Ihre weltweite Bekanntheit in der Wissenschaft haben Zebrafische einem Labor in Tübingen zu verdanken. Genauer gesagt, ohne die Tübinger Forscherin Christiane Nüsslein-Volhard wären sie vielleicht auch nie über die Welt der Hobby-Aquaristik hinaus bekannt geworden. Bevor die spätere Nobelpreisträgerin die Fische Ende der 80er als Forschungsobjekt entdeckte, hatte nur ein einziges Labor in den USA damit gearbeitet.
Der Entwicklungsbiologe Uwe Irion vom Tübinger Max-Planck-Institut erklärt: „Als Frau Nüsslein hier beschlossen hat, dass Zebrafische interessant sein könnten, ist sie in die Zoohandlung gegangen und hat Fische gekauft. Und dann haben sie hier im Labor mit den Fischen eine Linie aufgebaut.“
Nobelpreisträgerin aus Tübingen entdeckte das Potential der Zebrafische
Den Namen verdanken Zebrafische ihren markanten Streifen. Die etwa vier bis fünf Zentimeter großen, schwarz-weiß gestreiften Fische hübschen so manch ein Aquarium auf. Doch Nüsslein-Volhard erkannte dazu, dass Zebrafische viele Eigenschaften mit sich bringen, die es besonders leicht machen, sie zu erforschen: „Sie lassen sich relativ einfach halten und züchten. Sie legen relativ viele Eier, das heißt, man hat immer ganz viele, die man gleichzeitig angucken kann und die Entwicklung verläuft sehr, sehr schnell.“
Dazu kommt, dass Zebrafischlarven durchsichtig sind. Die Entwicklung ihrer Organe lässt sich so unter dem Mikroskop mitverfolgen. Diese Eigenschaften haben dazu geführt, dass mittlerweile Forschungslabore auf der ganzen Welt mit Zebrafischen arbeiten. Durch die Forschung an den kleinen Fischen konnte schon vieles über die Entwicklung von Wirbeltieren herausgefunden werden.
Dem Zebrafisch beim Denken zuschauen
Doch die Forschungsmöglichkeiten mit Zebrafischen sind vielfältig. Am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen wird zum Beispiel erforscht, wie das Gehirn von Zebrafischen funktioniert. Mit einem Hightech-Mikroskop beobachten die Forschenden, was im Gehirn von jungen Zebrafischen passiert, während sie durch ein speziell designtes Labyrinth navigieren.
Die Versuchskammer kann automatisch mitbewegt werden und den Bewegungen des Fischs folgen – damit das Gehirn des winzigen Tiers immer im Fokus des Mikroskops bleibt. Die Gehirnzellen sind so verändert, dass sie ein leuchtendes Signal abgeben, wenn sie aktiv sind. Man kann dem Fisch quasi beim Denken zuschauen, wie Drew Robson, einer der Forschenden, sagt.
„Das Tolle an Zebrafischen ist, dass ihr Gehirn, wenn sie jung sind, gerade mal 100 Tausend Zellen hat, also deutlich einfacher zu verstehen“, sagt Jennifer Li, Forscherin des Max-Planck-Instituts dazu.
Ein menschliches Gehirn hat etwa 100 Milliarden Zellen – eine Million Mal mehr als bei den Zebrafisch-Babys. Neben anderen Modellorganismen wie Mäusen, Ratten und Fruchtfliegen sind Zebrafische die Tiere, über die wir bislang am meisten wissen.
Krebsmedikamente können an Zebrafischen getestet werden
Daneben eignen sich Zebrafische auch gut dafür, neue Therapien zu testen. Beispielsweise sei es gelungen, Zebrafische zu züchten, die bei 37°C leben, also bei menschlicher Körpertemperatur, und darin menschliche Krebszellen einzupflanzen, erklärt Uwe Irion: „Dann kann man da quasi eine Therapie machen. Man kann gucken, wirkt dieses Medikament, wirkt jenes Medikament, wirkt die Kombination von beiden, dass die Zellen nicht mehr wachsen.“
Solche Forschung könnte in Zukunft den Weg bereiten für eine personalisierte Krebstherapie, den heiligen Gral der Medizin. Mit der Hilfe von Zebrafischen könnte das eines Tages Realität werden.