66 Jahre ist es her, dass der erste Deutsche ins All geflogen ist, Sigmund Jähn war das, als Bürger der DDR. Der erste Westdeutsche war fünf Jahre später Ulf Merbold. Frühestens Ende des Jahres soll Rabea Rogge die erste Deutsche Frau werden, die ins All fliegt.
Was sie von ihren männlichen Kollegen unterscheidet: Es wird eine private Mission sein, mit der sie fliegt. Finanziert wird die private Mission Fram-2 vom chinesischstämmigen Malteser Chun Wang, der mit Kryptowährungen Milliarden verdient hat.
Sexismus im All nicht nur in Deutschland
Zwölf deutsche Männer sind bisher ins All geflogen, 13 wenn man großzügig zählt – einer war zum Zeitpunkt seines Flugs kein Deutscher, bekam die Staatsbürgerschaft erst später. Aber egal wie großzügig man ist, eine Frau war bisher noch nicht dabei.
Klar, Sexismus im All ist nichts, was auf Deutschland beschränkt ist. Die erste Raumfahrerin jemals war die sowjetische Kosmonautin Walentina Tereshkova im Juni 1963. Nach ihrem Flug wurde sie zwar von der Sowjetunion als große Heldin für Gleichberechtigung präsentiert – hinter den Kulissen entschied man aber, dass Frauen für die Raumfahrt nicht geeignet seien.
Während ihres Fluges kam es zu Problemen, die allerdings eher mit der sowjetischen Raumfahrt zu tun hatten als mit der Tatsache, dass eine Frau an Bord war. Erst 19 Jahre später flog die nächste Kosmonautin ins All.
Deutschland das Land, das am meisten Menschen ins All geschickt hat
Das war aber auch – wie man so schön sagt, um Sexismus der Vergangenheit zu legitimieren – eine andere Zeit. Heute sollten Frauen im All keine Ausnahme mehr sein – peinlich für Deutschland, dass es hierzulande bisher nur Astronauten gab.
In Frankreich und Italien, den anderen beiden großen Beitragszahlern der ESA, gibt oder gab oder wird es auf absehbare Zeit wieder Astronautinnen geben. Deutschland ist weltweit das Land, das bisher am meisten Menschen ins All geschickt hat, ohne dass eine Frau dabei war. Peinlich.
Und es ist auch nicht so, als hätte sich für Deutschland nie eine Möglichkeit für eine AstronautIN ergeben. Bevor zugunsten eines gemeinsamen Astronautenkorps der Europäischen Weltraumagentur ESA, die jeweils nationalen Korps aufgegeben wurden, hätte natürlich schon eine Frau fliegen können – warum nicht? Gut, die andere Zeit wieder, trotzdem peinlich.
ESA hat zwei Reserveastronautinnen
Unter den aktiven ESA-Astronaut:innen sind zwei deutsche Männer, Alexander Gerst und Matthias Maurer – könnten ja auch Frauen sein. Da können wir uns herausreden, dass das keine deutsche Entscheidung war, sondern die beiden von der ESA ausgewählt wurden.
Immerhin in der Reserve der ESA sind zwei deutsche Frauen, Amelie Schoenenwald und Nicola Winter. Wobei Reserveastronaut:in bei der ESA eigentlich heißt: Du fliegst nicht. Zumindest nicht für die ESA.
Der Schwede Marcus Wandt war Anfang des Jahres mit der privaten Axiom-3-Mission auf der Internationalen Raumstation und mit dem polnischen ESA-Reservisten Sławosz Uznański ist ein weiterer solcher Flug geplant.
Finanziert wurden und werden diese Flüge unter anderem von den jeweiligen Regierungen. Was genau unsere daran hindert, einen solchen Flug für eine deutsche Frau möglich zu machen, ist unklar.
Finanzierung für den Flug einer Frau durch Spenden bisher erfolglos
Das Geld könnte aber auch von woanders kommen. Die von der Unternehmerin Claudia Kessler ins Leben gerufene Initiative "Die Astronautin" versucht seit 2016 durch Spenden, Crowdfunding und Unterstützung aus der Industrie genug Geld zusammenzubringen, um einer deutschen Frau einen kurzen Aufenthalt auf der ISS zu finanzieren – bisher aber auch erfolglos.
Mit einem geschätzten Preis von etwa 50 Millionen Euro, ist es uns nicht mal weniger als einen Euro pro Bürgerin und Bürger über acht Jahre wert, eine Frau ins All zu schicken.
Jetzt muss es also ein chinesisch-maltesischer Kryptomillionär sein, der dafür sorgt, dass es eine deutsche Astronautin gibt –auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: peinlich. Aber immerhin werden dann aus den 12 bis 13 deutschen Astronauten, 13 bis 14 deutsche Astronaut:innen.