Am Dienstag, den 09. Juli 2024, startete nach gut einem Jahr wieder eine Trägerrakete der Europäische Raumfahrtagentur ESA, mit der eigene Satelliten ins All geschickt werden können – die Ariane 6.
Etwas kurios ist jedoch, dass sie wie fast alle europäischen Raketen vor ihr, zwar von französischem Staatsgebiet, aber nicht vom europäischen Kontinent aus startet. Der Heimathafen der Rakete ist der Weltraumbahnhof in Kourou im Überseedépartement Französisch-Guayana. Das hat aber einen ganz bestimmten Grund.
Ein Weltraumbahnhof so groß wie ganz Berlin
Das Centre Spatial Guyanais, der europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana, ist flächenmäßig etwa so groß wie Berlin. Nur ist auf dem riesigen Gelände in Kourou kein Großstadtdschungel, wie in der deutschen Hauptstadt, sondern tatsächlicher Dschungel. Inmitten dieses Dschungels finden sich verschiedene Einrichtungen wie die Startrampen, Kontrollzentren, Wetterstationen und der Souvenir-Shop.
Darüber hinaus besteht das Gelände hauptsächlich aus Feutchtsavanne und tropischem Regenwald. Insgesamt bedeckt der französisch-guyanische Regenwald etwa 90 Prozent des Départements und ist damit größer als Bayern und das größte zusammenhängende Waldgebiet der Europäischen Union.
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Die Pariser Feuerwehr ist zuständig für den Weltraumbahnhof – aber 7.000 Kilometer entfernt?
Tatsächlich ist die Pariser Feuerwehr für den Weltraumbahnhof in Kourou zuständig. Der Grund dafür ist, dass die Feuerwehr in Frankreich fast komplett auf freiwilliger Basis basiert – so auch in Kourou. Lediglich die Feuerwehr in Paris und Marseille ist als Teil der Streitkräfte professionell organisiert. Wird also in anderen Teilen Frankreichs eine professionelle Feuerwehr benötigt, dann ist es in der Regel die aus Paris.
Auch für die Sicherheit am Centre Spatial Guyanais sind die Gendarmerie Nationale und die Fremdenlegion zuständig.
Eine Gruppe Italiener zündet vor jedem Start Kerzen an
Der Weltraumbahnhof wird zwar von der französischen Raumfahrtagentur CNES betrieben, aber es sind immer auch Vertretungen der anderen ESA-Mitgliedsstaaten vor Ort. So kommen auch unterschiedliche Kulturen nach Kourou. Eine Besonderheit der italienischen Einheit sei angeblich ein gewisser Aberglaube: Sie zünden vor jedem Start Kerzen in einer Kirche in der Nähe an.
Ob auch vor dem Jungfernflug der Ariane 6 Kerzen angezündet wurden ist nicht bekannt. Wie sich gezeigt hat, war der Flug zwar ein großer, aber kein vollkommener Erfolg. Ein Hilfstriebwerk versagte nach gut einer Stunde, woraufhin das Haupttriebwerk der Oberstufe nicht wie geplant ein drittes Mal zünden konnte.
Das Lieblingsgetränk in Kourou: Kaffee
In den letzten drei Jahren wurden am Weltraumbahnhof im Kontrollzentrum etwa 600 Kilogramm Kaffee getrunken. Die Vorbereitung für den Jungfernflug der Ariane 6 waren dabei nur eine der kräfteraubenden Aufgaben. In der Zeit davor sind in Kourou erfolgreich das James-Webb-Weltraumteleskop gestartet und die JUICE-Sonde, mit der die Eismonde des Jupiters, Ganymed, Kallisto und – passend zur europaweiten Zusammenarbeit am CSG – Europa, erforscht werden.
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Die Ariane 6 ist eine teure Rakete
Ein häufiger Kritikpunkt: die Ariane 6 ist, zum Beispiel verglichen mit der Falcon 9, eine kostspielige Rakete. Dieser Preisunterschied macht jedoch auch nicht vor den kleinen Modellen der Raketen halt. Während eine Falcon 9 im Maßstab 1:100 im Internet für knapp 300 Dollar erhältlich ist, kostet eine viermal kleinere Ariane 6 im Souvenir-Shop des Weltraumbahnhofs satte 430 Euro.
Warum ist denn nun Europas Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana?
Das liegt an der Nähe zum Äquator. Je weiter man von den Polen entfernt ist, desto schneller bewegt sich die Erdoberfläche relativ zur Erdachse. Diese Geschwindigkeit kann bei einem Raketenstart günstig ausgenutzt werden, wodurch Treibstoff gespart werden kann.
Außerdem ist der Standort auch für Starts in die geostationäre Umlaufbahn von Vorteil. Dort werden vor allem Kommunikationssatelliten installiert, die dann von der Erde aus gesehen, immer am gleichen Punkt im Himmel stehen. Die geostationäre Umlaufbahn liegt direkt über dem Äquator und je weiter nördlich oder südlich eine Rakete startet, desto größere Treibstoffmengen braucht sie, um diese Bahn zu erreichen.
Mit etwa 570 Kilometern Entfernung zum Äquator ist der Weltraumbahnhof in Kourou in dieser Hinsicht der beste Startplatz für Schwerlastraketen wie die Ariane 6.