Mentale Gesundheit

Psychische Auswirkungen der Klimakrise auf Jugendliche

Stand
Autor/in
Lilly Meller
Onlinefassung
Elisabeth Theodoropoulos

Beim Begriff „Klimakrise“ denken die meisten Menschen erst einmal an Umweltveränderungen. Die Klimakrise hat aber auch Auswirkungen auf unsere Psyche – vor allem bei Kindern und Jugendlichen.

Dass Kinder und Jugendliche besonders von den psychischen Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind, liegt unter anderem daran, dass sie sich intensiver als Erwachsene mit der eigenen Zukunft beschäftigen. Und damit auch intensiver mit den Auswirkungen der Klimakrise auf diese Zukunft, so Psychologe Felix Peter.

Wenn man sich mit der Klimakrise stärker auseinandersetzt, dann kann das sehr betroffen machen, weil man dann erfährt, dass die Lebensbedingungen in der Zukunft nicht mehr so sein werden, wie wir sie jetzt vorfinden und das ist natürlich etwas Bedrohliches.

Klimakrise ist anhaltende emotionale Belastung für Kinder und Jugendliche

Außerdem sind Kinder und Jugendliche eine besonders vulnerable Gruppe in unserer Bevölkerung, weil sie in sensiblen Entwicklungsphasen sind und sie bestimmte Bewältigungsmechanismen noch nicht so weit ausgeprägt haben, wie das bei Erwachsenen der Fall ist, weiß Psychologe Felix Peter.

Die Sorge um die eigene Zukunft ist eine anhaltende emotionale Belastung. Sie wird nicht nur von dem Erleben der ökologischen Folgen der Klimakrise ausgelöst. Auch, wie Politik und Gesellschaft auf diese Krise reagieren, spielt Felix Peter zufolge eine Rolle.

Jugendliche und junge Erwachsene schlüpfen in Erwachsenenrollen

Belastend ist auch, wenn vor allem Jugendliche und junge Erwachsene erleben, dass die Sicherheit, die sie sich wünschen, nicht gewährleistet wird von denen, die dafür die Verantwortung tragen, so der Psychologe.

Junge Menschen mussten dann relativ schnell in diese Verantwortung reinschlüpfen, das kennen wir aus den letzten drei bis vier Jahren Fridays for Future Bewegung – also in diese Lücke, die die Erwachsenen gelassen haben – und dann Erwachsenenaufgaben übernehmen mussten und das zu einer Zeit wo sie eigentlich ganz andere Entwicklungsaufgaben haben.

Und dann auch noch zu merken, dass das nicht zu dem Ergebnis führt, das man sich gewünscht hat und das wissenschaftlich eigentlich klar auf der Hand liegt, so Peter weiter.

Rosenmontagszug-Wagen in Düsseldorf
Mitglieder der Jungen Generation versuchen immer wieder durch friedliche Blockaden, den Autoverkehr zu stören und die Aufmerksamkeit auf die Klimakrise zu lenken.

Belastung durch Klimakrise ist weltweit präsent unter Jugendlichen

Hinzu kommt die Belastung durch gesellschaftliche Konflikte und Spannungen, die durch die Klimakrise entstehen. Drei Viertel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen geben an, Angst vor der Zukunft zu haben. Ein noch größerer Teil macht sich mindestens mäßige Sorgen um die Folgen der Erderhitzung, so eine Studie mit Befragten aus zehn Ländern. Auch in Deutschland ist die Angst vor der Klimakrise mittlerweile eine der drei größten Sorgen von Heranwachsenden.

Ich fühle mich machtlos, aber trotzdem als würde es an mir liegen. Als wäre ich Teil des Grundes, weshalb die Welt untergeht, aber nicht in der Lage, etwas dagegen zu tun.

Gesprächsbereitschaft des Umfelds ist sehr wichtig im Umgang mit Ängsten

Angst ist aber nicht die einzige emotionale Reaktion auf die Klimakrise. Ohnmacht, Wut, Frustration, Trauer oder auch Schuldgefühle sind einige der anderen möglichen Reaktionen. Diese Emotionen sind in erster Linie gesunde und logische Reaktionen auf die Bedrohung durch die Klimakrise. Eltern und andere Bezugspersonen können helfen, mit diesen emotionalen Reaktionen umzugehen.

Der Psychologe Felix Peter erklärt, dass es das A und O ist, einfach immer gesprächsbereit zu sein und Gefühle ernst zu nehmen und Gefühle auch zu validieren. In dem Sinne, dass man mitteilt, ähnliche Gefühle zu haben, sofern das der Fall ist. Oder, indem man das Gefühl zumindest wertzuschätzen und versichert, dass es okay ist, dieses Gefühl zu haben.

Mann sitzt mit Kindern auf Sofa.
Das A und O sei, einfach immer gesprächsbereit zu sein und Gefühle ernst zu nehmen.

Wir machen laut Felix Peter oft den Fehler, dass wir Gefühle untersagen. Also entgegnen, dass man doch keine Angst haben müsse. Im Gegenteil könnte man jedoch auch sagen, dass es berechtigt ist, dass wir Angst haben und allein dieser Austausch darüber kann schon sehr hilfreich sein, damit Menschen und gerade junge Menschen erleben, dass sie damit nicht alleine sind.

Psychologe Felix Peter betont jedoch auch, dass das beste Mittel für den Klimaschutz, immer noch ein Klimaschutz nach aktuellem wissenschaftlichem Stand ist.

Akute und sekundäre Auswirkungen von Umweltstressoren sind möglich

Neben den emotionalen Reaktionen auf das Wissen um die Klimakrise hat auch die Belastung durch Umweltstressoren selbst psychologische Auswirkungen. Diese Belastungen können akut oder sekundär sein.

Akute Auswirkungen entstehen unter anderem durch das Erleben von Extremwetterereignissen, wie Stürmen, starker Hitze oder Überflutungen. Dadurch steigt zum Beispiel das Risiko für posttraumatische Belastungsstörungen.

Sekundäre Belastungen können Folgeeffekte dieser Extremwetterereignissen sein. Zum Beispiel, wenn soziale Kontakte einbrechen, weil eine Schule nach einem Extremwetterereignis schließen muss. Ein anderes Beispiel für sekundäre Belastungen sind chronische Krankheiten. Durch eine schlechtere Luftqualität werden so unter anderem Allergien häufiger. Chronische Erkrankungen wie diese sind ebenfalls eine langfristige Belastung für die Lebensqualität und Lebenszufriedenheit.

Naturkratstrophen wie Hochwasser können Folgen für die psychische Geusndheit haben
Das Erleben von Extremwetterereignissen kann akute Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben. Aber auch durch Folgeeffekte dieser Extremwetterereignisse können sekundäre Belastungen entstehen.

Wichtig ist, die Bedrohung der Klimakrise auch immer mit Handlungsmöglichkeiten zu begleiten

Trotzdem ist es Felix Peter zufolge wichtig, dass die Klimakrise nicht als aussichtslose Bedrohung dargestellt wird.

Es ist immer wichtig, dass man eben nicht nur die Dramatik darstellt und schon gar nicht zu sehr katastrophisiert. Sondern, dass man die Informationen, die wichtig sind über die Klimakrise immer kombiniert mit Empfehlungen, was Menschen denn tun können.

Würde nur die überwältigende Bedrohung in den Raum gestellt werden, dann würden sich Menschen in erster Linie hilflos fühlen. Es würde eher verdrängt werden oder die Menschen wären so stark belastet, dass sie gar nichts mehr tun können. Deshalb sei es wichtig, die Bedrohung auch immer mit Handlungsmöglichkeiten zu begleiten, erklärt Psychologe Felix Peter.

Angst vor der Klimakrise kann sogar hilfreich sein

Laut Peter zeigen Studien, dass Ängste im Zusammenhang mit Krisen auch dazu führen können, dass Menschen eine größere Handlungsbereitschaft haben. Schließlich sei die Angst ja auch schon immer dazu da gewesen, um uns zu signalisieren, dass eine Bedrohung besteht und wir jetzt etwas dagegen tun müssen, um diese Bedrohung aufzulösen. Entweder man kämpft gegen die Bedrohung oder man flüchtet.

Nur, dass wir vor der Klimakrise, weil sie global ist, nicht einfach flüchten können. Deshalb ist das aktive Tun das Mittel der Wahl und dafür braucht es Möglichkeiten, was ich überhaupt tun kann und wo ich auch das Gefühl habe, das ist wirksam. In dem Sinne kann die Angst in einem moderaten Ausmaß aktivierend sein.

Das gilt allerdings nur, so lange Ängste nicht überwältigend werden und über einen längeren Zeitraum anhalten. Wenn Eltern oder Bezugspersonen merken, dass Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene starke Sorgen und Ängste haben, lohnt es sich deswegen nach Hilfe zu fragen. Das gilt natürlich auch für die Betroffenen selbst.

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