Raumfahrt & Astronomie

Rückblick - Das Jahr im All 2020

Stand
Autor/in
Guido Meyer
Onlinefassung
Ralf Kölbel

In den Weiten unseres Sonnensystems hat sich dieses Jahr so einiges abgespielt, das nicht nur bei Raumfahrtfans für Aufsehen gesorgt hat.

Im Juli 2020 haben die Vereinten Arabischen Emirate, das kleine Land am Persischen Golf, erstmals eine Raumsonde Richtung roter Planet geschickt. Mohsen Al Awadhi ist Ingenieur in der Abteilung für Weltraumsysteme am Mohammed Bin Rashid Space Center in Dubai.

Die Sonde wurde an der University of Colorado Boulder gemeinsam von Ingenieuren aus den USA und den Emiraten gebaut.
Die Sonde wurde an der University of Colorado Boulder gemeinsam von Ingenieuren aus den USA und den Emiraten gebaut.

Arabische Mission zum Mars

„Die Sonde heißt Hope, „Hoffnung“. Es geht nicht nur darum, Neues über den Mars zu erfahren, sondern auch darum, dieser Region Hoffnung zu geben. Unser Land liegt in einer ziemlich schwierigen Gegend. Wir haben komplizierte Nachbarn. Vielleicht können die Vereinigten Arabischen Emirate eine bessere Zukunft haben, wenn wir allen zeigen, dass ein Land eine solche Herausforderung meistern kann, das noch nicht einmal fünfzig Jahre alt ist...”

.. es im kommenden Jahr aber werden wird. Pünktlich zum fünfzigsten Jahrestag der Staatsgründung 2021 soll die Sonde ihr Ziel erreichen – Geburtstag auf dem Mars.

Neue Raumfahrtnation Sonde „Hope“ der Arabischen Emirate tritt in die Mars-Umlaufbahn ein

Die Vereinigten Arabischen Emirate haben mit ihrer Mars-Mission "Hope" den Roten Planeten erreicht. Dort soll die Sonde aus 20.000 km Höhe Atmosphäre und Klima des Mars erkunden.

Chinesen erforschen Magnetfeld des Mars

Zur Geburtstagsparty auf dem Mars eintreffen werden auch die USA und China. Denn auch diese beiden Raumfahrtnationen wollen im kommenden Frühjahr mit Marssonden das Ziel erreichen.

Während sich die Araber um die Atmosphäre des Mars kümmern wollen, gehe es den Chinesen um sein Magnetfeld, erklärt Werner Magnes vom Institut für Weltraumforschung in Graz.

„Das Institut selbst hat eine lange Tradition in Kooperation mit chinesischen Instituten. Hier haben wir einfach bei uns am Institut eine Anlage, mit der wir Magnetfeldsensoren auf sehr tiefe Temperaturen abkühlen können von ungefähr -100 Grad Celsius. Und das war einfach ein Testaufbau, der den Kollegen in China nicht so, in dieser Art, nicht zur Verfügung steht. Und deswegen sind diese Tests bei uns durchgeführt worden.“

Eine Kooperation für gemeinsamen Erfolg im All – denn Chinas Mission ist mit Mutterschiff, Lander und Rover sehr ehrgeizig und wäre ohne internationale Hilfe wohl nicht zu stemmen gewesen.

US-Rover Perseverance soll Mars-Untergrund erkunden

Auch der US-amerikanische Rover Perseverance ist derzeit auf dem Weg zum Mars. Er soll ebenfalls im Februar landen. Nur macht die US-Raumfahrtbehörde NASA das eben nicht zum ersten Mal. Jim Watzin ist der Chef des Mars-Explorationsprogramms der NASA.

„Wir wissen mittlerweile, wo der Mars früher bewohnbar war. Unser Rover soll genau dorthin fahren – zu einstigen hydrothermalen Quellen und zu ausgetrockneten Flussbetten. Dort wird er bohren. Denn wir wollen unbedingt Proben von unterhalb der Oberfläche bekommen.”

In tieferen Schichten könnten die Überreste fossilen Lebens konserviert sein. Deswegen soll Perseverance nicht nur einmal sein Glück versuchen. Vielmehr wird der Rover seinem Namen – „Ausdauer“ – Ehre machen. Bis zu 40 Mal soll er seinen Bohrer ausfahren und Proben entnehmen, die eine spätere Mission dann irgendwann zur Erde fliegen wird.

China sammelt Mondproben

Etwas Ähnliches haben die Chinesen gerade auf dem Mond vorgemacht. Ende November haben sie die Mission Chang’e 5 gestartet. Ihr Ziel: Nach mehr als vierzig Jahren endlich mal wieder frische Mondproben zur Erde fliegen – diesmal nicht einfach aufgesammelt auf der Oberfläche, so wie die Apollo-Astronauten es im vergangenen Jahrhundert gemacht haben, sondern aus tieferen Schichten, erklärt Carolyn van der Bogert vom Institut für Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

„Das ist natürlich interessant, weil die Oberfläche ist 1,3 Milliarden Jahre jetzt kosmischen Strahlen und Sonnenstrahlen ausgesetzt worden. Da ist es natürlich interessant zu schauen, wie unterscheidet sich denn Material, das direkt auf der Oberfläche steht, mit Material, das von tiefer her kommt.“

China auf dem Mond, China auf dem Weg zum Mars – es war auf jeden Fall ein erfolgreiches Jahr für die chinesische Raumfahrt.

Solar Orbiter erforscht die Sonne

Auch Europa konnte zwei Himmelskörper im Sonnensystem auf der Haben-Seite für sich verbuchen. Da war zunächst der Start der Sonde Solar Orbiter im Februar.

Erst vor wenigen Wochen hat Europas Sonnensonde erste hochaufgelöste Bilder von Gasausbrüchen auf der Sonne geliefert.

BepiColombo fliegt an Venus vorbei

Knapp vor der Sonne einen Planetenbesuch unternommen hat im Herbst eine andere europäische Raumsonde: BepiColombo – eigentlich auf dem Weg zum noch aonnennäheren Merkur – hat die Venus besucht.

“Wir fliegen bei der Venus vorbei, um die Bahn zu ändern“,

so Johannes Benkhoff vom europäischen Weltraumforschungszentrum ESTEC im holländischen Noordwijk, der Projektwissenschaftler der Mission.

„Aber die Wissenschaftler haben ein wenig gedrängt, dass man doch die Gelegenheit nutzen muss, wenn man schon einmal an der Venus ist, dass man auch die Instrumente anschalten könnte, um ein bisschen Wissenschaft zu machen. Für uns hat das zwei Vorteile. Der eine Vorteil ist: Wir können die Instrumente schon mal testen und gucken, ob alles funktioniert. Und auf der anderen Seite fällt noch ein bisschen Science dabei ab.“

Die Betonung liegt hier auf ein „bisschen“ Wissenschaft. Denn spektakuläre Bilder von der Venus hat die Sonde nicht geliefert. Dazu waren die – noch dazu - Schwarz-Weiß-Kameras dann doch zu weit von dem Planeten entfernt.

BepiColombo hat die Venus in 10.000 Kilometern Entfernung passiert. Aber immerhin: Alle Instrumente funktionieren und die Sonde ist nach dieser Bahnänderung nun unterwegs in Richtung Merkur.

Raumfahrt Sonde BepiColombo nutzt Venus als Bremse auf dem Weg zum Merkur

Die Raumsonde BepiColombo ist unterwegs in Richtung Merkur. Damit die Sonde nicht in die Sonne fällt, muss sie vorher durch die Schwerkraft der Venus abgebremst werden.

OSIRIS-REx - Staubsauger für Kometenstaub

Und ein weiteres Objekt im Sonnensystem bekam 2020 Besuch von der Erde: der Asteroid Bennu von der amerikanischen Raumsonde OSIRIS-REx – das ist die mit dem umgekehrten Staubsaugerprinzip - also eher ein Staubbläser.

„Unsere Strategie entspricht der eines Staubsaugers, der andersherum funktioniert. Er stößt Gas aus und versucht, den Staub einzusammeln. Im Filter werden Staubkörnchen von bis zu zwei Zentimeter Größe hängenbleiben. Und davon könnten dem Filter Hunderte ins Netz gehen. Läuft alles perfekt, werden wir von Bennu bis zu zwei Kilogramm Material auffangen.”

Die Sonde OSIRIS REx soll den Asteroiden Bennu erforschen.
Die Sonde OSIRIS REx soll den Asteroiden Bennu erforschen.

Sternenstaub im Gepäck

Sieht ganz so aus, als könnte Dante Lauretta, der Chefwissenschaftler der Mission, mit der Probenentnahme zufrieden sein. Wieviel Sternenstaub OSIRIS-REx wirklich im Gepäck hat, wird sich zeigen, wenn sie mit ihrer kostbaren Fracht wieder auf der Erde eintrifft. Das soll in drei Jahren sein. - Eine ähnliche Aktion gelang der japanischen Raumsonde Hayabusa 2 schon 2019. Da hatte sie den Asteroiden Ryugu unter Beschuss genommen.

“Der Mechanismus, wie die Probe genommen wird, ist so eine Art Staubsauger, dh. das Raumschiff geht auf die Oberfläche, hat einen Rüssel und setzt diesen Rüssel auf der Oberfläche des Asteroiden ab. Man ist sich dieses Mal relativ sicher, dass man eine größere Menge an Material mitbringen kann”,

glaubt Ralf Jaumann vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Anfang Dezember, nach einem mehr als einjährigen Rückflug, ist die Probenkapsel von Hayabusa 2 mit dem Meteoritenmaterial wieder erfolgreich auf der Erde gelandet.

USA - Rückkehr zur bemannten Raumfahrt

Und nach fast einem Jahrzehnt Pause hat Elon Musks Raumfahrtfirma SpaceX den USA in diesem Jahr die Rückkehr zu einer eigenständigen bemannten Raumfahrt geebnet. Am Pfingstsonntag konnte die Besatzung der ISS das erste Crew-Dragon-Raumschiff begrüßen, das nicht nur ein wenig Nachschub, sondern vor allem auch zwei neue Mannschaftskameraden an Bord hatte.

Im November hat SpaceX das ganze wiederholt, diesmal mit vier Astronauten an Bord der Crew Dragon – Rekord für eine Weltraumkapsel. Und eine gute Grundlage für das nächste Jahr im All ...

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Guido Meyer
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Ralf Kölbel