Mit Pilzen die Böden retten

Stand
Autor/in
Elena Weidt

Viele Böden in der Landwirtschaft sind nicht gesund. Sie brauchen sehr viel Dünger und Wasser, damit Pflanzen auf ihnen gut gedeihen. Ein einfacher Pilz könnte das ändern.

In einem Gramm gesunden Boden stecken normalerweise Abertausende Mikroorganismen. Weil aber viele Böden heute sehr intensiv genutzt werden, große Maschinen und viel Chemie zum Einsatz kommen, wird das Bodenleben immer mehr zerstört. Arthur Schüßler, ein Pilzspezialist und Pflanzenwissenschaftler, will das nun ändern und den Boden wiederbeleben.

Mit arbuskulären Mykorrhiza-Pilzen. Diese Pilze sind keine neue Züchtung oder Entdeckung. Schon vor etwa 460 Millionen Jahren lebten die ersten Landpflanzen in einer Gemeinschaft, einer Symbiose, mit diesen Pilzen. „Ich will diese Pilze unbedingt zurück in die Böden bringen“, erklärt Arthur Schüßler seine Vision. Denn mit den Pilzen könnten die Pflanzen besser Nährstoffe aufnehmen, die Landwirte bräuchten weniger Dünger und Wasser. Und sie würden die Bodenstruktur verbessern, weil sie auf der Suche nach Nährstoffen den Boden durchwuchern und zur Humusbildung beitragen.

Resistentere Pflanzen

Forscher vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau konnten außerdem zeigen, dass Wurzeln, die mit Pilzen besiedelt sind, widerstandsfähiger gegen Pathogene sind. Sie sind also resistenter beispielsweise gegen Viren. Welche Gene bei diesem Prozess wie funktionieren, wird derzeit erforscht.

Lebensmittel werden teurer

Ohne Phosphor funktioniert kein einziger biologischer Organismus. Sehr viele Pflanzen kommen aber ohne fremde Hilfe, also ohne die Pilze, nicht an gebundenes Phosphat im Boden heran. Weil dann das Pilz-Wurzel-Geflecht im Boden fehlt, um sie zu erschließen. Mit der Folge: Viel Phosphor bleibt ungenutzt im Boden. Botaniker Arthur Schüßler schätzt, dass 80 Prozent des aufgebrachten Phosphors in den Böden Verbindungen eingeht, die für die Pflanzen nicht erreichbar sind und wieder ausgewaschen wird.

„Eine Verschwendung, die wir uns nicht mehr lange leisten können“, sagt Schüßler. Denn die natürlichen Phosphorquellen, die bisher zur Produktion von Dünger benutzt wurden, sind irgendwann erschöpft. Wann genau, darüber streiten sich die Wissenschaftler. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hat vorgerechnet, dass die Vorkommen noch etwa 320 Jahre reichen werden. Wird Phosphor knapp, wird er teurer. Und das könnte auch Lebensmittel teurer machen, weil ihn eben jede Pflanze brauche, erklärt Schüssler den Zusammenhang.

Alternativen zu Phosphor

Noch sind Phosphate als Dünger kaum aus der Landwirtschaft wegzudenken. Der Mineralstoff lässt sich auch nicht synthetisch herstellen oder durch einen anderen Stoff ersetzen. Derzeit werden verschiedene Recycling-Verfahren getestet, wie man beispielsweise Phosphor aus dem Abwasser oder aus Klärschlamm zurückgewinnen könnte. Aufgrund der hohen Kosten für die Verfahren, konnten sich diese aber noch nicht am Markt durchsetzen. Das Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag gehört zu den Pionieren, die derzeit Phosphor in Form von Struvit aus menschlichem Urin erschließen – wenn auch in kleinem Maßstab.

Nischenprodukt

Trotz der Vorteile der Bodenpilze, werden die Mykorrhiza-Pilze in der Landwirtschaft bisher nur sehr zögerlich eingesetzt. „Noch sind die Preise zu hoch“, räumt Pilzzüchter Schüßler ein. Etwa 80 Euro kostet es einen Hektar Mais mit den Pilzen zu behandeln. Ein weiterer Grund ist, dass die Wirkungsweise der Pilze noch nicht ausreichend erforscht ist. Nicht mal 5 Prozent der existierenden Arten seien heute überhaupt wissenschaftlich beschrieben.

Die allermeisten Pilzarten seien also noch Unbekannte. Wüsste man aber mehr über die Bodenhelfer, welche Pflanze bevorzugt mit welchen Pilzen zusammenginge, könnte man sie auch noch gezielter nachzüchten und effizienter einsetzen, sagt Schüßler. „Die Zeit für meine Pilze wird aber noch kommen. Spätestens dann, wenn die Quellen erschöpfen und Phosphor das Doppelte oder mehr kosten wird“.

Umweltschutz Warum Wurzelpilze wichtig fürs Klima sind

Wurzelpilze können bis zu einem Drittel der weltweiten Treibhausgas-Emissionen aus fossilen Brennstoffen speichern. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende der Universität Kapstadt. Sie zeigen damit: Pilze tun viel mehr fürs Klima als bisher angenommen. 

Stand
Autor/in
Elena Weidt