Der britische Unternehmer Richard Branson ist am 11. Juli 2021 an Bord seines Raumflugzeugs „VSS Unity“ als erster aus dem Kreis der sogenannten Raumfahrtmilliardäre – neben ihm selbst sind damit Jeff Bezos und Elon Musk gemeint – ins All geflogen. Der Flug dauerte ca. 15 Minuten, die Schwerelosigkeit ca. 3 Minuten. Das Raumflugzeug seines Unternehmens Virgin Galactic wurde im Juni 2021 für den Passagierflug lizenziert.
Richard Branson ist Pionier des Weltraumtourismus
Richard Branson, 70 Jahre alt, ist britischer Unternehmer, hat mit seinem Konzern Virgin Group im Musikgeschäft, der Luftfahrt und als Eisenbahnunternehmer ein Vermögen gemacht, und er war der erste Milliardär, der sich in die Idee verliebte, den Weltraumtourismus zu einem neuen Geschäftszweig zu entwickeln. Das war Anfang dieses Jahrtausends.
Bereits 2004 gelang es ihm in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Luft- und Raumfahrtingenieur Burt Rutan ein Raumflugzeug zu entwickeln, das Menschen bis über 100 Kilometer Höhe und damit gerade so an den Rand des Weltalls befördern konnte. Seine heutigen Konkurrenten, Jeff Bezos und Elon Musk, hatte zu diesem Zeitpunkt noch kein flugfähiges Raumfahrtgerät zur Verfügung.
Stockende Entwicklung nach Premierenflug 2004
Doch nach dem Premierenflug 2004, dem ersten privat organisierten, bemannten Raumflug der Geschichte mit lediglich einem Testpiloten an Bord, kam die Sache nicht so richtig ins Rollen. Den komplexen Ablauf des Flugs ins All so sicher zu gestalten, dass auch zahlende Passagiere hätten mitfliegen können, erwies sich als schwieriger als gedacht.
Fünf Minuten Schwerelosigkeit: Space Ship Two soll an den Rand zum Weltall fliegen
Die Modellbezeichnung des Premierenfliegers von Virgin Galactic aus dem Jahr 2004 lautete Space Ship One. Seine Weiterentwicklung trägt die Typbezeichnung Space Ship Two und absolviert seine Flüge immer noch nach demselben Prinzip. Das Space Ship ist kein Raumschiff, sondern ein Raumflugzeug. Um starten zu können, wird es unter einem Trägerflugzeug hängend auf 15 Kilometer Höhe geschleppt. In dieser Höhe wird das Space Ship Two ausgeklinkt und gleitet für einige Sekunden antriebslos durch die Atmosphäre – bis sein Raketentriebwerk zündet. Von da an geht es mit 3g Beschleunigung steil nach oben in Richtung Grenze zum Weltall.
Nach etwas mehr als einer Minute Raketenflug ist das Triebwerk ausgebrannt, doch das nun auf ca. 4200 Kilometer pro Stunde beschleunigte Flugzeug steigt weiter. Der Flug verläuft nun steuerungslos entlang einer ballistischen Flugbahn – wie die eines in die Höhe geworfenen Steins. Entlang dieses Abschnitts der Flugbahn, wenige Minuten vor und nach Erreichen des Scheitelpunkts der Flugkurve, fühlen die zwei Piloten und maximal sechs Passagiere für etwa drei bis vier Minuten Schwerelosigkeit. Dann beginnt der Rücksturz zur Erde.
In kontrolliertem Trudeln zurück auf die Erdoberfläche
Je tiefer das Raumflugzeug fällt, umso stärker spürt es wieder den Einfluss der Erdatmosphäre. Für einen Segelgleitflug ist die Atmosphäre in großer Höhe aber noch zu dünn, deshalb verläuft die erste Phase des Abstiegs mit steil aufgestellten Flügeln als kontrolliertes Trudeln. In 16.7 Kilometer Höhe werden die Flügel in die waagerechte Position geklappt und das Space Ship kann nun, wie ein Segelflieger, zu seinem Landeplatz gleiten, der, je nach Lage, nach weiteren 25 bis 50 Minuten Flug erreicht wird.
17 Jahre Entwicklung forderte auch Todesopfer
17 lange Jahre hat es gedauert, diesen Flugablauf zur Marktreife zu entwickeln. Im Jahr 2007 explodierte ein Raketentriebwerk während eines Tests am Boden, drei Mitarbeiter wurden getötet. 2014 stürzte das erste gebaute Space Ship Two, die VSS Enterprise, ab. Der Kopilot kam ums Leben, der Pilot wurde schwer verletzt. Trotz dieser Rückschläge erneuerte Branson immer wieder seine Ankündigung, dass es „schon bald“ oder auch „im nächsten Jahr“ losgehen werde mit den Passagierflügen. Doch genauso regelmäßig mussten die Kunden, die bereits für ca. 200.000 Dollar ein Ticket reserviert hatten, feststellen, dass wieder mal ein in Aussicht gestellter Starttermin verstrichen war, ohne dass Virgin Galactic den kommerziellen Flugbetrieb aufgenommen hatte.
Wettrennen der Milliardäre: Richard Branson hat vor Jeff Bezos eine der definierten Grenzen zum Weltall überschritten
Nach dem Erstflug des Unternehmensgründers wird Virgin Galactic nun den kommerziellen Flugbetrieb aufnehmen. Auch wenn Richard Bransons Raumflugzeug, was das Technische betrifft, von SpaceX und Blue Origin mittlerweile eher belächelt wird, ist es ihm gelungen zumindest einen PR-Coup zu landen. Denn er kam dem schon länger für den 20. Juli 2021 angekündigten Erstflug von Jeff Bezos über die Grenze zum Weltall um neun Tage zuvor. Wobei Bezos und Branson von unterschiedlichen Höhen ausgehen, die es zu erreichen gilt: Branson richtet sich nach der Definition des US-Militärs, wonach bei Überschreiten von 80 Kilometern Höhe von Raumflug gesprochen werden kann. Bezos hält sich an die international übliche Marke von 100 Kilometer als Grenzlinie zum All.