Politik versagt bei der Bildungskrise
Die Schulen und damit vor allem die Schülerinnen und Schüler fallen mal wieder hinten runter. Erst wurde gebetsmühlenartig verkündet, es tue der Politik ja leid, dass sie in der Corona-Pandemie so krass unter dem Lockdown gelitten haben. Dann gab es einen Flickenteppich an Aufholprogrammen – die häufig allerdings von Fachfremden oder Studierenden geleitet wurden. Zudem wurde versichert, dass die Digitalisierung der Schulen nun wirklich Topthema der Bildungspolitik werden sollte.
Doch wer wie ich gehofft hat, dass die so dringend für den Nachwuchs benötigte Bildung endlich Vorrang bekommen sollte, ist sehr enttäuscht. Denn es gelingt der Politik leider nicht, die Bildungskrise parallel zu den durchaus auch drängenden anderen Krisen anzugehen.
Lernlücken werden größer - Digitalisierung stockt
Ich frage mich, wie lange können wir uns das noch leisten? Es wird uns auf die Füße fallen, dass unsere Grundschüler nur noch schlecht Deutsch und Mathe beherrschen, dass die Lernlücken in den weiterführenden Schulen immer größer werden. Und dass wir es kaum schaffen, zugewanderte Kinder und Jugendliche ordentlich auszubilden. Es ist bekannt, dass in unserem Schulsystem nur reüssiert, wer aus gebildetem Elternhaus kommt – das bedeutet die Unterstützung außerhalb der Schule bekommt – wenn nicht von den Eltern, so doch durch bezahlten Nachhilfeunterricht. Doch statt die Misere endlich anzugehen, wird wieder mal gespart.
Paradebeispiel ist leider Baden-Württemberg. Gerade wird hier um die bessere Versorgung der Grundschulen regelrecht gekungelt. Hintergrund die dramatisch gesunkenen Leistungen vieler Grundschüler. Nach der jüngsten IQB-Studie kann jeder fünfte Viertklässler in Baden-Württemberg nicht richtig lesen und rechnen. Und eben erst ist die versprochene Digitalisierung wieder verschoben worden. Die Finanzmittel werden an anderer Stelle gebraucht – heißt es. Der Gemeindetag schreibt bedauernd: Es gibt keine finanziellen Handlungsspielräume, um die Zukunftsthemen anzugehen.
Sorgenkind ist weiterhin der Lehrkräftemangel
Aber mal ganz ehrlich, das können wir uns doch nicht auf Dauer leisten. Dass immer nur die dringendsten Löcher gestopft werden – ohne den Blick aufs Ganze zu richten. Darunter fasse ich auch die famose Idee der badenwürttembergischen Kultusministerin Theresa Schopper, ein freiwilliges pädagogisches Jahr einzuführen. Das ist ein gutgemeinter, aber nicht zielführender Versuch, das drängendste Loch im Bildungswesen zu stopfen: den Lehrermangel.
Schon ohne den erhöhten Unterstützungsbedarf für die bundesweit rund 200.000 ukrainischen Kinder und Jugendlichen, fehlen zwar nach einer neuen Studie im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) allein in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2035 fast 17.000 Lehrerinnen und Lehrer. Hier sollen also in Zukunft Schulabgänger in einem freiwilligen Jahr einspringen. Das kann doch höchstens ein Tropfen auf den heißen Stein sein, schließlich sind die Kids ja ohne pädagogische Vorbildung selbst gerade erst aus der Schule gekommen.
Deshalb braucht es jetzt endlich mal einen größeren Wurf. Ein Sondervermögen Bildung – wie vom Präsident des deutschen Lehrerverbandes gefordert, könnte helfen, die Schulen zukunftsfähig zu machen und wäre auch eine wichtige Investition in die Zukunft unseres Landes.