Jurassic Park lässt grüßen - Forschende isolieren Steinzeit-DNA mit neuem Verfahren
Das internationale Forschungsteam unter Leitung des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig konnte bei dem Schmuckstück aus Zahnbein feststellen, wer es früher getragen hat. Genauer vor rund 20.000 Jahren – noch in der Steinzeit also. Das ist Forschenden erstmals gelungen, erklärt die beteiligte Forscherin Elena Essel:
Bis jetzt war es einfach noch nicht möglich, Objekte aus dieser Zeit direkt mit den Menschen zu assoziieren, die sie gemacht oder genutzt haben. Das ist das erste Mal, dass wir diese direkte Assoziation machen können.
Durch eine neue Methode bleibt die Oberfläche unversehrt
Bisher haben DNA-Analysen aus historischem Material meist dazu geführt, dass das untersuchte Fundstück angebohrt, angesägt oder zermahlen werden musste. Manchmal wurde es dabei komplett zerstört. Im Falle des Hirschzahns ist das nicht der Fall, seine Oberfläche ist unversehrt geblieben. So sieht das Schmuckstück nicht nur genauso so aus wie vorher, es sind sogar weitere Analysen möglich. Die Leipziger Molekularbiologin Elena Essel erklärt, wie sie das erreicht hat:
Ich vergleiche das immer gerne mit einer Waschmaschine. Was wir machen, ist: Wir nehmen diese Objekte und tauchen sie komplett in einen Puffer, der die DNA lösen kann, dann erhitzen wir diesen Puffer sukzessive auf bis zu 90 Grad und lösen damit die DNA aus diesen Proben heraus.
Knochen können DNA besonders gut binden
Die Methode funktioniert allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Zum einen müssen die Archäologen bei ihren Grabungen bestimmte Vorsichtsmassnahmen befolgen und wegen möglicher Verunreinigungen Maske und Handschuhe tragen.
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Das hat das Forschungsteam bei ersten Versuchen an Funden aus einer franzöischen Steinzeithöhle festgestellt. Da fand sich viel DNA – allerdings vor allem von denjenigen, die die Funde während oder nach der Ausgrabung angefasst hatten. Daher ist frisch ausgegrabenes Material am besten.
Zum anderen eignen sich Skelettbestandteile, also Knochen oder Zähne besonders gut, erklärt Essel. Demnach haben Knochen die Besonderheit, dass sie hauptsächlich aus einem Mineral bestehen, das DNA besonders gut binden kann. Hinzu kommt, dass diese Bindung die DNA auch über tausende Jahre hinweg vor Degradation beschützt, sodass auch noch nach 10.000 Jahren DNA in Knochen gefunden werden kann – und jetzt auch in Knochenwerkzeugen oder Knochenartefakten, so die Forscherin.
Nach der Analyse der DNA auf dem Schmuckstücks aus Hirschzahn wissen die Forschenden nun, dass die Person, die die DNA dort hinterlassen hat, dieses Objekt auf jeden Fall über einen längeren Zeitraum intensiv benutzt oder berührt haben muss, um diese großen Mengen an DNA darauf zu hinterlassen. Ob es die Künstlerin war oder die Person, die das Schmuckstück getragen hat, können sie leider nicht feststellen, sagt Elena Essel.
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Neue Methode kann in Zukunft bei weiteren Funden helfen
Sicher ist jedoch: Es handelte sich um eine Frau, die aus einer Bevölkerungsgruppe aus dem nördlichen Eurasien stammte, also in weiter östlich gelegenen Gebieten Sibiriens, wo auch die Fundhöhle lag. Elena Essel und ihr Team hoffen jetzt, dass diese Methode bei einer Vielzahl von Funden für Klarheit sorgen kann.
Mein persönliches Highlight wäre, wenn wir das auf die sogenannten Übergangsindustrie anwenden können, wo nicht ganz klar ist, ob die Werkzeuge und Artefakte, die wir finden, von modernen Menschen gemacht wurden oder von Neandertalern.
Die Forschungsgruppe hat neben der DNA der Frau auch das Erbgut von dem Tier gefunden, das den Zahn für ihr Schmuckstück geliefert hat. Es handelte sich um einen Wapiti-Hirsch. Und auch wenn es dafür keine Beweise gibt, kann man wohl davon ausgehen, dass er gegessen wurde.