In den frühen Morgenstunden des 16. November unserer Zeit brach mit der Raumkapsel Crew Dragon eine neue Gruppe Astronautinnen und Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS auf und erreichte diese nach einem 27-stündigen Flug. Der Start hatte sich aufgrund schlechten Wetters um einen Tag verzögert, verlief aber ansonsten nach Plan.
Das Team soll insgesamt sechs Monate auf der Raumstation verbringen. Dies ist nun schon der zweite Einsatz der Kapsel, die vom US-amerikanischem Unternehmen SpaceX hergestellt wird. Die Mission, bei der zum ersten Mal Menschen mit einem kommerziellen Raumschiff zur ISS gebracht wurden, hat eine große Bedeutung für die zukünftige Entwicklung der Raumfahrt.
Der erste erfolgreiche Crew-Dragon-Start Ende Mai galt immer noch als Testflug. Mit dem zweiten Flug sollte nun ein neues Kapitel der amerikanischen Raumfahrt begonnen werden. Denn mit Crew Dragon hat die NASA zum ersten Mal seit dem Space Shuttle vor fast 40 Jahren offiziell ein neues Raumfahrzeug zertifiziert. Von dessen Einsatz erhofft sie sich einen Sprung in der bemannten Raumfahrt, in der Flüge mit „Routine und Regelmäßigkeit“ durchgeführt werden können.
Crew Dragon bietet mehr Platz als andere Kapseln
Eine der bedeutsamsten Entwicklungen ist, dass die Raumkapsel gleichzeitig vier Astronaut*innen Platz bietet, um ins All zu fliegen. Besetzt wurde die Mission mit zwei männlichen US-Astronauten, einer US-Austronautin und einem japanischen Astronauten. Die russischen Sojus-Kapseln, mit denen zuvor regelmäßig Personal auf die ISS gebracht worden war, können maximal drei Menschen an Bord aufnehmen, wie die Apollo-Raumschiffe der 1960er und 1970er Jahre auch.
Jim Bridenstine, der Administrator der NASA, wies darauf hin, dass man nach diesem ersten „regulären“ Flug der Crew-Dragon-Kapsel definitiv nicht mehr auf Mitfluggelegenheiten in den russischen Kapseln angewiesen sei. Das stellt nicht nur eine finanzielle Entlastung für die NASA dar, sondern gilt auch als historischer Neuanfang. Denn mit der in Amerika produzierten Crew Dragon startet zum ersten Mal seit fast zehn Jahren eine amerikanische Kapsel mit amerikanischen Passagieren von amerikanischem Boden.
NASA setzt auf Privatunternehmen
Nach dem Ende der Space Shuttles, die einfach zu komplex, zu teuer und nach zwei tragischen Unglücken auch zu unsicher waren, entschied die NASA sich, private Unternehmen zu beauftragen, Transportsysteme zu entwickeln und dann diese Transportleistungen einzukaufen. Die Raumfahrt-Behörde zahlt pro Start und die Unternehmen können ihre Leistungen auch anderen anbieten. Vorher hatte die NASA dafür viel Geld investiert, indem sie Verträge mit SpaceX im Wert von mehr als 3,1 Milliarden US-Dollar oder mit Boeing bei über 5 Milliarden US-Dollar unterzeichnet hatte.
Wettbewerb soll Preise nach unten treiben.
Geht alles gut, hat SpaceX und der Unternehmensgründer Elon Musk einen ganz schönen Vorsprung herausgeflogen. Der große Konkurrent Boeing hängt mit seiner Starliner-Kapsel ein ganzes Stück hinterher. Beim ersten Testflug des Starliner im Dezember 2019 erreichte die unbemannte Kapsel nicht die ISS, was einen heftigen Rückschlag bedeutete. Nun vermeldet Boeing, dass man die Probleme im Griff habe.
Ende 2020 oder Anfang 2021 soll die Raumkapsel erneut starten. Wenn das funktioniert, herrscht genau die Konkurrenz, die die NASA von Anfang an schaffen wollte. Die Preise pro Start sollen dann deutlich sinken. Für einen Platz in der Sojus-Kapsel zahlen die USA aktuell etwa 80 Millionen Dollar, bei der Crew-Dragon ist von 50 bis 60 Millionen Dollar die Rede und wenn Boeing ins Spiel kommt, soll es sogar noch billiger werden.
Nach dem Plan von SpaceX soll es nun direkt Schlag auf Schlag weitergehen. Das Unternehmen will nach eigener Aussage in den kommenden 15 Monaten insgesamt sieben bemannte oder Frachtmissionen für die NASA organisieren. Man spricht von einer ständigen Präsenz der SpaceX-Kapseln ab Dezember. Daher wird die ISS, auf der seit nun 20 Jahren ununterbrochen Menschen leben, wohl noch eine Weile als Anlaufstelle für Raumkapseln dienen.
SpaceX plant Flüge zu Mond und Mars
Für Elon Musk, dem Gründer von SpaceX, ist das Projekt Crew- Dragon aber wohl nur ein Etappenziel. Er möchte im Grunde noch viel weiter ins Weltall. Derzeit werden nämlich auch die ersten Tests im Projekt „Starship“ durchgeführt. Geplant ist eine einzigartige Rakete, über 120 Meter hoch, 5000 Tonnen schwer, mit Platz für bis zu 100 Astronaut*innen.
Die Starship-Rakete soll, so sagt Musk, mit Flügen zum Mond und Mars zum langfristigen Überleben der Menschheit beitragen, falls die Erde unbewohnbar wird. Auch wenn die Crew-Dragon-Flüge zur ISS bald, so wie man es hofft, „Routine“ werden, sind Schlagzeilen über SpaceX also wohl auch noch in den nächsten Jahren zu erwarten.