damals trotz Warnungen von Ingenieuren das Shuttle für den Flug freigegeben hatte.

Astronauten der 1986 verunglückten Challenger Mission - auch der heutige NASA-Chef sollte eigentlich mitfliegen.
Astronauten der Challenger Mission, die 1986 beim Start durch eine Explosion verunglückten. Der heutige NASA-Chef war ursprünglich auch für den Flug eingebucht.

Alle sieben Besatzungsmitglieder kamen damals ums Leben. Reiner Zufall, dass der Astronaut und heutige NASA-Chef Bill Nelson damals auf einen früheren Shuttleflug umgebucht worden war. Es ist deshalb nicht zu erwarten, dass Bill Nelson heute einen Starliner mit ungeklärten Triebwerksproblemen den Rückflug zur Erde antreten lässt.

NASA setzt auf kommerzielle Raumschiffe für genau diesen Fall

Der aktuelle Fall zeigt aber auch genau, warum die NASA sich dafür entschieden hat, verschiedene Raumschiffe von kommerziellen Anbietern wie Space-X und Boeing entwickeln zu lassen. Nach dem Ende des Space-Shuttle-Programms gab es für US-amerikanische Astronauten nur die Möglichkeit mit russischen Soyus-Kapseln ins All zu fliegen.

Ein eigenes Raumschiff musste wieder her und am besten mindestens ein weiteres, um eine Redundanz für die astronautische Raumfahrt zu schaffen. Allein zwei Raumschiffe vom gleichen Typ, würde dafür nicht reichen, da Probleme bei Raketen oder Raumkapseln oft zum Flugverbot für alle Modelle des fehlerhaften Typs führt, bis die Probleme erkannt und gelöst sind. Selbst wenn sie einen zur Verfügung hätten, würde die NASA Wilmore und Williams also nicht mit einem zweiten Starliner abholen.

Der erste astronautische Start der Crew Dragon im Jahr 2020 wurde sehr groß als eine Art Rückkehr der USA ins All unter dem Motto "Launch America" gefeiert. Mit der Crew Dragon und dem Starliner verfügt die NASA mittlerweile über zwei verschiedene Raumschiffe, welche im Falle eines Problems füreinander einspringen können - so, wie es jetzt der Fall sein könnte, falls die Crew Dragon die gestrandeten Starliner-Astronauten von der ISS abholt.

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