Biologie

Neue Studie: Sport ist ein Jungbrunnen für Mäuse

Stand
Autor/in
Ulrike Till
Onlinefassung
Ralf Kölbel

Wenn alte, unsportliche Mäuse Blutplasma von aktiven Artgenossen übertragen bekommen, verjüngen sie sich spürbar; vor allem ihr Gehirn funktionierte dann deutlich besser. Funktioniert das Prinzip vielleicht auch beim Menschen?

Wer viel Sport treibt, hält Körper und Geist jung – allerdings muss man sich dafür regelmäßig anstrengen. Jetzt haben Forscher aus Kalifornien gezeigt, dass es zumindest bei Mäusen eine komfortable Alternative gibt: Bekommen alte, unsportliche Mäuse von aktiven Artgenossen Blutplasma übertragen, verjüngten sie sich spürbar; und ihre Gehirnfunktion verbesserte sich deutlich. Eine Schlüsselrolle spielt dabei ein noch kaum erforschtes Protein in der Leber. Die Ergebnisse sind gerade im Fachblatt „Science“ erschienen.

Sportliche Mäuse entwickeln in der Leber ein bestimmtes Protein, das Entzündungsprozesse hemmt und einen Einfluss auf die Blutgerinnung hat.
Sportliche Mäuse entwickeln in der Leber ein bestimmtes Protein, das Entzündungsprozesse hemmt und einen Einfluss auf die Blutgerinnung hat.

Sportliche Mäuse und Menschen produzieren in der Leber bestimmtes Eiweißmolekül

Sport hält auch das Gehirn fit, das ist schon lange bekannt. Aber warum eigentlich? Wissenschaftler der Universität von San Francisco vermuten, dass dabei vor allem ein bestimmtes Protein in der Leber entscheidend ist: Gpld1 heißt dieses bisher kaum untersuchte Eiweißmolekül. Bei Mäusen, die sich viel bewegen, produziert die Leber mehr davon – und auch bei sportlichen Senioren haben die Forscher erhöhte Werte entdeckt.

Auch auf Menschen hat Sport und Bewegung einen positiven Einfluss. Der Mechanismus ist vielleicht ein ähnlicher wie bei Mäusen.
Auch auf Menschen hat Sport und Bewegung einen positiven Einfluss. Der Mechanismus ist vielleicht ein ähnlicher wie bei Mäusen.

Klügere Mäuse durch Bewegung oder durch Blutplasma trainierter Mäuse

Der Mechanismus scheint also bei Maus und Mensch ganz ähnlich. Die Forscher haben nun alte Mäuse in unterschiedliche Gruppen aufgeteilt: Einige Mäuse wurden zu viel Bewegung angeregt, andere Mäuse-Senioren durften träge bleiben. Wie erwartet schnitten die sportlichen Mäuse bei Lerntests und Gedächtnisübungen deutlich besser ab. Dann aber behandelten die Wissenschaftler die unsportlichen alten Nager mit dem Blutplasma von trainierten Mäusen.

Das Ergebnis: Die Hirnleistung in beiden Gruppen war plötzlich ganz ähnlich. Und zwar selbst dann, wenn das Plasma nicht von jungen, sondern von alten Sport-Mäusen stammte. 30 unterschiedliche Proteine im Blut der trainierten Nager haben die US-Forscher genau analysiert – und sich dann auf Gpld1 konzentriert.

Trainierte Mäuse zeigen bessere Hirnleistungen. Forscher vermuten, dass ein in der Leber produziertes Einweißmolekül dabei eine wichtige Rolle spielen könnte.
Trainierte Mäuse zeigen bessere Hirnleistungen. Forscher vermuten, dass ein in der Leber produziertes Einweißmolekül dabei eine wichtige Rolle spielen könnte.

Eiweißmolekül steuert Entzündungsprozesse und Blutgerinnung

Die Wissenschaftler sagen, sie waren sehr überrascht, dass ein einziges Molekül einen so starken Effekt zeigte. Die Wirkung entsteht vermutlich indirekt: Das Leberprotein kann nämlich gar nicht bis ins Gehirn vordringen. Aber es wirkt wohl auf Signalwege, die Entzündungen im Körper reduzieren und auch die Blutgerinnung steuern.

Beides sind wichtige Faktoren bei der Entstehung von Demenz. Noch ist völlig offen, ob sich aus dem Leberprotein wirklich mal eine Pille entwickeln lässt, die dem alternden Gedächtnis auf die Sprünge hilft. Bis dahin bleibt Senioren wohl nur übrig, das Molekül durch viel Bewegung selbst zu produzieren.

Sport ist scheinbar ein Jungbrunnen für Mäuse. Wahrscheinlich trifft das auch auf Menschen zu.
Sport ist scheinbar ein Jungbrunnen für Mäuse. Wahrscheinlich trifft das auch auf Menschen zu.

Suche nach neuen Wirkstoffen gegen das Altern

Trotzdem ist die Idee, das Altern mit neuen Wirkstoffen zu bremsen, natürlich verlockend. Und nur ein paar Tage vor den amerikanischen Forschern mit ihrer Science-Studie haben Wissenschaftler aus Bern einen anderen Verjüngungsansatz präsentiert: In Nature Metabolism beschreiben sie, wie sich alternde Mäuse mit sogenannten Eosinophilen verjüngen lassen.

Eosinophile kommen vorwiegend im Blut vor, aber auch im Bauchfett von Mäusen und Menschen. Dort bremsen sie gefährliche Entzündungsprozesse. Im Alter sinkt die Zahl dieser schützenden Immunzellen im Fettgewebe. Als die Forscher nun alten Mäusen Eosinophile von jungen Nagern übertrugen, zeigten sich schnell positive Effekte: Die alten Mäuse waren plötzlich viel ausdauernder und kräftiger.

Außerdem funktionierte ihr Immunsystem wieder besser. Auch diese Erkenntnis könnte einmal dabei helfen, im Alter länger gesund zu bleiben. Doch noch ist das reine Grundlagenforschung – bis zu ersten Tests bei Menschen wird es noch lange dauern.

Bei Mäusen zumindest funktioniert die Verjüngungskur durch das Blutplasma trainierter Mäuse. Beim Menschen ist der Mechanismus noch nicht richtig erforscht.
Bei Mäusen zumindest funktioniert die Verjüngungskur durch das Blutplasma trainierter Mäuse. Beim Menschen ist der Mechanismus noch nicht richtig erforscht.
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